Etwas warm ist es ja schon

Als mein Dachstock sich gestern zum Dampfgarer wandelte, verzog ich mich in den Keller und guckte mir Al Gore’s “Eine unbequeme Wahrheit” an. Schien mir gerade angemessen.

Natürlich sind Vorträge immer mit Vorsicht zu geniessen. Zum einen steht ein gewiefter Redner auf dem Podest, gewandt einem ein X als ein U zu verkaufen, zum anderen werden einem Statistiken und Studien um die Ohren geschlagen, deren Sachlichkeit und Wahrheitsgehalt man nicht überprüfen kann und durch die eingängige Vortragsweise kann man nicht anders als Glauben zu schenken. Untermalt mit Ah und Oh.
Und Al Gore ist ein guter Redner, dies dringt doch des gewiss eingekauften Beifalls des beiwohnenden Publikums durch.
Natürlich wird mit den Emotionen gearbeitet.
Der in Coca-Cola-Manier treibende Eisbär auf dem weiten Meer, welcher versucht auf eine Eisscholle zu krabbeln welche sinnbildlich unter ihm zerbrach, gefolgt von der Aussage, dass in jüngster Zeit erstmals ertrunkene Eisbären gesichtet wurden löste beim engagierten Publikum mitleidiges Ooooh aus. Nicht ein Exxon-Verurteilendes entrüstendes Oh, sondern ein gut studiertes “Jetzt haben wir die Einsicht, nehmen uns alle an den Händen – Exxon wie Greenpeace – und kämpfen gemeinsam dagegen an”-Ooooh.
Oder die Einbindung seiner an zigarettenverursachtem Lungenkrebs verblichenen Schwester, was den Vater zur Einsicht brachte, keine Tabakpflanzen mehr anzubauen, als Versinnbildlichung, dass der Mensch stets ein grosses Aha-Erlebniss braucht um einen Kurswechsel einzuschlagen.
Wie auch Al Gore, durch den Beinahe-Tod seines Sohnes dazu bewogen, über die Umwelt nachzudenken.

Es braucht solche Aufhänger, gut verkauft; Der Mensch erkennt einen seinesgleichen und von solchen wird man nicht über den Tisch gezogen.

Recht hat er ja schon, der “Ich anerkenne das Urteil nicht, aber akzeptiere es”-Präsidenschaftskandidat.

Nutzt man auf der Welt seit beinahe 60 Jahren die saubere Kernenergie. Begleitet von einem unangenehmen Gefühl, aber an sich war man dankbar für den sauberen elektrischen Strom im Überfluss. Ein paar Gegner sassen in ihren gestrickten Ponchos stets vor die Müll transportierenden Zügen, aber das war arbeitsscheues Gesindel, das sorgte nicht für langanhaltende Aufmerksamkeit.
Irgendwer machte in Tschernobyl etwas falsch und es machte Puff. Das war im Jahre 1986 und weit weg. Ich entsinne mich, dass man gewisses Gemüse nicht mehr essen durfte, aber dies waren, nebst den emotionalen Bildern, die einzigen Auswirkungen auf die Zivilisation rund um die Ukraine.
Letztes Jahr im März machte es noch einmal Puff, diesmal in Fukushima. Es hätte uns – trotz der medialen Aausschlachtung in digitaler, hochauflösender Qualität mit Dolby-Digital-Sound, man sass praktisch mitten drin – wohl in kleinerem Masse stärker berührt als Tschernobyl, hätten wir nicht gerade den März im Jahre des Herren 2011 geschrieben.
Wären nicht gerade die Nationalratswahlen in der Schweiz angestanden.
Ähnlich einer Vorlage von Flankengott David Beckham, müsste man ein Vollidiot sein, wenn man diese nicht versenkt.
Nutzen wir in der Schweiz seit 40 Jahren Atomenergie, doch erst jetzt erkannten wir, wie gefährlich diese ist. Gerade in einem Erdbebengebeutelten und Tsunamibedrohten Land wie unser kleiner Binnenstaat.
Atomkraft war böse, der Abfall untragbar und eigentlich müsste man lieber Gestern als Morgen jedes Werk vom Netz nehmen.

Dies würde ein Blog an sich füllen, worauf ich hinaus will; Der Mensch braucht ein Aha-Erlebniss um zu reagieren.
Ich schreibe SMS am Steuer, bis ich beinahe ein Baum ramme.
Ich fahre ohne Helm Rad, bis ich mit knapper Not einem Schädeltrauma entkomme.
Ich stosse CO2 in die Luft bis…
Und da liegt der Hund begraben.

Im Moment sind die Sommer etwas heisser, die Menschheit geniesst es in unseren Breitengraden mehrheitlich. Nach bestem Wissen und Gewissen, denn man sitzt die Regentage aus und wartet lange genug auf die ersehnten Temperaturen über dreissig Grad.
Die Winter werden etwas schneefreier, die Temperaturen schwanken etwas heftiger, aber man baut die Skilifte einfach etwas höher und freut sich, dass der Winter mehrheitlich dort ist wo er hin gehört, in den Bergen.

Die Anpassungsfähigkeit gereicht dem Menschen zur Ehre und unsere fortschreitende Technologie ermöglicht stets ein Beheben des Symptoms, dass wir uns dem Problem nicht stellen müssen.

Im Klimawandel wird der Aha-Effekt ausbleiben, zu schleppend ist die Entwicklung.
Wenn es nach Al Gore geht, kann man schlichtweg alles der globalen Erwärmung in die gesonnten Schuhe schieben. Mephisto eben.
Etwas übertrieben, aber einiges macht schon Sinn. Wusstet ihr, dass das Eis der nördlichen Polarkappe das Sonnenlicht reflektiert und somit weniger Wärme absorbiert als Wasser? Temperaturbedingt bilden sich jedoch mittlerweile kleine Pfützen von Schmelzwasser, welche durch die Sonne aufgeheizt werden und sich einer Gletschermühle gleich durch das Eis graben, was die Schmelze zunehmend anregt.
Das Meer erwärmt sich ebenfalls – schön für den Badetouristen, ungünstig für die Meeresströme, welche dem Eis von unten zusetzen. Der Golfstrom geht in die Antarktis, kühlt ab, kommt wieder runter. Nur ist der Kühlschrank dort oben bald aus. Bin kein Wissenschaftler, aber ein solcher Eingriff, wie den Golfstrom abzuschalten wird wohl nicht gut sein, wurde selbiger doch erst durch eine Eiszeit in Betrieb genommen.
Das Artensterben, respektive das unkontrollierte Verbreiten anderer Arten, auch ein Resultat der globalen Erwärmung. Konnte man früher die Uhr nach den Zugvögeln stellen, agieren die dank der Verschiebung unserer Jahreszeiten zunehmend verwirrt.

Wenn ich von Marlin Perkins eins gelernt habe – ausser dass man jeglichem Tier zwingend einen Sender von der Grösse einer Autobatterie um den Hals hängen muss, um selbiges hernach mit einem extrem coolen Hubschrauber und einer UHF-Antenne zu suchen – dann, dass unser Ökosystem unglaublich empfindlich gegenüber Eingriffen ist.

Nehmen wir doch nur den Menschen. Nachdem hin und wieder ein Bär, Wolf oder zumindest ein fieses Virus für einen natürlichen, vernünftigen Bestand gesorgt hatte, haben wir eingegriffen und impfen uns schon mit dem Verzehr eines Big Mac mit einer Überdosis an Antibiotika, bis wir gar gegen Heilmittel resistent sind. Das Resultat?

Nehmen wir die Erhöhung des Meeresspiegel dazu, die wegen Dürre unbewohnbaren Flecken noch nicht mit eingerechnet, kann es richtig eng werden auf unserem zunehmend blaueren Planeten.

Wie erwähnt, ich bin kein Wissenschaftler und auf Al Gore’s Katastrophenankündigung gibt es wohl hundertmal so viele Werke, welche das Ganze wiederlegen, als Humbug und Panikmache anprangern.

Nichts desto trotz, es wird wohl keiner bestreiten, dass die Gletscher schmelzen, das Klima wärmer wird und wir über 2000 Meter, abseits der Strassen irgendwie besser atmen können. Sei dies nun ganz natürlich, im Mittelalter war das Klima schon einmal etwas launisch, so ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir wohl unseren Teil dazu beitragen.
Und so es meinetwegen auch stets so war, bedeutet dies nicht zwingend, dass wir die Hände in den Schoss legen müssen.

Ich verkaufe gewiss nicht mein Auto oder bitte Mutti mir einen Poncho zu stricken – was würde sie sich freuen – aber man macht sich schon etwas Gedanken. Nun, da ich dreimal mit dem Rad zur Arbeit gefahren bin, nenne ich mich nicht Weltverbesserer. Aber wenn man keuchend eine Kolonne Fahrzeuge passiert, SUV hinter Mini-Van, im Stau seine Abgase rauspustend, überlegt man sich schon, dass ein minimaler Einsatz von jedermann vielleicht schon etwas bringen würde.
Mein Verständnis für Rasensprenger hielt sich stets in Grenzen – wir sprechen nicht von Nutzfläche sondern lediglich vom hübschen Grün des Vorgartens – und das Befüllen eines privaten Pools mit Trinkwasser zwecks Erfrischung zeugt schon von einem gewissen Egoismus. Auch wenn Nachbar Hubert getrieben von der Faulheit statt eines Besen zur Hand zu nehmen mit dem flotten Trinkwasserstrahl aus seinem Mio-Garden-Schlauch die Garagenauffahrt reinigt, erscheint es mir etwas frevelhaft.

Durch das Gucken eines Filmchens wurde ich gewiss nicht geläutert, auch trenne ich nicht alle Geräte vom Strom oder verzichte auf den Stand-By-Modus.
Letztendlich bin ich für Atomenergie, denn wenn ich sehe, dass wir Engpässe in der Stromversorgung mit Gaskraftwerken ausgleichen wollen, scheint mir dies ein Rückschritt.
Betrachten wir die globale Erwärmung: Glaubt ihr tatsächlich, dass der Menschheit ein paar Fässer radioaktiver Schrott in tausend Jahren Kopfzerbrechen bereiten wird?

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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