Alles muss seine Ordnung haben

Natürlich bin ich ein Morgenmuffel; Ist dies nicht völlig normal, wenn man von einem Wecker aus dem Schlaf gerissen wird?
Mein Wake-Up-Light aus dem Hause Philips zieht angesichts meiner schottischen Einschlafhilfe – nein, kein Mädel im Kilt – beschämt den Stecker unter das Gehäuse und überlässt die Vollendung der unangenehmen Aufgabe meinem koreanischen Telefon, welches nach wie vor Gefahr läuft, in Kürze von einer Kiste Obst ersetzt zu werden. Mit hässlichem Gekratze, der Sounddesigner beschenkte diese Folter meiner Gehörmuschel mit dem wunderbaren Namen ’sunshine‘, welche genau 90 Sekunden lang auf meinem Nachttisch vibrierend um das Wake-Up-Light rast und mich mit dem Ladekabel zu strangulieren sucht.

Ja ich bin ein Morgenmuffel und den Ausschlag für mein Zeitungsabonnement gab nicht etwa der tägliche Wissensdurst, sondern die diplomatische Lösung, sich morgens vor der Partnerin zu verstecken. Es war nicht so, dass ich sie nicht sehen wollte; Frauen tun sich einfach schwer damit, wenn sie frühmorgens jede Menge zu erzählen haben und man so gar nicht gewillt ist, ihren Worten zu lauschen und den Mundgeruch zu riechen. Wenn man es von der richtigen Seite betrachtet, habe ich mit dem Bestellen der Schaffhauser Nachrichten aktiv an meiner Beziehung gearbeitet. Sie hat es wohl von der anderen Seite gesehen; Die Partnerin ist weg, die Zeitung ist geblieben.
Doch das ist lange her und soll nicht das Thema sein.Für gewöhnlich bemühe ich mich, den Muffel zuhause zu lassen, was natürlich auch nicht immer geht und durchaus ausbaubar ist.
Gerade Montags, da pflegt mich regelmässig – ausgenommen in den Ferien – ein hässliches Sodbrennen und ich bin der festen Überzeugung, ich werde demnächst in meinen Terminplan „Arzt – Magengeschwür“ eintragen müssen. Betriebsbedingt ist der Terminplan für alle einsehbar und es hat sich stillschweigend eingebürgert, dass ein jeder nicht nur den Arzttermin einträgt, sondern gleich eine kleine Zusammenfassung seiner Krankengeschichte hinzufügt. Es wird gemunkelt, dass dies eine Order der Teppichetage sei, um abzuschätzen, ob der Geselle während des Arzttermins nicht etwas Arbeit mitnehmen und selbige während der Behandlung erledigen könne.
Grundsätzlich ist es lustig, wenn der eine wegen „Juckreiz im Intimbereich“ etwas früher geht, angesichts der steigenden Frauenquote im Betrieb befürchte ich jedoch, bald Dinge zu lesen, welche ich so nie erfahren wollte und auf den Eintrag MRT fallen mir spontan wohl dreizehn Witze ein, aber dies scheint mir doch unangebracht.

Wir waren beim Montag Morgen und angesichts meiner privaten, sozialen Lage bin ich, ganz offen gesagt, unschlüssig, ob mir der Montag Morgen oder Freitag Abend mehr Bauchschmerzen bereitet. Arbeiten ist nichts sonderlich erbauendes, aber ich habe es – nicht nur, aber der Rest geht Euch einen Scheiss an – durch mein leicht erhöhtes Arbeitspensum ganz ungewollt soweit kommen lassen, dass meine Arbeitskollegen gleichzeitig mein gesamtes soziales Netzwerk darstellen und diese zwei Wochenende im Monat, in welchen ich kein Pikettdienst leiste, stehe ich irgendwie verloren in einer Ecke. Dies ist nicht sonderlich bequem, daher sträube ich mich wie eine Katze vor der Transportbox, meine Ferien zu beziehen.

Ich hoffe zumindest, dadurch nicht ein Wehklagen auszulösen.
Denn im Grundsatz arbeite ich mit ganz feinen Leuten zusammen, oder sagen wir es so; Ein Arschloch und ein Supertyp ergeben im statistischen Schnitt zwei feine Arbeitskollegen. Im Schnitt habe ich als Schweizer ja auch ein Vermögen von 540 Tausend Dollar.
Wie gesagt, es gibt die Leute welche man morgens gerne begrüsst und solche, welchen man die Ferien von Herzen gönnt. Was haben wir ihn bekniet, als Dienstaltersgeschenk die Ferien und nicht das Geld zu nehmen; Nur zu seinem Wohle, sei angemerkt. Aber heute gestand er, er würde ja öfters frei machen, wenn wir Arschlöcher nicht jedesmal ein solches Puff – umgangssprachlich für Bordell oder eine Unordnung, in diesem Falle zweiteres – hinterlassen würden. Das mit dem Arschloch darf man nicht allzu persönlich nehmen, denn im Grundsatz ist in seinen Augen jeder ein solches, welcher einen Stift im 39°-Winkel zur Schreibtischunterlage niederlegt, genau wissend, dass er gerne einen rechten Winkel sehen würde. Natürlich legt man den Stift nicht aus einer natürlichen Bewegung im neunundreissig-Grad-Winkel nieder, sondern nur aus Faulheit oder zumindest um ihn zu reizen. Nicht, dass der Stift oder besagte Unterlage ihn in irgend einer Weise tangieren würden, er hat einfach gewisse, nicht sehr flexible Vorstellungen, wie etwas erledigt sein sollte und da ist das Niederlegen eines Stiftes bestenfalls die erste Türangel zu Sodom und Gomorra.
Ebenso verhält es sich, wenn eine Schraube in der zweihunderter-Packung mit dem Gewinde kopfseitig zu liegen kommt; Da steht die Treue zu dem Arschloch-Lieferanten aber auf ganz wackeligen Füssen.

Er war nun zwei Tage, exklusiv Wochenende, weg und ich gestehe, wir haben wirklich einen Saustall hinterlassen. Wir sprechen von einem Netzwerkkabel, welches ausserhalb der eigens reservierten Aufbewahrungsbox auf dem Tresen lag und in einem Fahrzeug wurde – so ein verlässlicher Augenzeuge – ein leere Klarsichtmappe gefunden.
Er hat schon recht, wenn ihm Montags so um zwanzig nach acht in der Früh schon die ganze Arbeitswoche vergällt ist und er deswegen durch die Decke geht.
Lässt man so etwas durchgehen, liegt morgen noch ein Notizzettel im Fahrzeug, in einem Monat eine halb leere PET-Flasche und ehe man es sich versieht, setzen diese Arschlöcher in ihrer Faulheit die Werkstatt in Brand. Einfach so.
Um seinetwillen bin ich erleichtert, dass er in seinem Revier den Rumpelstilz macht, züchte ich doch neben meiner Kaffeemaschine schon seit geraumer Zeit in zwei Klarsichtbeuteln einen kleinen, süssen biologischen Mikrokosmos, nur weil ich Arschloch sie jeden Abend vergesse mitzunehmen.
Natürlich, meiner Natur gemäss könnte ich die Beutel einfach in den Abfall schmeissen. Aber so dieser brodelnde Vulkan noch eine Achillesferse hat, ist dies der geheiligte Mülleimer. Da kann Einstein mit seinen Atomspaltereien wieder zurück in das Patentamt an den Schreibtisch. In unserer Müllentsorgung wird Tinte vom Papier gekratzt und selbiges beinahe als flüssige Zellulose abegeliefert. Die chemischen Verbindungen von Kunststoff aufgebrochen und Legierungen in ihre Bestandteile aufgelöst.

Dies hört sich sehr böse an, ist aber nicht so gemeint. Er ist wirklich ein lieber Kerl, nur etwas sehr, sehr sehr sehr launisch und so er seinem Hang, sich in kleine Nebensächlichkeiten hinein zu steigern zu sehr freie Hand gibt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er einem Arschloch mit einer recyclierten, dem Müll entronnenen, alten, krummen TV-Wandhalterung den Schädel spaltet, weil dieser ein Papier nur einseitig bedruckte.
Und deswegen wird kaum ein Mitarbeiter herzlicher in die Ferien verabschiedet.

Ich darf so reden, nicht zuletzt habe ich aus meiner Geldbörse sein Dienstjubiläum ausgerichtet und ich habe es gerne gemacht. Es wird gemunkelt, mehr wegen des Coronas während der Arbeitszeit, als wegen der Feier an sich.
Des weiteren sagt man sich, ich weigere mich nur Quittungen einzureichen, damit ich zu jammern hätte und leiste unbezahlte Überstunden um meine innere Zicke zu nähren.
Ihr seht, auch ich bin nicht perfekt. Oder bin ich es gerade, weil ich solche liebenswerte Eigenheiten besitze?

Habe ich übrigens eine Wette gegen die schönste Kindergärtnerin der Welt verloren, als ich behauptete, Zottel, Zick und Zwerg seien die Ziegen vom Schellen-Ursli.
Habe ich gerne verloren und ihr hätted es auch.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
Dieser Beitrag wurde unter He works hard for the money, Hossa, Pub veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Kommentare zu Alles muss seine Ordnung haben

Kommentare sind geschlossen.