4. Juli, bei Niklaas

Man kann die selben Shorts, ich spreche von der äussersten Schicht, durchaus über mehrere Tage tragen. Erstens riecht durch die Lagerung im Rucksack sowieso alles etwas, zum Anderen unterscheidet man nur noch zwischen nassen und trockenen Kleidungsstücken.
Wohlweislich hatte ich noch drei weitere Beinkleider im Gepäck, aber wie mit den T-Shirts, Socken und weiteren Kleidungsstücken verhielt es sich wie jedes Jahr; Ein Drittel hätte auch genügt. Man unterschätzt die Zeit, welche man barfuss in Badelatschen verbringt und überschätzt den reinigenden Effekt von sanft, kühl träufelnden sanitären Anlagen. Wobei, dem Camping Omaha Beach tue ich hier unrecht. Was ich an überrissenen Preisen für ein Glas Instant-Nescafe im Shop löhnte – ich hatte wohl ein Glas dabei, schaffte jedoch das Ding der Unmöglichkeit selbiges in meinem Mikra-Zelt zu verlegen – kompensierte ich wieder mit verschwenderischem Warmwasser-Verbrauch in der Nasszelle.
Touristenabzocke lohnt sich nie, was an Parkplatzgebühren entrichtet wird fehlt dem Souvenirshop und wenn man sich das Klopapier seperat bezahlen lässt, schiebt man den Überschuss dem Propan-Lieferanten zu.
So zerbröselt der Keks. A propos: Ein Mikra-Zelt hat den Vorteil, dass man es wie eine Socke umdrehen und schütteln kann. Die Ziegen werden sich über die Krümel freuen.
Ja, das Zelt kann ich nicht genug loben. Gut, bei längerem Aufenthalt geht man irgendwann wie Quasimodo und bei Regen hat man die ganze Pracht beim Betreten sofort im Schlafzimmer, aber es erfüllt seinen Zweck voll und Ganz.

Genau, SIGG-Flaschen.
Ich muss gestehen, mich im Ausland gerne als Schweizer zu outen. Man fühlt sich immernoch etwas mehrbesser und ob in Holland, Belgien oder Frankreich; Die Eingeborenen reagieren jedesmal positiv überrascht wenn ein Schweizerkreuz auf den Papieren sie in ihrer Annahme korrigiert, das bemüht in Fremdsprache stotternde Gegenüber sei Deutscher. Tut mir leid, liebe deutsche Leser, aber das ist nunmal so.

Ich brach auf gen Belgien und besuchte im Vorbeifahren noch kurz den Soldatenfriedhof in Colleville. So kurz war ich eigentlich gar nicht dort und ich muss gestehen, neuntausenddreihundertsiebenundachtzig Tote…
Man muss schon härter als die makellosen weissen Kreuze sein, wenn einem dies nicht irgendwo tief innen berührt.
Nun, der Touristenstrom verhindert, dass man sich zu sehr hinreissen lässt und als ich erkannte, dass vor dem Eingang Rosen zur Niederlegung kostenlos abgegeben werden, gab ich mich auch nicht länger der Illusion hin, dass jeder Blumenträger seinen verblichenen verwandten Kriegshelden besucht.
Neben dem Eingang befand sich auch eine Art Gedenkhalle, ein grosses Gebäude mit Zutrittskontrolle. Mit Metalldetektor, Röntgengerät und einem Bild von einem Soldaten in zweifacher Ausführung – gross, breit und einem Haarschnitt nach dem man die Uhr stellen kann – welcher wohl jede Dame verzückt hätte, jeden Terroristen in die Flucht schlagen würde und einen kleinen Schweizer mit zwei Victorinox-Messern, verteilt über Salewa-Tasche und Beinkleider, daran hinderte die Gedenkstätte zu betreten.
Obwohl ich der abendlichen Zeremonie, Fahneneinzug und Falten unter den Klängen der amerikanischen Hymne, noch gerne beigwohnt hätte, machte ich mich auf den Weg nach Belgien.

Meine Laune hatte mit den Autobahnen gemein, dass sie mit der Annäherung an das Flandern-Land zunehmend schlechter wurde.

Vom Fernsehen beeinflusst erwartete ich etwas in dieser Richtung:

Angetroffen habe ich dies.

Und wieder bewährte sich das kleine Salewa. Eben noch an der Packung, innert sechs Minuten sass ich mit Rucksack im Inneren. Der Hersteller gibt wohl vier Minuten an, aber da das Aufbauen mittels Farbcode koordiniert wird, habe ich da wohl einen gewissen Bonus.
Zudem unterlegte ich das Zelt mit einer zusätzlichen Plane, da der Boden zugunsten der Gewichtsreduktion – das ganze Teil hat 2,5 Kilogramm – eher einer dünnen Membrane, denn einem bodenständigem, ähm… Zeltboden gleicht. Die sintflutartigen Regenfälle sammelten sich innert kürzester Zeit zwischen Plane und Zeltboden – da nützte es auch nichts, dass ich das Zelt mit dem Kompass korrekt nach Wind- und Wetterseite ausrichtete – was der ganzen Sache ein Wasserbettfeeling verlieh und ich stets mit einer Fontäne rechnete. Wirkt wie ein Elefant, bewegt sich wie eine Katze, sprich; Der Boden blieb heil und ich trocken.

Zeltcamper – also die richtigen Camper – waren auf diesem Platz der Mehrbesseren eher ungern gesehen. Zwischen Mercedes, grossen Audis und Wohnwagen mit dem Flächenmass eines Lofts bewegte ich mich per pedes mit der Vollpackung auf eine Wiese im hintersten Teil. Stolperte über Bierdosen, leere Kartons und stellte neben irgendwelchem osteuropäischen Abschaums mein Zelt auf.
Somit hatte Belgien auch schon verka…, seine Chance vertan und schon bei der Reception plangte ich auf die Weiterfahrt nach Holland.
Um zwölf Uhr – auf englisch – erklärte die filigrane, blonde Belgierin mit einem Gesicht wie Obelix, müsste ich den Platz verlassen haben.
Ich würde mit dem ersten Sonnenstrahl, ihren Platz verlassen, ganz gewiss. Angesichts der Wetterlage, welche ich mit mir zog, war dies eine etwas gewagte Äusserung.

Nahm es dann auch nicht so wörtlich und verliess unter peitschendem Regen tags darauf den Platz und fluchtartig Belgien.

Machts gut ihr Idioten.
Fairerweise muss ich sagen, Wetter- und Platzbedingt gab ich Belgien keine würkliche Chance. Es ist eine Zwitterregion. Nicht Frankreich, nicht Holland aber von beidem das Schlechte.

 

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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