Bitte erschiesst mich

Das Bild erscheine auf dem Südwestprogramm so blass, ich solle doch die Satellitenschüssel etwas schärfer ausrichten.

Werde ich gerne machen, aber die Ausrichtung der Satellitenschüssel hat auf die Schärfe des Bildes denselben Einfluss, wie die Versandart auf die Grösse eines bestellten Pullovers.

Seicht dudelt Jeopardy-Musik durch den Raum und Fragezeichen steigen gen Himmel

Wenn ich dies erledigt hätte, wäre ihm daran gelegen, dass ich die Satellitenschüssel nochmals ausrichte, der Kontrast auf dem Ersten Programm sei zu grell, insbesondere bei gelben Wänden.

Es wäre eine ganz ähnliche Sachlage, das Motiv einer Postkarte, die Windmühle oder griechische Küste, hätte keinen Zusammenhang mit der Versandart, ob nun Luftpost oder Postkutsche.

Er würde mir dann zeigen, wo die Satellitenschüssel platziert wäre.

Ab einem gewissen Alter scheint man immun gegen Anregungen von aussen zu sein, insbesondere, wenn dies von verhältnismässig jungen Leuten kommt.

Ob er einen Filzstift zu Hand hätte.
Wozu denn, möchte der rüstige Rentner wissen.
Ich würde ihm die Positionen markieren.
Welche Positionen denn.
Nun, je nachdem, ob er die blassen Abenteuer der Schwarzwaldfamilie Faller im Dritten, oder das kontrastreiche Morgenmagazin mit der gelben Wand im zweiten Programm verfolge, müsse ja die Satellitenschüssel nachjustiert werden.
Dies wäre aber ausserordentlich umständlich… Das Morgenmagazin wäre… dann die Fallers am Sonntag Abend… Eigentlich könnte er ja jeweils über Mittag die Satellitenschüssel einstellen, ob dies klappen würde.
Eigentlich schon, aber wenn jetzt während der Tagesthemen ein Bericht aus dem Morgenmagazin erscheine, kurz nachdem er die Dokumentation über die Oberammergauer Herrgottschnitzer auf dem Dritten verfolgt hätte und ob er die Farbintensität beim Meteo auch beachtet habe.
Ob er dann jedesmal beim Erscheinen einer gelben Wand…

Ich würde ihn nun in ein Geheimnis einweihen; Die Ausrichtung der Satellitenschüssel hätte keinen Einfluss auf die Bilddarstellung, ja, noch nicht einmal auf das ausgestrahlte Programm.
Ach?!?
Nichts desto trotz kontrollierte ich die Ausrichtung, man muss ja eine Rechnung schreiben.

Ja, jetzt wäre es aber viel schärfer!
Die Wirkung von Placebos darf man nicht unterschätzen.
Sehen sie, ich habe doch recht gehabt! Keinen Einfluss, pha, was verstehen sie schon davon!
Aber vielleicht könnte man noch etwas an der Farbeinstellung…

Grosser Fehler über, ich drückte die Menu-Taste.
Sehen sie die Positionen, hier wählen.
Erst auf das Schweizer Programm! und ist kurz davor mit seinen Wurstfingern einen Werksreset auszuführen.
Alte Leute und Fernbedienungen passen so gut zusammen wie verheiratete Frauen und alleinstehende Männer. Sieht erst ganz neckisch aus, aber auf die Dauer wird man keine Freude dran haben.
Dann drücken sie mal die 1.
Selbstverständlich drückt er die 1111, ein noch höherer Programmplatz wird nur durch die Software ausgebremst.
Sehen sie, wenn ich jetzt weiterschalte… 1… 2… 3… 4…. und tippt frohen Mutes den Programmplatz eintausendzweihundertvierundreissig, auf welchem soeben eine arabische Frau für 90 Drachmen pro Minute ihren Schleier lüftet.

Nur einmal drücken.
Mache ich ja! Man muss aufpassen wie ein Heftlimacher, dass eine solche Situation nicht ausartet.
Drücken sie doch hier. Die grosse Taste. Programmplatz rauf, Programmplatz runter.
Teletext, Tonwahl, PVR-Recording, Ton aus… Bisweilen habe ich das Gefühl, die Leute machen dies extra, überall wird gedrückt, nur nicht auf den gezeigten Tasten.

Also, hier ein, hier aus, da Schweizer, da ARD. Ist gut? Danke, auf Wiedersehen.
Aber mein Schwiegersohn hat gesagt…

1233946190538Der Kontrast, ich vergass.
Auf dem Bildschirm sind vier Pfeile. Untenstehend die Einblendung des Abbildes der Fernbedienung. Mit markierten Tasten.
Hoch und runter, auswählen des zu verändernden Wertes, links und rechts, den Wert ändern.
Jedes Oetker-Rezept ist komplexer, aber die wollen es nicht begreifen.
Sendersuchlauf, Tonmenü, Quellenwahl… Die finden Auswahlpunkte welche noch nicht einmal in der Bedienungsanleitung vermerkt sind.
Nach ewigem Drücken wählt der Herr die ursprünglichen Werte wieder und ist entzückt über das revolutionäre, neue Bild.

Ich bin zu alt für diese Scheisse.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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