Danke, liebe Concordia

Sie haben bei uns keine Zusatzversicherung NATURA abgeschlossen. Somit können wir uns an den Kosten nicht beteiligen.

Weder suchte ich den Geist- und Kräuterheiler Flitziputzi um meine Sushi-Unverträglichkeit zu behandeln auf, noch liess ich mich von einem Chinesen zur Raucherentwöhnung mit Nadeln bespicken.
Im Fitnesscenter wurde ich darauf hingewiesen, dass aufgrund der erlangten Zertifizierung – der Gutachter muss kurz vor Feierabend ein halbes Auge in die Hallen geworfen haben – die Krankenkasse ihre Anerkennung für meine sportlichen Betätigungen ausdrückt. In Form von klingender Münze.

Also sandte ich nach einigen Monaten, Bürokram liegt mir nicht, den Vertrag und die Rechnung meiner geschätzten Concordia.

Die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OPK) übernimmt keine Kosten für diese gesundheitsfördernde Massnahme.
Besten Dank für Ihr Verständnis.

Aber gern geschehen.
Vielleicht mein Fehler, ich empfing nie einen Vertreter der Kasse in meinen Hallen.
Der Neugierde geschuldet bemühte ich den Prämienrechner, mir diesen NATURA-Zusatz zu errechnen. Zwanzig Franken. Der Aufschlag auf die monatliche Grundprämie. Wären 240 Franken im Jahr. Zweihundert Franken ist die maximale Beteiligung der Kasse an meinen Bestreben zur Erhaltung der Gesundheit. Die Entscheidung wurde mir nach dem dritten Mausklick bereits abgenommen.

So darf man dies natürlich nicht rechnen.
Das Kredo der Krankenkassen. Denn natürlich würden mir so auch Besuche bei der Kräuterhexe vergütet und gewiss übernehmen sie die Kosten für kleine weisse Placebo-Zuckerkügelchen.
Und im Grundsatz soll ich glücklich und der Krankenkasse zu Dank verpflichtet sein. Für jeden Tag, an welchen ich ihre Leistung nicht in Anspruch nehme.

Ich war noch nie krankheitsbedingt beim Doktor und ja, ich bin dankbar dafür. Sehr sogar. Wie weit diese Leistung meiner heiligen Krankenkasse zugeschrieben werden kann, bleibt unbeantwortet. Villeicht wegen der Gesundheitsipps im regelässig erscheinenden Magazin Care. Wandert regelmässig in die Altpapiersammlung. Nach der Befreiung von der völlig unnütigen Cellulosefolie. Ungelesen, weil die Abogebühren von über 3000 Franken im Jahr schon ein Magengeschwür heraufbeschwören, welches kein Inhalt des Magazins zum verschwinden bringen könnte.
Aber ich bin für meine körperliche Verfassung dankbar. So es eine Garantie gäbe, dass diese ewig anhalten würde, würde ich gar noch einen Batzen mehr bezahlen.
Die Garantie gibt es nicht.
Im Rahmen dieser Dankbarkeit soll ich nicht vergessen, dass meine gesammelten Beiträge im Gegenwert von mehreren Kleinwagen Menschen zugute kommen, welche nicht mit meiner Konstitution gesegnet sind. Vom guten Gefühl zehren, dass ich Herrn Hübelis teure Medikamente mit bezahle, voller Erleichterung, dass ich sie nicht selbst einnehmen muss.

Wie man es dreht und wendet, die Krankenkasse ist das (juristisch) personifizierte Gute und alleinig Verantwortlich für mein glückliches und gesundes Leben.

care

Haben Schreiben ihrer Kasse auch stets diesen leicht arroganten Unterton? Im Subtext schwingt mit; Fühlen sie sich geehrt bei uns versichert sein zu dürfen. Gefälligst!

Nach Jahren der Treue zu einem Unternehmen wünscht man sich vielleicht eine kleine Anerkennung. Ein Ausdruck des Bewusstsein der Unternehmung, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Weltbild sendet einen Gutschein, SBB einen Rabatt, der Handwerker im Ort schaut über eine kleine Rechnung hinweg und im Volg erhalte ich bei jedem Einkauf eine Marke. Jeder möchte Danke sagen und sich meiner weiteren Treue versichern.
Krankenkassen haben dies nicht nötig. Scheint es. Stünde vielleicht im Widerspruch zur jährlich steigenden Prämie.
Aber durch die Erhöhung der Franchise kann ich mir ja selber einen Rabatt gewähren. Was unterm Strich eigentlich nur bedeutet, dass ich den Physiotherapeuten aus eigener Tasche bezahlen muss. Einen Mehrwert generiert dieser Rabatt nicht. Gut, in hundert Jahren vielleicht.

Krankenkassen brauchen nicht Danke zu sagen.
Ich habe Danke zu sagen, dass sie das Risiko tragen, im Falle eines tragischen Ereignisses ihre Unterstützung in Anspruch nehmen zu dürfen.
Danke liebe Krankenkasse.
Gerne schaue ich darüber hinweg, dass meine Beiträge nicht nur des vom Schicksal nicht begünstigten Herrn Hübeli oder Frau Meier, in guter Hoffnung, zugute kommen, sondern ich auch Millionen an Gehälter, schicke Bürokomplexe und nette Betriebsausflüge finanziere.

Es ist auch selbstverständlich, dass ich einer Generation entstamme, welche nicht wegen jedem Wehwechen zum Arzt rennt. Dass ich den Arzt eigentlich nur aufsuche um das Misstrauen der Arbeitgeber zu zerstreuen, blau auf weiss zu belegen, dass ich wirklich krank bin.
Natürlich lebe ich nicht nach Möglichkeit gesund um der Kostenexplosion im Krankheitswesen vorzubeugen, ich tue dies für mich. Daher dürfen sie auch dieses Bestreben als völlig selbstverständlich auffassen. Gar als Pflicht erwarten.
Einer gewissen Bequemlichkeit geschuldet wechsle ich die Kasse nicht jährlich. Papa war schon bei Concordia, also bin ich es auch. Wie bei Migros- und Coop-Kindern werden hier verstaubte Traditionen weitergetragen. Warum weiss ich nicht, da die Concordia nachdem ich den Windeln entschlüpft bin noch nie eine Leistung erbringen musste. Daher könnte ich noch nicht einmal behaupten; Ja, ich bin zufrieden mit meiner Kasse. Aber bitte, nehmen sie dies durchaus als selbstverständlich hin, es Bedarf keines Dankes für Kundentreue.

Tief im Inneren hoffe ich natürlich, nie ein Schreiben zu erhalten „Wir übernehmen die Kosten für die Behandlung“.
Doch ein Ausdruck des Bewusstseins der Kasse, dass ich nicht dank ihr am Leben weile, sondern sie von mir und tausend anderen gesundheitsbewussten Kunden lebt, wäre irgendwie auch nett.

 

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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