Frauen sind auch…

Schon lange nichts mehr gekommen…

Sprach ein Arbeitskollege während der Vesper. Auf dem Smartphone mein Blog. Aus der Tatsache, dass er meinen Blog kennt könnt ihr schliessen, dass es nicht einer der üblichen Verdächtigen ist. Ihr wisst schon, jene liebenswerte Arbeitsgesellen, welche der liebe Gott kurz vor Dienstschluss noch auf diese unsere Erde geworfen hat. Mit einem Bein schon im himmlischen Pub, labend am Feierabendambrosia.

Recht hat er der gute Mann. Mein letzter Eintrag erschien vor genau zwei Monaten. Eine Prise Selbstmitleid schwappte in einer Scheffel Ironie als ich mich über die digitale Partnersuche ausliess.
Nun, die letzten zwei Monate verbrachte ich daraufhin damit, zu zweit Probleme anzugehen, welche man sich alleine noch nicht einmal ersinnen kann.

Mit dem Schreiben ist es leider nicht wie mit dem Radfahren. Man kann es tatsächlich verlernen. Wie das Leben in der Partnerschaft auch.
Nach mehr als einem Jahr Single-Dasein sollte der Homo-Sapiens in einen Lebensabschnittspartner-Kurs. Für den Weltfrieden.

Wie es klassisch so läuft. Man will es irgendwie langsam angehen. Sich beschnuppern. Man ist ja reifer und älter, weiss, dass es mehr als einen durchgeknallten Schmetterling in den Innereien benötigt um eine Sache mit Hand und Fuss zu gestalten. Halt… falsche Metapher.
Also irgendwie gingen wir die Sache so richtig überlegt an. Züchtig wie Klosterschüler. Erst nach dem zweiten Date wachte ich in fremden Laken auf und überlegte, will ich diesen Weg nun wirklich beschreiben.
Man gewöhnt sich ein wenig an das Singleleben. Sonntags im Morgenmantel auf dem Sofa, die Füsse auf dem Wohnzimmertisch, links die Kaffeetasse, rechts das trocken Brot auf dem Teller. Die schwierigste Entscheidung an diesem frühen Morgen besteht darin, ob man nun bei Peter Lustig hängen bleibt, oder noch bis zum Disney-Channel durchzappt.

Versteht sich von selbst, dass man nun aufrecht an einem Tisch sitzend das Frühstück einnimmt. Kurz hatte ich gar meines Vaters Stimme im Hinterkopf. „Ellbogen vom Tisch!“, erklang der Ruf der guten Kinderstube, als ich versuchte den Bröselregen der Frischbacksemmel auf den feinen Porzellanteller zu konzentrieren und mir den Honig nicht bis zu den Ohren zu schmieren.
Ein Deja-Vu. Sass ich doch unvermittelt bei einem Brunch.
Dass wir uns richtig verstehen; Es ist nett, im Pyjama zusammen zu frühstücken. Während ich jedoch eher der Brot-in-der-Küche-schmier und Messer-auf-den-Rand-der-Spüle-legen-Typ bin, verschwindet die Gemütlichkeit unter einem Berg Geschirr. Da werden aufgeschnittene Wurstwaren auf einem Teller drapiert. Neben Joghurt, Nutella, Knuspermüsli, Fruchtsaft, Fruchstückchen, ein Teller Rührei, ein Fingerhut Kaffee und ein gekochtes Ei. Drei Minuten. Zufällig drei Minuten.
Die Konfitüre in so kleinen Gläsern kredenzt, dass man sich nicht traut, mehr als einen halben Millimeter der süssen Köstlichkeit auf das Brot zu streichen. Viel mehr gibt das Gläschen auch nicht her, kriegt man doch kaum die Messerspitze in das Gefäss. Dafür hat man 9 verschiedene Sorten. Wenn man bedenkt, dass ich mit einem Topf Honig vollends zufrieden bin.

Es ist ganz nett und in der Absicht mehr als nur liebevoll gemeint, aber mal ehrlich; Das Laienspiel der Romantik killt sämtliche Eigenschaften, welche das sonntägliche Frühstück doch erst so richtig gemütlich gemacht haben. Die Unkompliziertheit. Bevor man sich in die Manege des Alltags begibt, einfach zu sein wie man ist. Vom Kratzen am Hintern bis hin zum ungehemmten Schlürfen des Kaffees.

Selbstredend, dass die Messlatte gelegt war und mein Kühlschrank am folgenden Sonntag beinahe die Küchenkombination bersten liess, die Tür von einem untergekeilten Stuhl gehalten wurde.
Wie das Amen in der Kirche war es zu erwarten, dass die Dame just an diesem Sonntag gar nicht so richtig Hunger hatte und ich Foodwaste zum Exzess trieb. Weil lecker süsse Joghurts, Käse und Salami in meinem Speiseplan nunmal keinen Platz finden und ihre Haltbarkeit leider begrenzt ist.
Während mein Brot durchaus ein wenig altbacken sein darf, man gibt sich so nicht der Völlerei hin, weil es einfach lecker riecht, wartete ich mangels Bäckerei im Dorf natürlich mit Frischback-Semmeln auf. Das Elektrizitätswerk machte somit auch seinen Schnitt und ganz allgemein darf man sagen, dass sich die Lebenskosten in einer Partnerschaft verdreifachen.
Aber dafür hat man es ja schön. Und ich habe mein Tiptopf gebraucht, weil ich doch tatsächlich nachschlagen musste, wie man das perfekte Rührei zaubert.

Mit dem Essen in einer Zweierkonstellation ist es sowieso so eine Sache.
Die Nahrungsaufnahme dient vordergründig nicht mehr dazu, seinem Körper Nährstoffe zu geben, es ist ein sozialer Akt. Das Essen wird zelebriert.
Über in Öl gebratenem Fleisch und einer Kohlenhydratbombe in Nudelform guckt man sich tief und beschwörend in die Augen und während ich die Kochkünste lobe, rechne ich im Hinterkopf aus, wieviele Kilometer ich pro Gabel Barilla laufen muss um die Bilanz zu retten. Während ich zum Dessert durchaus eine rohe Karotte knabbern kann, liegt selbige nun adrett geschält, klein geschnitten und in feiner Butter gedünstet vor mir. Zum Dessert ein Stück Apfelkuchen. Aber ja doch, gerne mit Sahne, wenn du sie doch schon extra gemacht hast.

Gewiss, ich bin ein undankbarer Kaspar. Aber liebe Damen, ein Sixpack erhält man sich nun einmal nicht mit einem Kartoffelgratin zum Abendessen und kuscheln auf dem Sofa lässt die Schultern auch nicht in die Breite wachsen. Und irgendwann kommt der Punkt, ja er kommt, wo es heisst, früher warst du schon… meinst du „wir“ sollten ein wenig Sport… nun müssen „wir“ aber schon etwas schauen, dass…

Selbstverständlich ein Teufelskreis. Die Krux an der Sache ist, dass man sich eigentlich auch keinen Adoniskörper meisseln muss, wenn man sein Kellerapartement nie verlässt. Es sei denn, man schwingt sich durch die Nacht von Gotham City, aber dazu fehlen mir die Milliarden.

Natürlich ging die Sache nicht in die Binsen, weil mir leckere Speisen serviert und verführerischer Wein kredenzt worden war.
Nur als sinnbildliches Beispiel für die Kompromissbereitschaft. Ich darf sagen, dass wir diesbezüglich den Rank gefunden haben, wie man so nett sagt, und wir letztendlich zum Abendessen auch einmal beide Karotten in Hüttenkäse dippten.

Doch es ist natürlich schon so, dass man sich plötzlich arrangieren muss. Über Dinge diskutieren, welche früher einfach selbstverständlich waren. Du treibst Sport, wenn es der partnerschaftliche Terminplan zulässt, damit das schöne Zweisame nicht zu kurz kommt. Man widmet sich dem televisionären Gehirnfick, weil das Lesen eines Buches einer Abschottung gleich kommt. Ganz zu schweigen vom Tippen auf dem Notebook. Irgendwie will plötzlich alles partnerschaftlich in die Gefilde der Romantik gehievt werden und ist es nur der Einkauf von Toilettenpapier. Hakle dreilagig im Sonderangebot als Stützpfeiler der Beziehung.
Man wird Trägern von akademischen Titeln und Menschen, welche dem schnöden Mammon einen gewissen Wert attestieren zum Frass vorgeworfen.
Ja wie jetzt, in den Ferien wandern… da muss man doch an einen Strand fahren und in einem teuren Hotel logieren… Sonst sind es ja keine Ferien…
Einen Tisch bei Top-Tip kaufen, also sowas käme mir nie in das Haus…
Ein Kunstwerk, diese Sichtbeton-Wände und sieh erst den feinen Boden aus Mahagoni-Parkett und die Rattan-Lounge im beheizten Wintergarten…

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Man steckt ein wenig fest, das Dilemma zwischen einer philosophischen Grundsatzdiskussion über den Kapitalismus gefolgt von einer Nacht auf dem Sofa oder einfach freundlichem Nicken und Schweigen.

Es ist die Kompromissbereitschaft, welche meinem asozialen Wesen abhanden gekommen ist. Dieses eingehen auf das Gegenüber und nicht einfach dem eigenen Lustprinzip zu folgen. Ich vertrete die Meinung, auch wenn zwei Menschen in einer gewissen Harmonie zusammenfinden, handelt es sich doch noch um Individuen.
Ich nehme einen Kaffee und einen Mandelgipfel.
Ich gerne einen Nussgipfel.
Dann nehme ich auch einen Nussgipfel.
Hinter verschlossenen Türen wird dann die Dreistigkeit der Wahl eins alternativen Süssgebäcks diskutiert, dass das heile-Welt-Salzteigherz am Türzargen wackelt.

Im Generalverdacht stehend, dass ich aufgrund meiner Affinität zu emotionalem Kitsch wie Weihnachtsbeleuchtung und ähnlichem furchtbar romantisch sei, steht mir genau meine merkwürdige Einstellung dazu im Wege.
Es reicht nicht, dass man jederzeit bereit wäre, sich für die Partnerin eine Niere aus dem Leib zu reissen. Es muss bei Kerzenlicht geschehen, Rosenblüten auf dem Boden liegen und das Organ mit einer roten Schleife versehen sein. Sonst ist es nicht richtig und das Ganze hat keine Zukunft.
Vielleicht bin ich einfach zu nüchtern für diese Beziehungswelt.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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