Bundesrätin Leuthard zu den TV-Gebühren

Schwarz hören und sehen kommt teuer zu stehen sagt der Volksmund.
Meine Wenigkeit fährt eigentlich günstig. Ich entrichte Radiogebühren, da ich in meinem Kraftfahrzeug bisweilen einen SRF-Sender höre. Aber hauptsächlich, weil ich einen Internetanschluss der Swisscom nutze. Für das Gesetz ist es eine logische Konsequenz, dass jeder Internetnutzer Radio hört. Klingt nachvollziehbar, für jedes Paar Schuhe entrichtet man auch Strassenverkehrssteuer, denn theoretisch könnte man mit diesen in einen Bus steigen und der ist ja irgendwie auch ein Auto.
Da die Gebühreneintreiber Billag ein Töchterchen von Swisscom ist denke ich, dass diese gut informiert sind, wer demzufolge ein Schwarz-Radiohörer ist. Und plötzlich stehen die Kontrolleure vor der Tür und sehen mein Fernsehgerät. Da ich jedoch ausschliesslich Netflix, Apple-TV und ausländisches Pay-TV konsumiere, verstehe ich beim besten Willen nicht, weswegen ich einen Bestatter finanzieren und Happy-Days verschenken soll. Also lasse ich dies auch.

Nun ändert aber alles.
Da das Handy ebenfalls ein Fernseher ist und jeder ein Handy besitzt, sollen doch alle bezahlen. Dafür nur noch 400 Franken anstelle der momentanen 451.10 Franken. In einem ersten Schritt werden die Gebühren auf 439.80 Franken gesenkt, da vom Bundesgericht entschieden wurde, dass auf die Billag-Gebühren keine Mehrwertsteuer erhoben werden darf.
Bezahlt ihr übrigens seit 20 Jahren.

Der Gewerbeverband läuft Sturm gegen die neue Gebühr. Namentlich wegen der Ungerechtigkeit, dass jeder als Konsument bezeichnet wird, als Firmeninhaber sogar zweifacher Konsument und, dass der Bundesrat künftig willkürlich die Gebühr anheben kann. Mit der Argumentation, dass die Abgabe in den letzten 25 Jahren eine Gebührenerhöhung von 61% erfahren hat.
Die SRG erhält von dem ganzen Kuchen ein Stück von 1,2 Mrd. Franken.
Die Migros-Zeitung führte ein Interview mit Bundesrätin Doris Leuthard, ihres Zeichens Medienministerin und Grinsekatze.

Frau Bundesrätin Leuthard, ist es gerecht, wenn künftig auch Nichtkonsumenten eine Billag-Mediensteuer bezahlen müssen?
Die meisten Haushalte besitzen ein Radio- oder TV-Gerät und bezahlen darum schon heute die Gebühr. Leute, die Ergänzungsleistungen beziehen, sind davon ausgenommen – heute und in Zukunft. Wenn die neue Regelung 2018 eingeführt wird, gibt es überdies eine Übergangsfrist von fünf Jahren für jene, die auf Radio und TV verzichten.

Vermisst ihr auch die Antwort?
Wo soll eine solche Praxis hinführen? Weil die meisten es sowieso tun, führen wir es doch einfach generell ein. Ausserorts 90 fahren, Kindergeld beziehen, Strassenverkehrssteuer zahlen.

Ist eine Abgabe für alle rechtens?
Ja, denn Radio und Fernsehen haben gemäss Verfassung den Auftrag, unabhängig über politische, kulturelle und ökonomische Themen zu berichten. Die Abgabe dient wie heute dazu, dies in allen Landesteilen zu finanzieren. Werbung allein würde dafür nicht ausreichen. Diese sprachregionale Verankerung fördert letztlich den Zusammenhalt im Land. Jene, die nun argumentieren, sie wollen nur noch für das bezahlen, was sie auch wirklich konsumieren, sollen mit Deutschland vergleichen: Dort kostet ein Pay-TV-Abo für die Bundesliga-Spiele über 600 Franken pro Jahr.

Nun gut, die selbe Frage nochmals.
Ein Pay-TV-Abonnement kostet übrigens auch in der Schweiz soviel. Der feine Unterschied; Jeder darf selber entscheiden, ob er Bundesliga-Spiele sehen und bezahlen will, er wird nicht per Gesetz gezwungen.
Lassen wir aber dies mit den Äpfel und Birnen; Vergleichen wir doch mit den deutschen Rundfunkgebühren, welche nicht 7 sondern 10 Fernsehsender finanziert und ohne Unterbrecherwerbung auskommt. Diese beträgt, je nach Eurokurs, momentan 231 Franken.

Die RTVG-Gegner sagen voraus, dass die Mediensteuer in Zukunft noch teurer wird. Sie argumentieren mit dem Budget der SRG, das sich seit 1984 verdreifacht hat, sowie mit Eigenproduktionen, deren Anteil von heute 20 auf 60 Prozent angehoben werden soll.
Für solch eine böswillige Behauptung gibt es überhaupt keine Grundlage. Die SRG investiert schon heute in Eigenproduktionen wie den «Bestatter». Wenn sie dies forciert, schichtet sie intern Mittel um. Aber deswegen erhält die SRG nicht mehr Geld als die 1,2 Milliarden Franken an Gebühren, obwohl der Bundesrat diese jederzeit anpassen könnte. Mit dem neuen Gesetz können wir jedoch die Bürokratie stark abbauen, weil die Billag-Kontrolleure abgeschafft werden. Wichtig zudem: Da alle ihren Beitrag leisten, reduziert sich die Gebühr von 451 auf rund 400 Franken pro Haushalt.

Muss ein einträglicher Job sein, als Billag-Kontrolleur zu arbeiten. Vorschlag meinerseits, 55 Millionen Franken im Jahr sparen, die Billag komplett abschaffen und via Steuerrechnung kassieren. Was treibt die Billag überhaupt, wenn alle Haushalte zahlen müssen? Einzahlungsscheine eintüten?

Können Sie als Medienministerin versprechen, dass die Mediensteuer, sagen wir mal bis 2020, nicht erhöht wird?
Ja. Mit der Revision sinkt sie ja auf 400 Franken.

Na ja… Ich traue Politikern nicht weiter als ich ein Piano werfen kann.

Wäre es nicht an der Zeit, den Service public als Verfassungsauftrag gesetzlich neu zu definieren?
Dazu erstellt der Bundesrat einen Bericht. Diese Diskussion kann man führen, sie ist aber nicht neu. Wenn man beispielsweise den Sport und die Unterhaltung aus dem Service public streichen will, sinkt die Gebühr. Dabei darf man allerdings nicht vergessen: Wenn private TV-Stationen sagen, sie würden beispielsweise die Sportberichterstattung übernehmen, gibt es nachher fast nur noch Fussball zu sehen, und dabei fast ausschliesslich Champions League und Super League. Randsportarten wie Gymnastik, das Schwingfest oder die Tour de Romandie würden von der Bildfläche verschwinden, weil dies mit Werbung allein kaum finanziert werden könnte. Für Berichte über Schweizer Politik, Kultur oder Wirtschaft gilt dasselbe.

Wenn dies mit Werbung nicht finanziert werden kann, scheint kein Markt dafür vorhanden zu sein. Deswegen überträgt das Privatfernsehen auch nicht den Damenturnverein Pfüpfwil bei der Seilspringkonkurrenz.
Wäre villeicht ein Ansatz; Man muss nicht jeden Schrott übertragen, nur weil die Gebühren sowieso fliessen.
Nebenbei, die ARD schafft es mit weniger Gebühren hochstehende politische Sendungen, Kultur- und Wirtschaftsmagazine zu senden. Jeden Abend.

Was ist für Sie Service public? Hört er bei ausländischen Spielfilmen auf?
In der Verfassung ist die Unterhaltung ausdrücklich erwähnt, und daran muss ich mich halten. Viele Leute sehen sich gern einen amerikanischen Spielfilm an. Das gehört zur Unterhaltung und soll ebenso Platz haben wie ein Jassabend. Die SRG bestimmt den Themenmix, die Politik mischt sich nicht in die Programmgestaltung ein. Die Geschmäcker sind verschieden.

Siehe vorgehende Frage; Service Public sollte unbedingt neu definiert werden, wenn eingekaufte Castingshows in diesen Bereich fallen.
Vielleicht sollte der Service Public keine Geschmäcker befriedigen, sondern ein Amtsblatt mit Bild und Ton sein. Was darüber hinaus geht, kann jeder abonnieren. So muss niemand auf Happy Day verzichten, er soll nur wie der Bundesliga-Fan dafür bezahlen.

Welche Sendungen schauen oder hören Sie selbst gern?
Ich schaue mir meist die «Tagesschau» und «10 vor 10» an, und ich höre das «Echo der Zeit». Am Sonntagabend schaue ich gern einen Spielfilm, und ich mag Sport, weil ich früher selber geturnt habe. Auf einem Bezahlsender finde ich das nicht. Meine Mutter interessiert sich für «Kampf der Chöre», was ich nie schaue. Ich fühle mich auch verantwortlich für die Romandie und das Tessin und schätze die Sender aus diesen Regionen. Wir sind ein Land mit vier Sprachen – das kostet etwas.

Ganz ehrlich; diese drei Sendungen können keine 1,2 Mrd Franken kosten. Da kann man sie sogar noch in künftigen Landessprachen wie kroatisch, albanisch und türkisch senden. Siehe Neudefinition Service Public. Kampf der Chöre, sorry liebes Mutti Leuthard, scheint mir doch ein Nischenprodukt zu sein. Diese überleben wunderbar im Pay-TV, wenn nicht, will es definitiv keiner sehen.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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