Besuch aus Eritrea

Es muss sich viel getan haben in der kleinen Schweiz.
Ich war ein wenig ausserhalb des Landes und fern der mobilen Datenabdeckung. Bericht folgt.
Das Leben kann so unsagbar entspannend sein ohne facebook, 20min und Blick-Online. Während der ersten Sitzung auf dem stillen Örtchen fühlt man sich ohne digitale Lektüre ein wenig verloren, aber dies gibt sich.

Die AHV ist für dreissig Generationen gesichert, Jugendarbeitslosigkeit tendiert gegen o,5 Promille und dank excellenter Lobby-Arbeit unseres Aussenministerium bauen Investoren und Käufer aus der ganzen weiten Welt auf Swissness, der starke Franken ist nur noch eine Fussnote in den Geschichtsbüchern. Wir erleben einen wirtschaftlichen Aufschwung, jeder Pendler hat einen Sitzplatz und wer immer arbeiten will, erhält einen Arbeitsplatz. Das Badewasser ist von excellenter Qualität und die jungen Schweizer vermehren sich wie die Karnickel.
Kurz gesagt, die Schweiz hat absolut keine nationalen Sorgen mehr.

Nur so kann ich es mir erklären, dass sich sämtliche politischen Volksvertreter nur noch um Eritrea kümmern. Vordergründig scheint das Bestreben zu sein, wie kriegen wir noch mehr in unser Land. Nicht nur jene welche sowieso rein spazieren. Wie können wir der Gastgeberrolle so gerecht werden, dass die Attraktivität des güldenen Schweizer Bodens weit über das Mittelmeer hinaus zum Inbegriff eines Schlaraffenlandes wird.

Mit Zeltstädten – an sich würden die Linken die Armee lieber gestern als morgen abschaffen, aber die Zelte sind dann doch ganz praktisch – versucht man ein kleines, lustiges Abenteuer-Camp zu errichten. Im Gegensatz zum Pfadfinder-Lager muss man seine tücherne Behausung jedoch nicht selbst errichten. Man ist Gast. So dürfen die Eritreer die Schweizer Armee im Einsatz bewundern.

Eritrea hat den Ruf der Berge vernommen. Mit allem was 20 Meter nach der Hafenmauer nicht abgesoffen ist, schaukelt man über das Mittelmeer. Den Magen mit den Pass-Dokumenten wohl gefüllt spaziert man den italienischen Stiefel bis hoch nach Mailand. Oder reist im Zug. Die Hände tief in den Taschen. Gemäss Schengenabkommen wäre ein Fingerabdruck wie eine Fussfessel. Jenes Land, welches ihn nimmt, hat künftig um das Wohlergehen seines natürlichen Besitzers besorgt zu sein. Obwohl direkt der Hölle auf Erden entflohen, suchen Eritreer keineswegs nur ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit. Daher kocht die Motivation in Bella Italia zu bleiben auf kleiner Flamme, was sich mit den Interessen der Italiener deckt. Das Stempelkissen bleibt hübsch in der Schublade, dafür wird an Bahnhöfen alles für eine gemütliche Weiterreise organisiert.

Schweden, die Niederlande und Deutschland gehören zu den begehrten Ziele der Wandergruppe. Doch das El Dorado findet sich quasi auf der Route. Die Heimat der genauen Uhren, Schokolade und des löchrigen Käses. Und der sicheren Banken, zumindest zur Zeit von Asterix und Obelix. Die letzten Generationen von Aussenpolitikern, gepeinigt von Minderwertigkeitskomplexen, sendet die Mitgift, bevor überhaupt von einer Hochzeit die Rede sein kann. Mit jeder Ablehnung des Volkes einer Ehe zwischen Confederation Helvetica und Europäischer Union steigern sich die Politiker mehr in das buhlen um Anerkennung auf dem Brüsseler Parkett. Das Bankgeheimnis und Kohäsionszahlungen in Milliardenhöhe sind kleine Geschenke um die EU für die störrische Haltung der Eidgenossen um Verzeihung zu bitten. Im Rahmen dieser Kniefälle bieten unsere Vertreter – ganz schön mühsam zu schreiben, wenn man für das Volk und die Politiker nicht einfach stellvertretend das Personalpronomen ‚WIR‘ verwenden kann – jeden freien oder frei zu machenden Platz unserer knapp 41’000 Quadratkilometer Fläche an. Man gewährt Asyl. Jedem. Ob jemand in seiner Heimat gepeinigt wurde, dem Hungertod zu erliegen droht oder für sein Auskommen einfach arbeiten müsste, die Schweiz bietet jedermann eine Lösung.

Nicht zuletzt, weil dies die einfachste Lösung ist.
Denn eigentlich bietet die Schweiz weder Wirtschafts-Flüchtlingen noch Dienstverweigerern Asyl, aber gerade bei Eritrea ist die Sachlage nicht so einfach. Dänemark, Norwegen und Grossbritannien schätzen die Lage in Eritrea bei weitem nicht so dramatisch ein wie in etwa des Staatssekretariat für Migration (SEM) der Schweiz. Da kann die eritreische Regierung lange von einer Entspannung der Situation sprechen, für das SEM sind dies nur leere Worte zur Aufpolierung des Images und macht sich daran den Grenzübergang bei Chiasso zu verbreitern.

Für einmal hört die Schweiz nicht auf Europa und weiss selbst, was am besten ist. Wenn, dann mache man sich selbst ein Bild, so der SEM-Vizedirektor Urs Von Arb. Dieser dinnierte kürzlich mit eritreischen Regierungsvertretern, aber dies nur zur Kontaktpflege. Dreissigtausend eritreische Anfragen um Asyl standen nicht im Fokus des Besuchs vom zweithöchsten schweizerischen Beamten für Asylfragen.
Man weiss ja wie das ist. Ich denke, eine Firma Bosch-Verpackungsmaschinen drückt auch beide Augen zu, wenn ihr Techniker in der Firma Mars-Riegel seine facebook-Kontakte pflegt, die Verpackungsmaschine mit keinem Auge streift und wieder nach Hause fliegt.

Allenfalls will Von Arb nochmals eine Reise unternehmen, will sich jedoch nicht festlegen. Nicht zuletzt müssen solche Dinge sehr vertraulich gehandhabt werden. Und nun muss man Von Arx entschuldigen, er hätte da noch ein paar Urlaubsgesuche zu stempeln.

In der Schweiz im Asylverfahren zu stecken wird kein Zuckerschlecken sein. Zumindest scheint man auch als Asylant dann und wann Urlaub zu brauchen. Zudem hat man seit dem Abschied im heimischen Hafen Freunde und Nachbarn nicht mehr besucht, warum nicht eine kleine Reise nach Eritrea?
Das Schweizer Gesetz untersagt dies wohl, aber wenn der Cousin des Onkels eines Nachbarn seinen eingewachsenen Zehennagel glaubhaft als schwere Krankheit deklariert, werden Ausnahmen bewilligt. Und falls man wider Erwarten erwischt wird, wäre ja möglich, dass man dem Vizedirektor des SEM beim Kontakte pflegen über die Füsse stolpert, bedeutet dies nicht, dass einem die Einreise in die Schweiz verweigert wird. Im Gegenteil, die Schweiz scheut keinen Aufwand um einem zurück zu holen, da ein Verfahren eröffnet werden muss. Ein Verfahren, bei welchem einem die Schweizer Regierung jeden erdenklichen Rechtsbeistand zur Seite stellt. Unentgeltlich, man hat ja nichts und soll nicht zum stibitzen ermuntert werden. Falls nun aber auch alles schief geht und man ausgewiesen wird, ist dies nicht das Ende der Welt. Denn die Schweiz schafft nicht aus, sie setzt einem nur in Kenntnis, dass man nun illegal hier wäre und hält die Tür des Gerichtsgebäudes auf. Nun kann man ja immer noch ein Spitzbube werden und klauen, was nicht niet- und nagelfest ist. Wird man nämlich beim Unfug treiben erwischt, muss man wiederum nicht heim, sondern hat seine Strafe im Schweizer Kuschelvollzug abzusitzen. Hernach beginnt das Spielchen aufs neue.

Unterm Strich kann man festhalten, in die Schweiz zu kommen ist einfach, um wieder auszureisen müsste man sich aufrichtig bemühen. Hat man nach der Seereis wieder festen Boden unter den Füssen, ist die ganze Sache ein Spaziergang. Die Italiener setzen alles daran, dass man zügig durchreist und die Franzosen haben die Grenzen abgeriegelt, damit man nicht Gefahr läuft in das falsche Land zu spazieren. Alles auf dem roten Teppich weitergehen, bis einem die Schweizer Grenzwache mit einem Fünfliber auf einer Lindtschokolade und einer warmen Decke in Chiasso in Empfang nimmt.
Herrn Von Arb möchte ich vorschlagen, dass er doch Ostschweizer Grenzbeamte in den Tessin sendet, da sich die Eritreer aufgrund der italienisch sprechenden Beamten oft noch in Italien wähnen, was sie sehr verunsichert und unnötig ängstigt.
Man stelle sich das Fiasko vor, einer würde auf dem Absatz wenden und wieder zurück laufen.

Nun kann man nur hoffen, dass das ungarische Beispiel Schule macht und Österreich wie auch Frankreich einen vier Meter hohen Zaun um das Land zieht. Wer weiss, wieviele Eritreer uns durch die Lappen gehen, weil sie auf falsches Hoheitsgebiet spazieren.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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