10 Jahre Hartz IV

Zehn Jahre Hartz IV und wir sagen DANKE.
Auch im Namen von RTL, RTL2, Vox… ach was solls; Danke im Namen der gesamten RTL-Gruppe. Und ProSiebenSat. 1 Media AG.

Gleichheit steht an erster Stelle. Schüler werden nicht mehr leistungsabhängig in eine Stufe gesetzt sondern drücken alle dieselbe Bank. Der Damenbart ist nicht mehr der Ur-Nonna in Neapel vorbehalten, heute erobert er die Bretter die die Welt bedeuten und jeder, der dies nicht völlig normal findet ist abnormal. Homosexuelle Paare adoptieren Kinder und jeder, der das wider dem Kindeswohl einstuft ist ein homophober, widerwärtiger, urkonservativer Neandertaler der in seine Höhle zurück kriechen soll. Die Frau ist der bessere Mann und Stellen, welche nicht mit einer Frau besetzt werden können gehören trotz Arbeitslosigkeit gestrichen, zudem; Über kurz oder lang wird man sich sowieso auf ein universelles Geschlecht einigen müssen.
Wir sind bereits auf bestem Wege, dass es unerheblich ist, ob ein Kind ein Zipfelchen hat oder nicht. Hauptsache es hat alles was es braucht, und wenn es sich noch nicht entschieden hat was es einmal werden will, benutzt es währendessen die Transgender-Toilette.

In diesem Zuge der wir das sind wir und das wir gewinnt wirkt es wie eine logische Konsequenz, dass man Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose nicht mehr getrennt sieht, sondern eine Einheit erwerbsfähiger Leistungsberechtigter gründet.

Und einen unermesslichen Pool an Darstellern für RTL. Und Sat1. Und Rtl 2.

asi-tvDer Asoziale muss nun nicht mehr für ein Appel und ein Ei auf dem Trittbrett der Bahn nach Kölle fahren um bei Britt „Ey guck dich mal an eh?!“ zu schreien, RTL besucht ihn zuhause. Denn dank Hartz IV hat er jetzt auch eines. Es dauerte einen Moment, bis die ersten Pseudo-Doku-Soaps aus dem Boden gestampft wurden. Solange diskutierte Oli Geissen noch mit Inge (45) und ihrer Tochter Cindy (19) über das Teilen von Sexpartnern und warum der Tochter das Outfit der Mutter peinlich ist. Britt testete täglich vier potentielle Väter der kleinen Kristen um selbige zu theoretischem Unterhalt zu verdonnern und bei Kallwass outeten sich homosexuelle Familienväter im intimen
unter-vier-Augen-Gespräch mit der Diplom-Psychologin. Vor einem Kameramann, einem Tontechniker, Regisseur und hundertausend Zuschauern.

Diese Zeit benutzten die Protagonisten der neuen Nachmittagsunterhaltung um ihr Sofa vom Amt richtig durchzuwetzen, sich einen Fliesentisch anzuschaffen und zu pimpern wie die Karnikel.
In Hartz IV rutscht man nicht einfach rein, da wird man hineingeboren und schlägt mit Selbstbewusstsein diesen Bildungsweg ein.

Sehen sie gleich…

Mutter Nancy ist 47, blond, trägt gerne eine pinke Leggings und ein schwarzes Shirt mit ausgeleiertem Dekolleté und indianisch geprägtem Motiv. Ein ausgebleichter Wolf heult einen elliptischen Mond an. Inmitten von Paillettensternchen.
Sie hat die Ausbildung zur Messehallenkehrerin abgebrochen und kümmert sich nun um ihre vier Kinder. Von den fünf potentiellen Vätern sind zwei abgetaucht, einer zahlt unregelmässig Unterhalt und zwei verweigern den Vaterschaftstest. Britt wurde eben abgesetzt.
Sie lebt mit Uwe zusammen. Dem arbeitssuchenden Staplerfahrer. Uwe ist kein Alkoholiker, schlägt seine Familie aber trotzdem. Sie schlafen in getrennten Zimmern. Also Uwe in der Küche und Nancy im Wohnzimmer, weil Uwe kein Kind mehr will und sich vor einem Übergriff fürchtet.
Sein Freizeit verbringt Uwe bei Kalle, dem Kioskbetreiber neben Penny, wo er geschnorrte Zigaretten dreht. Uwe würde arbeiten, aber geht im Prinzip nur in seiner alten Jogginghose zum Jobinterview, welche er als Ausdruck seiner unabhängigen, rebellischen Ader trägt. Tag und Nacht. So erklärt er dem Zuschauer auch die Welt, in der er lebt. Auf dem bunten Sofa sitzend, hinter dem Fliesentisch, auf welchem Nancys Zigarettenstopfmaschine steht. Uwe sieht sich sich nicht als schwer vermittelbar. Er sucht eine fünfzig-Prozent-Stelle im Büro. Wegen des Computers. Den PC zuhause nutzt Nancy, vor dessen Webcam sie täglich für einen nigerianischen Prinzen blankzieht. Ein Prinz, welcher sie aus dem Schlamassel hier retten soll. Welchem sie jedoch erst 500 Euro schicken soll.

Die Kinder, Mandy, Andy, Sandy und Kurt besuchen alle paar Tage mal wieder die Schule. Ansonsten werden sie von der Mutter als faule Bande bezeichnet, welche sich mehr im Haushalt einbringen sollte. Nancy packt den ganzen Stress nicht mehr.
Deswegen schaute auch schon die Supernanny vorbei. Auch um Mutter Nancy beizubringen, dass die Tochter Mandy (16) im zweiten Monat schwanger ist, keinen Plan hat von wem, aber Stiefvater Uwe nicht ganz ausser Verdacht steht.
Währen die Supernanny für Andy Superheldengemüse kocht, ihm und Nancy erklärt wo die Milch herkommt, verfolgen die Trovatos einen weiteren potentiellen Vater, den reichen Immobilienkaufmann Holger.
Nebst den YPS-Detektivausweisen haben sie einen Kofferraum voller Elektronik. Das beste, was Crazy Achmed zu bieten hat, Equipment vom feinsten, Batman würde unter seiner Maske erbleichen. Richtmikrofone zielen durch Wände, Kameras röntgen Taschen in Blechkisten hinter Bleifarbe, gepaart mit ihrem Spürsinn und den abartig coolen Lederjacken darf sich kein Unterhaltspreller und Witwenräuber mehr sicher fühlen.

Faul sind aber weder Nancy noch Uwe.
Vor drei Jahren wanderten sie nach Teneriffa aus, nachdem Uwe bei Kalle einen Ferienkatalog gemopst hat. Nancy gedachte dort ein Nagelstudio zu eröffnen, Uwe schaut weiter nach einem Bürojob. Die Wohnung kündeten sie nicht, da der Vertrag sowieso übers Amt läuft, füllten den gesamten Hausrat jedoch in einen Kleinlaster, welchen sie mit geschnorrtem Geld von Javez Schrottplatz gekauft hatten.
Nancy, stolze Besitzerin von 1350 Euro Unterhaltsgeld für die Kinder, flog bereits vorgängig auf die Insel, als sie nach zwei Tagen der Anruf von Uwe erreicht. Der Schweizer Zoll akzeptiert seinen Staplerausweis nicht als Legitimation, einen Kleinlaster zu lenken, worauf er wieder umkehren musste.
Da Nancy mittlerweile erkannte, dass man auf Teneriffa nicht deutsch spricht und die Ablöse für das Tattoo-Studio von Phyllis und Recke 10’000 Euro beträgt, ist sie nicht unglücklich, wieder nach Hause zu dürfen.
Auf Hartz IV ist wenigstens Verlass.

Da das Experiment Goodbye Deutschland jedoch mehr Geld als veranschlagt verschlungen hat, VOX nicht in die Bresche springt und Achim unbarmherzig auf die nächsten 28 Monatsraten für den Kleinlaster besteht, schneit Peter Zwegat hinein. Auf einem Flipchart erklärt er Uwe und Nancy das kleine Einmaleins, worauf Uwe ihn als Arschloch betitelt, ihm die Welt erklärt und aus der Wohnung wirft.
Dabei verhedert er sich im Perlenvorhang, stolpert über die Flip-Flops und wirft den Röhrenfernseher zu Boden.
Die Woche darauf sind die Versicherungsdetektive im Haus. Bei Kalle. Im Raum steht Uwe’s Fernseher und die Herren tragen eine dramatische Geschichte vor. Da jedoch Kalle vergessen hat, dass sein Fernseher vor einer Woche abgeholt wurde weil er die GEZ geprellt hat, fliegt der Schwindel auf und Uwe muss dem Detektiv die Welt erklären.

Dies ist nicht weiter tragisch. Die Patchworkfamilie hat ein neues Projekt. Nächste Woche machen sie bei Frauentausch mit, Nancy geht auf einen Bauernhof in Bayern und den Monat darauf gehen die Kinder in den Himalaya zu den strengsten Eltern der Welt.

Ob sich Deutschland mit Hartz IV einen Gefallen getan hat, man weiss es nicht. Dem Fernsehzuschauer unbedingt.
Vor übermässigem Konsum wird gewarnt. Einer Studie gemäss erkennen nur gerade 22% der Zuschauer, dass dies gestelltes Laientheater ist, die Hälfte glaubt sogar, dass beim aktuellen Ereignis wirklich stets ein Kamerateam zugegen ist.
Wir lassen offen, ob dies nun für die Schauspielfähigkeiten der Hartz IV-Empfänger spricht, oder Zeugnis vom Bildungsgrad des Unterschichtenfernsehkonsumenten ablegt.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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