Glotzekotze

Es wird mir empfohlen meine Abonnement – im Sperrdruck – sofort zu wechseln um Geld zu sparen.
Ich sollte mich SOFORT mit dem Berater in Verbindung setzen. Der Befehlston, mokierte ich mich kürzlich darüber, scheint durchaus im allgemeinen Sprachgebrauch Einzug zu halten. Sah ich kürzlich eine Parkuhr in Sils Maria, das ist im Engadin, mit einem grossen Schild versehen „Die Parkuhr muss bedient werden!“. Mit Ausrufezeichen.
Eigentlich hätte ich diese gerne fotodokumentarisch festgehalten, mit den neuen Smartphone klickt man ja jeden Schrott, aber ein Rentner druckste orientierungslos davor rum und ich war etwas gehemmt. Leute fotografieren ist ein heikles Thema, da hat man sofort den Herr Thür im Nacken. Ein paar Minuten wohnte ich unauffällig der Szene bei, aber man kennt das ja, je unauffälliger man wirken will, desto eher überzeugt man die Leute davon, dass man üble Dinge im Schilde führe. Dasselbe Dilemma, wenn man versucht in der Einkaufslokalität einer bestimmten Person aus dem Wege zu gehen. Möchte man in schönster Stalkermanier eine Person verfolgen um einen Blick auf das neckische Hinterteil zu erhaschen, gelingt es dieser auf 25 Quadratmeter zwischen Tütensuppen und WC-Papier spurlos zu verschwinden. Auch wenn man den Mount-Backwaren ersteigt, mit der Hand die Augen vor dem Licht der Fluoreszenzröhren abschattend. Kommt aber diese eine Person, welche man so gefliessentlich zu übersehen versucht, trifft man sich bestimmt drei mal, auch wenn man den Umweg zu Kasse zwischen den weiblichen Hygieneartikeln und Hipp-Babynahrung nimmt.

Nun, dieses SOFORT-SMS von meinem Mobilfunkbetreiber erhielt ich, weil ich mangels WLAN mehr Daten verbraucht hatte, als mir in meinem Abonnement frei zur Verfügung stehen. Für ganze zwanzig Franken. Wo ich die nur wieder herkriege?
Als langjähriger Swisscom-Kunde habe ich einen Dinosauriervertrag mit einem lächerlichen Fixbetrag und ein paar SMS-Kosten, ich berappe keine siebzig Franken im Monat. Nun sollte ich wegen der 20 Franken SOFORT meinen Berater kontaktieren, dass er mich zum aktuell günstigsten Abo von aktuell 99.- beraten kann.
Dazu wohl noch ein App-Guthaben, eine Glasbruchversicherung, ein 3.-Säulefond und zwei Zahnbürsten. In rot und blau. Alles was man heute halt so kriegt, wenn man mal eben eine Frage zu seinem Mobiltelefon hat. Oder eine Weihnachtskarte an Tante Emma senden will.

Nun bin ich also wieder in der Heimat und habe mir einen Abend Zeit genommen, mich durch das TV zu klicken.
Nur noch Nackedeis im Fernsehen. Bei Promi-Big-Brother tauschten sich drei Männer geschlagene 15 Minuten über die weisse Badehose von Michael Wendler aus. Eine gefühlte Ewigkeit hält ein gewisser Hubert Kah seine Nase an den Hintern von Wendler, betrachtet ihn von allen Seiten, um danach festzustellen, die Badehose würde schwul aussehen. Was nun wirklich homosexuellen Charakter aufweist, darüber kann man sich streiten.

promi-big-brotherGerne würde ich ja den Clip zeigen, aber bei sämtlichen deutschen Videoportalen hat man schlichtweg zu wenig Zeit, zwischen den Werbepopups den Quellcode zu klauen. Klickt hier rein. Etwas witzig ist es schon.

Des weiteren versuchte ein gewisser Roland der Spielerfrau Effenberg zu zeigen was er hat. Sie verpasste es, aber der Sat 1-Zuschauer war mittendrin.promi-big-brother-2Ich bin ja nicht prüde, aber etwas irritierend ist es schon.
Denke ich an früher zurück, als die Fa-Duschmittel, oder war es ein Shampoo, Werbung im Fernsehen lief. Da sah man einen Nippel! Mit zugehöriger Brust!
Papas sahen verstohlen zur Topfpflanze auf dem Fernseher, Mutti huschte in die Küche um einen Snack zu bereiten und Kindern schmerzten die Augen, weil der Kopf auf das Micky Maus-Heft gerichtet war, die Pupillen aber auf die Mattscheibe stierte. Dreissig Sekunden genügten um die Werte von Moral und Anstand einer gesitteten Familie über den Haufen zu werfen. fa-werbungNun, zumindest diese Werbung würde heute nicht mehr akzeptiert werden. Die Frau müsste etwas Orangenhaut haben und leicht adipös veranlagt sein. Gesund eben. Dazu müsste sie auf dem Arm ein adoptiertes, schwarzes Kind tragen, zu Füssen hätte ein dreibeiniger Strassenköter zu liegen und im Hintergrund würde der Opa auf ein Spenderorgan warten. Dies sind in etwa die Aspekte, welche das Bild des Durchschnittsbürgers reflektieren sollten. Die Werbung, welche Dich und mich ansprechen sollte und wenn nicht, dann wäre mit mir und Dir was nicht in Ordnung.

Ich zappte weiter auf RTL. Seit Tutti-Frutti der Nackedeikanal schlechthin.
Gestern strandeten zwei Singels auf einer Insel. Adam und Eva nennt sich das Format. Das Experiment soll zeigen, ob sich zwei Personen einander annähern können, ohne von Oberflächlichkeiten wie Wohlstand im Allgemeinen und Kleidung im Speziellen beeinflusst zu werden.
Es dreht sich also um tiefe, innere Werte, welche einen Menschen ausmachen. Wie Vulva-Formen, Penislängen, Brustgrössen und Schambehaarung.
Mehr oder minder planlos dümpeln sie auf der Insel und der Zuschauer spienzelt eigentlich nur um einen Blick auf die Geschlechtsteile zu erhaschen, sei es zu Vergleichszwecken oder einfach der Lüsternheit willen.
Eigentlich, nebst dem spienzeln, blieb ich hängen, weil mir die Sache so furchtbar sinnlos erschien. Da strandete ein weiterer Adam auf der Insel. Ein Bild von einem Mann, ein muskulöser Gastronom welcher in jeder Hinsicht besser bestückt war, als der bisherige Adam. Ein Wettstreit sollte nun die Sache in Schwung bringen. Statt sich ordentlich zu kloppen, mussten sie jedoch ein Bild malen. Ich glaube es sollte einen Bezug zu Eva haben, während der Aufgabeninstruktion war ich im Obergeschoss am Bier holen.
Der schmächtige Adam zeichnete ein Herz, eine Sonne, wie es in jedem ordentlichen Kindergarten in vierzehnfacher Ausführung zu finden ist. Der Adonis zauberte mal eben Botticelli’s Geburt der Venus auf die Leinwand.
Dafür hat er sich ein Date verdient. Ich begann mich zu langweilen.
Bei Sekt unter der Palme, erkannte Eva Adam. Also nicht im biblischen Sinne. Aber sie kam zum Schluss, natürlich nur auf die inneren Werte achtend, dass der muskulöse Gastronom schon eher ihr Typ wäre.
Inzwischen bastelte der andere…

Ich schaltete ab.
TV ist nicht mehr das, was es mal war.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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