Im Prinzip

Eigentlich hatte ich Durst, daraufhin wollte ich den Gefrierschrank enteisen, was meine Küche beinahe in Flammen aufgehen liess und nur weil ich am Vorabend im Kino war.

Grundsätzlich bin ich ein sehr intoleranter Mensch. Dennoch kreuzt bisweilen jemand meinen Weg, welcher diesen Grundsatz in seinen Grundfesten erschüttert. Nehmen wir Bella; Ich behaupte, was immer sie anstellen würde, meine Begeisterung würde keine Grenzen erfahren.Aber diesen Zug kennen meine Leser, unterhaltsam ist wohl eher die andere Seite.

Samstag Abend, über blühendem Land, schon seit Mittag stand ich am Strassenrand…
Nicht direkt, aber ich machte mir Gedanken, wie die Zeit auf angenehme Weise totzuschlagen wäre. Obwohl ich schon am Vorabend im Lichtspieltheater war, stand das dunkle Etablissement abermals oben auf meiner Liste. Man ist auch nicht mehr der Jüngste, mein Freundeskreis überschaubar bis inexistent und die ortsbedingte zu erwartende Minimierung der Kommunikation liess daher auch eine Dame in die engere Wahl schreiten.
Obwohl…
Kino ist ein guter Platz für ein erstes Date. Vor dem Film führt man etwas Small Talk, während des Films kann man sich durch den Kopf gehen lassen ob diese Sache, verbal gesehen, vertiefenswert wäre und nach dem Film ergreift man dementsprechend diplomatisch die Flucht oder bittet zu einem gemeinsamen Bier in eine genehme Lokalität.

Nun war dies nicht das erste Date und deswegen die Hemmschwelle etwas hoch.
Gerade weil ich so intolerant bin.
Gerade weil ich wusste was mich erwartet.
Gerade weil ich ja am Vorabend im Kino war und nun nicht acht Blockbuster zur selben Zeit laufen.
Eine Rückblende zum ersten Kinobesuch welcher eigentlich schon, ohne dies nun auszuführen, unter einem schlechten Stern startete; Ich jedoch höflich genug bin, den Menschen eine Chance einzuräumen, mich zu gewinnen.

An der Essensausgabe lief alles noch nach Schema F. Sie wollte Nacho’s, also nahm ich PopCorn. Situationsbedingt entscheidet man sich innert Sekunden für sein eigenes Süppchen oder denkt sich, dass ein gemeinsames Naschen aus einer Tüte ‘oh tschuldigung’ durchaus den Film versüssen kann.
Also meine eigene Packung und selbige lag auf dem freien Platz zu meiner Linken; Keine Missverständnisse betreffend Gütertrennung aufkeimen lassen.

Kleine Kinderhände falten aus einem Stück Pappe eine Schale welche einerseits eine Wanne für die Chips bildet und auf der anderen Seite eine Aussparung für das Saucen-Schälchen beinhaltet. Denn, was viele nicht wissen; Erst durch das Eintauchen eines Tortilla-Chip in die Sauce oder durch dessen Überbacken mit Käse, wird daraus ein Nacho.
Besagte Schale wird im Bundle mit versiegeltem Saucen-Dip-Schälchen und verschweisster Packung Tortilla-Chips im Zuge der Transaktion über den Tresen gereicht. In diesem Fall, meiner weiblichen Begleitung.
Der gemeine Kinobesucher trifft vor Beginn des Lichtspiels Vorbereitungen und fügt die Schale gemäss obenstehender Beschreibung ihrem Verwendungszweck zu.

Der normale Kinobesucher.
Von der Selbstverständlichkeit dieser Aktion ausgehend, widmete ich meine Aufmerksamkeit weniger dieser Tatsache und führte eine seichte Konversation während ich den SEMA-Sprachreisenkatalog durchblätterte. Nicht weil ich einen Sprachaufenthalt plane, auch wenn mich mein gesamtes Umfeld, die Damenwelt im Speziellen, im Ausland gut aufgehoben sähe, sondern schlichtweg aufgrund der dürftigen Bereitstellung weiterer Lektüre im Entrée des Lichtspielhauses.
Im Saal wurde es dunkel, der Film begann, die Produktionsfirmen wurden aufgelistet. Das THX-Intro durch, der Film begann.
RATSCH!
Neben mir wurde die Packung Tortilla-Chips aufgerissen. Beim Gastgeber in die Tischdecke zu schneuzen ist nur wenig unanständiger. Bevor ich mich jedoch ordentlich entrüsten konnte landete schon ein Dip-Spritzer auf meinem Handrücken, obwohl selbiger zur Wahrung der Distanz beinahe unter meinem Oberschenkel ruhte, und ich fürchtete um meine Hemdmanschetten.
Intolerant, aber dennoch die Ruhe selbst. Ich versuchte möglichst viel von der Handlung auf der Leinwand zu erhaschen, in Erwartung, dass zu meiner Rechten gleich mit der Geräuschentwicklung eines Kies entleerenden Brummi die Tüte in die Schale gekippt werde.
Ruhe…
Nichts geschah, ich riskierte einen scheuen Blick. Die Tüte ruhte auf dem Schoss, ich war irritiert. Nicht lange.
Raschel, knack knack knack…

Sie fischte jeden einzelnen Chip geräuschvoll aus der Tüte, dippte ihn und zerkleinerte ihn daraufhin im leicht geöffneten Mund in verdauungsgerechte Stückchen. Statt des Kies entleerenden Brummi, sass ich nun neben einem Steinzertrümmerer, die ganze Halbzeit hindurch konnte ich die Nachos akustisch mitgeniessen.

Der Gentleman schweigt und … Ja, schweigt eben. Die Sache war wortwörtlich gegessen.

Aber; Es war Samstag Abend, mir war langweilig und, ich gestehe, ich war in der sehr chauvinistischen Annahme, dass eine SMS genüge und ich eine Begleitung für den Kinobesuch hätte.
Doch es erschien mir nicht Rechtens, einen Menschen zu ‘benutzen’ nur weil mir langweilig war. Besitze ich wohl viele feminine Züge; Diesen nicht.

Also widmete ich mich mir selber. Gewissermassen. Wollte mich angenehm zuschütten und setzte an für einen leckeren Campari-Soda Eis aus dem Gefrierschrank zu fischen.

Fortsetzung folgt….

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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