Irgendwie eine Erklärung und so…

Die Tage kann ich meiner Schreibeslust nicht in diesem Mass fröhnen, wie es mir belieben würde.
Chume nid derzue.

Was natürlich kompletter Unsinn ist.
Nach dem frühmorgendlichen Augenzwinkern beginnen wir Prioritäten zu setzen und unterwerfen den Tagesablauf selbigen. Und würde ich wirklich wollen – Schoppenhauer würde fragen, können wir wollen was wir wollen – hätte das Tippen seinen Platz erhalten und vielleicht das fernsehen den seinigen abgetreten.
Wobei dieser sehr gering ist, da dem Blick in die Welt durch die plexigläserne Mattscheibe meines Plasmabildschirms derselbe hohe Stellenwert wie etwa der Aussaat der Erdbeeren beigemessen wird. Ich betreibe keine Agri-Kultur im Hinterhof, da auf selbigem ein Schulhaus steht und ich auch nicht weiss, ob Erdbeersamen den Winter überstehen.
In einem atypischen Sparakt beschloss ich, dass mein Fernsehkonsum die Investition in Pay-TV nicht mehr rechtfertigt, kündigte das Abonnement und erhalte fortan monatlich ein Schreiben der Firma Teleclub, tränenbenetzt, ob ich nicht zu einer Umkehr zu bewegen wäre. Einen Wimpernschlag erwog ich die aussergewöhnliche Situation zu erklären. Darzulegen, dass es nichts persönliches sei, kam jedoch zum Schluss, dass sie mich als regelmässig zahlenden Kunden nie sonderlich umgarnt hatten, was der Sache vielleicht doch einen persönlichen Anstrich verleiht.
Als Vollzeit arbeitender Mann und Teilzeit Hausfrau fehlte mir schlichtweg die Zeit, das durchaus umfangreiche Entertainment-Angebot in diesem Ausmass zu geniessen, wie es der monatliche Einzahlungsschein erfordert hätte.

Nun gucke ich fern, wie es unsere Urväter taten. Nach 15 Minuten zappen schalte ich das Ding jeweils ernüchtert aus. Kommt eh nur Scheiss. Wie die Urväter schon orakelten.

Glücklicherweise überrollte Netflix die Schweiz. Für eine Appel und ein Ei sieht man unlimitiert Serien und Filme. Wann man will, ohne Werbeunterbrechung, so oft man will. Nahezu paradiesisch. Wenn man auf Filme wie „Supershark gegen Ur-Dino-Krokodil, das Strandmassaker 14“ oder filmschaffen von ähnlich künstlerischem Wert steht.
Es finden sich jede Menge Serien im Angebot, will ich nicht bestreiten. Erscheinen brandneu auf Netflix, nachdem RTL 2 bereits das Finale der Staffel 4 ausstrahlt. Ist so ein Schweizer Datenschutz-Urheberrcht-Schmiergeld-Problem.
Die ganze Sache läuft über Apple TV. Diese kleine Wunderbox, welche die Videothek ersetzt. Die Krux liegt darin, dass die globale Videothek mehrere Eingänge besitzt. Also zwei. Wobei einer davon eigentlich kein Eingang ist, sondern eher ein Loch in der Mauer, welches in ein dunkles, vergessenes Hinterzimmer führt. Dieser ist für die Schweizer.
Unsere nördlichen, östlichen, westlichen und überhaupt alle Nachbarn gelangen über den roten Teppich an eine Empfangsdame namens Siri. Dieser erklärt man, welchen Film man gerne hätte, oder wünscht sich eine Empfehlung nach diesen und jenen Kriterien, oder lässt gleich Siri entscheiden, welche die Präferenzen des Kunden erschreckend genau kennt.

Warum dies in der Schweiz nicht funktioniert wissen die Götter, die Option Siri ist einfach nicht freigeschaltet. Dank der neuen Wisch-Tipp-Fläche der Fernbedienung kann man natürlich die Titel auch manuell eingeben. Geht in etwa so flott, als würdet ihr sie in Granit meisseln. Mit einer harten Spaghetti als Meissel. Früher präsentierte Apple noch einige Schmankerl aufgrund meines bisherigen Fernsehkonsums. Genius nennt sich dies. Der Peinlichkeit wird ein Riegel geschoben, da Apple-seriös keine Schmuddelfilme anbietet, man also auch nicht in kaltem Angstschweiss badet, so einem bei den Filmvorschlägen jemand über die Schulter blickt.
Genius funktioniert auch nicht mehr. Apple-TV geht davon aus, als Schweizer würde ich auch gerne Schweizer Filmschaffen sehen. Solch Schmarrn wie „Brakeout“ „Letzte Usfahrt Örlike“ und „Das Blocher Experiment“. Natürlich in sämtlichen Landessprachen.
Früher konnte man zumindest noch nach Genre aussuchen, steht einem der Sinn nach Western, Horror, Komödie oder einem Indiefilm. Die Genre wurden zusammengestrichen. Ich kann wählen zwischen „Französische Sprache“ und „Alle Filme auf diesem Planeten“. Das neue Apple TV gleicht also einer Videothek mit 1000 cineastischen Werken. Allesamt in einer schwarzen, unbedruckten Hülle.

Kurz gesagt, ich widme der multimedialen Berieselung herzlich wenig Zeit. Statt dessen fröhne ich der körperlichen Ertüchtigung, was auf Kosten der Schreibtätigkeit geht. Als Minderheit habe ich dem Ostblock das Feld geräumt; Die sportlich Aktiven mit Migrationshintergrund haben die begehrte Trainingszeit gleich nach Feierabend erhalten, ich schneie so gegen halb acht in das Center. Da bleibe ich bis um halb zehn, um zehn ist Zapfenstreich, da bleibt nicht viel Zeit zum schreiben. Des weiteren stelle ich fest; Wenn man den Löwenanteil der Freizeit dem Sport unterwirft, pendelt sich die intellektuelle Leistungsfähigkeit irgendwo auf dem Level Ribéry-Ronaldo ein, sprich; Ich bin zu dämlich mir selber die Schuhe zu binden, aber springe wie ein Reh und könnte einen ausgewachsenen Hirsch stemmen. Ja, ich spüre förmlich wie ich dümmer werde, was für das Verfassen eines Textes was für das Verfassen eines Textes was für das Verfassen eines Textes irgendwie nicht hilfreich ist.

Die Zeit vor dem Training überbrücke ich mit einem Studium der Tagespresse.
Heute stellte ich fest, dass das Volk je länger je mehr an den Politikern vorbei politisiert. Respektive, wir wählen nicht so, wie es die Politiker für uns angedacht haben, was das politisieren an sich furchtbar schwierig macht.
So muss dem Schaffhauser Tourismus nach der Verweigerung weiterer Zahlungen ein Sonderkredit gesprochen werden, damit dieser trotz abschlägigem Entscheid durch das Stimmvolk dennoch zu seinem Geld kommt. Ist doch furchtbar umtriebig und das nur, weil wir nicht so wählen, wie es richtig wäre.
Und dann diese ewig leidige Zuwanderungsinitiave. Hätten wir damals richtig entschieden, müsste der Bundesrat nicht ewig um den Segen der EU betteln.

Doch die Probleme sind auch ausserhalb der Schweiz erkennbar. So ist der Staat Deutschland eifrig daran Möglichkeiten auszuloten, die rechtspopulistische Partei AFD zu verbieten, weil die Meinung des Volkes irgendwie nach rechts tendiert, was man so nicht goutieren kann. Die Rechnung ist einfach; Ekel-Alfred kann noch so rechtsorientiert denken, solange er keinen Regierungsvertreter erhält, kann man ihn getrost ignorieren. Eine rechtsradikale Ausrichtung passt einfach nicht in das „Herzlich Willkommen“-Image von Deutschland. Das muss das Volk einfach verstehen.
Man blickt ein wenig ängstlich nach Frankreich und dem Erdrutsch-Etappensieg der rechten Front National. Wobei die Franzosen ein etwas spezielles Wahlsystem haben. Sie wählen nicht die kommende Regierung, sondern strafen die aktuelle ab. Ist so ein prinzipielles Ding. Nach dem republikanischen Sarkozy war klar, dass der Sozialist Hollande zum Zug kommt. Da dessen Regierung, zumindest bis vor den Terroranschlägen, ein wenig was von einem nassen débarbouillette hatte ist klar, dass die Stimmung wieder nach rechts kippt. Dank, wenn man dies so nennen darf, den Vorfällen in Paris nicht nur auf Seite Sarkozy, sondern gleich noch eine Ecke weiter in das Lager der Le Pen’s.

Der nächste Sonntag wird zeigen, welche Gesinnung die nächsten fünfzehnhundert Regierungsvertreter aufweisen.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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