Hauptsache gut verwaltet

Für den Laien und nicht HSG-Absolventen stellt sich unweigerlich einmal die Frage; wieviele Kontrolllisten muss man führen, bis die Aufwendungen die Marge aufgefressen haben. Und das Nachzählen der Artikel beim jährlichen Inventar ist dabei noch nicht berücksichtigt.

Ein unscheinbarer Gegenstand, wie eine Smartkarte der örtlichen Kabelnetzbetreiberin, hat für den Detailhändler eine Gewinnspanne von null Schweizer Franken, wenn man über den Faktor Dienstleistung hinausschaut, streicht man sich sogar noch etwas ans Bein.

Doch kein Artikel zu klein, um ihm nicht durch den Verwaltungsaufwand entsprechend zu würdigen.
Da spaziert ein Mitarbeiter zur Kabelnetzbetreiberin und holt zehn Karten.
Dies sind spazierende 47 Franken 20. Aus einem für Laien nicht nachvollziehbaren Grund, Laien sind zum Verständnis solch tiefschürfender Argumente zu unqualifiziert, werden nie mehr als zehn Karten geholt, ergo schon eine Abschreibung von nahezu einem Fünfliber pro Karte.

Zurück im Betrieb erstellt er eine schöne Excel-Tabelle mit der Nummer jeder Karte.
Nochmals 23 Franken – wenn er schnell tippt – plus Papier, plus Toner. Farbtoner, versteht sich.
Die Liste liegt nun auf.
Wird eine solche Karte an den Kunden abgegeben, hat der Techniker den Namen des Kunden in die Liste einzutragen, im Kundenstamm die Kundennummer zu suchen und diese ebenfalls einzutragen.
Einfach weil es so sein muss, dies muss man nicht näher erklären, ergibt auch keinen Sinn.
Pro Kunde nochmals um die zehn Franken Aufwand.

Die Karte wird geliefert.
Beim Kunden nimmt man den gedruckten Arbeitsrapport, zieht einen leeren Dienstleistungsrapport hinzu und überträgt sämtliche Kundendaten mit Kundennummer, Gerätenummer, Schuhgrösse und die Uhrzeit des letzten Stuhlganges auf den Dienstleistungsrapport.
Und natürlich die Nummer der Karte.
Zudem wird die Kartennummer auf einen Vertrag zu Handen der Kabelnetzbetreiberin geschrieben. In des Kunden Räumlichkeiten wird ein hübscher, kleiner Schreibkontor eröffnet. Neben Fliesentisch und Macrame-Eule.
Zurück im Betrieb wird der Arbeitsrapport mit dem Dienstleistungsrapport und dem Vertrag in ein Fach gelegt. Natürlich erst, nachdem noch zwei Kopien erstellt wurden. Auf dem betrieblich genutzten Home-Office Farbkopierer mit einem höheren Tonerverbrauch als eine Posterdruckerei im Schichtbetrieb.

Die Tage nimmt eine Dame im Büro den Dienstleistungsrapport, kontrolliert die Nummer mit dem Vertrag, tippt die Nummer in das Verwaltunsssytem ein und ruft den Techniker an, weil die Nummer nicht mit der ursprünglichen Bezugsliste der Karten korrespondiert. Kommt ihr noch nach?

Die Sache duldet keinen Aufschub, der Betrieb steht still! Eine Mail verfasssen ist keine Option. Der Techniker, gerade unterwegs, fährt in den nächsten Acker, notiert auf seinem Sandwichpapier – im Idealfall, im schlimmsten Falle wird eine Kopie eines Dienstleistungsrapport der Abschrift eines Lieferrapports verwendet und sorgt für die nächste Verwirrung – die Nummer, den Kunden und seine Haarfarbe. Nun lässt er alles stehen und liegen, rast in den Betrieb um die Nummern mit der zusätzlich geführten Liste zu vergleichen. Würde er diese Priorität nicht setzen, wäre der Anruf ja sinnlos und sinnlose Anrufe können wir uns nicht leisten!
Diese ist mittlerweile im Müll, weil die Liste voll war und weiter keinen Zweck erfüllt, als dass sie eben ausgefüllt wird und damit ihren Beitrag geleistet hat.

Daraufhin meldet er der Administration, dass er hier nichts mehr eruieren kann. Will melden, die Administration ist gerade in den Feierabend gegangen.
Daraufhin tippt er sämtliche Nummern in eine Mail. Mit einer Kopie an die halbe Belegschaft, dass sich jeder kurz damit befasse.

Mit dem Rechnen habe ich mittig der Zeilen aufgehört.
Die Ironie an der Sache ist, das kein Schwein die Nummer diesen Karten braucht, bis auf die Kabelnetzbetreiberin.
Und so die Administration der Kabelnetzbetreiberin zu einer Karte keinen Vertrag erhält, stellt dies der Kunde nach 20 Tagen fest, da er ab sofort nicht mehr fern gucken kann und meldet sich von sich aus. Vorwiegend abends um viertel vor neun. Auf dem Piketttelefon.
Aber trotzdem; Vor 29 Monaten war ein Fall, da war man froh über diese Liste. Ein Vertrag wurde nicht fristgerecht weitergeleitet. Ein Krisenstab wurde einberufen und Notrationen ausgegeben.
Der Triumph des Urhebers der Tabelle hält bis heute an.

Wir sehen; Wenn einem sonst die Arbeit auszugehen droht, braucht man nichts weiter als eine Seriennummer auf einem absolut irrelevanten Artikel, welcher keinerlei Gewinn einfährt und ein mittelständisches Unternehmen kann wunderbar 287 Stellenprozente verwenden um sich selbst zu verwalten.smartcard

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
Dieser Beitrag wurde unter He works hard for the money, Vom Leben und gelebt werden veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.