Landesverweis mit Status NEE, wie weiter?

Achmed hat mich weiter beschäftigt.
Ich durchforstete das Online-Archiv meiner Tageszeitung, eine tolle Sache, nach Gerichtsurteilen.
Wir wissen ja, die Verhältnismässigkeit der Schweizer Gerichtsbarkeit sorgt bisweilen für etwas Verwunderung. Gerade im Bereich des Strassenverkehrs wird die Todessstrafe nur ausgesetzt, weil es wirtschaftlich nicht vertretbar ist, dass man die gute Milchkuh zum Schlachter führt.

So wird in der Schweiz eine Geschwindigkeitsübertretung ohne weitere Folgen härter bestraft, als wenn man unter Zuhilfenahme eines Fahrzeugs wirklich jemanden um die Ecke bringt.

bekiffter-rentnerWie wir sehen, wird das Lenken eines Fahrzeugs in bekifftem Zustand begrüsst, während ein konzentriertes Schnellfahren eine höchst fahrlässige Handlung darstellt.

busseAlso unter uns Pastorentöchtern; Nicht, dass ich das Schnellfahren per se verniedlichen will, aber auf dieser Strecke, zur Rechten nur noch Industriebauten mit Kein-Vortritt-Einfahrten und zur Linken Ackerbaufläche, fuhr gewiss mancher unter uns schon unbeabsichtigt schneller als die zugestandenen 50 km/h.

Während der Durchforstung der Urteilssprüche weckte aufgrund der parallelen zu unserem Achmed folgender Fall mein Interesse.
asylbewerberUnbeantwortet blieb ja die Frage, warum Achmed trotz der Auflage das Land zu verlassen noch hier war und was er trieb.

Nennen wir den Iraner Hussein.
Hussein hatte im Dezember 2014 eine handgreifliche Diskussion, aufgrund derer ihm eine Haftstrafe von 10 Monaten auferlegt wurde. Am 9. Juni des Jahres 2005 hatte er diese abgesessen und hätte darauhin das Land verlassen müssen. Es ist eine Schweizer Eigenheit, dass wir böse Buben gerne noch etwas einsperren, bevor wir sie bitten, das Land zu verlassen. Das Geld der öffentlichen Hand wächst gewissermassen ja auch auf den Bäumen und dies jedes Jahr aufs Neue, da muss man nicht haushälterisch sein.

Ein Asylbewerber mit dem Status NEE (Nichteintretensentscheid) erhält eine Tagesfahrkarte für die SBB, damit er mit selbiger in seine Botschaft fährt und seine Reisevorbereitungen treffen kann. Ein NEE erhält man, wenn eine Rückkehr in das Heimatland zumutbar ist und/oder der Asylbewerber ein kleiner Spitzbube ist und sich mit der Schweizer Gesetzgebung etwas schwierig tut. Wieviel Schabernack man treiben muss und was zumutbar ist, da streiten sich im Moment das Linke und Rechte Lager. Während Toni Brunner der Meinung ist, wer hier sei hätte sich ohne wenn und aber an das Gesetz zu halten oder sollte nach Hause gehen, vertritt Frau Sommaruga die Meinung, dass eine aufgeschlitzte Kehle nicht im Grundsatz ein schweres Delikt sei und man die Fälle sehr differenziert betrachten soll.

Mit der Ausreise ist es so eine Sache.
Einerseits muss der abgewiesene Asylbewerber auch wirklich nach Hause wollen, anderseits muss der Heimatstaat ihn auch wieder aufnehmen wollen. Dies wird mit gegenseitiger Unterzeichnung der Reisepapiere zum Ausdruck gebracht. Stellt sich hier einer quer, ist die gesamte Geschichte hinfällig. Des weiteren tragen die wenigsten Asylanten ihre Ausweise wie ein Ferien(s)pass um den Hals, eher drehen diese in einer Kläranlage ihre Kreise, was die ganze Sache beinahe unmöglich macht.
In Ausschaffungshaft kann man einen des Landes verwiesenen Spitzbuben übrigens nicht nehmen. Dies geht nur, wenn eine Rückführung absehbar ist. Klingt merkwürdig, ist aber so.

Nun spazierte der frisch entlassene Hussein an diesem sonnigen Montag vom Gefängnis in Richtung Bahnhof, als er zur Linken das Sozialamt sah. Kurzerhand drehte er auf dem Absatz links herum und beantragte Sozialhilfe.
Was ihm mit dem Status NEE auch zusteht, so das Schweizer Gesetz. Im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln des Miteinander, werden Asylbewerber von der Flüchtlingshilf mittels Flyer über ihre Rechte sehr genau aufgeklärt. Erhält er diese nicht, stellt ihm die Schweiz einen Rechtsanwalt zur Seite, welcher wiederum die Schweiz wegen unterlassener Hilfeleistung einklagt. Also gibt man besser gleich eine Tüte Geld, bevor sich der Hund in den eigenen Schwanz beisst.

Nun genoss Hussein also seinen Urlaub im kleinen Paradies und nuckelte regelmässig an der Zitze des Sozialamtes.
Bis er am 19. Juli im Mosergarten über zwei Polizisten stolperte welche ihm nahelegten, er möge doch in den nächsten drei Monaten seinen Auflagen nachkommen und die Schweiz verlassen.
Diese Dreistigkeit lag Hussein derart quer im Hals, dass er schnurstracks in der Sunset-Bar seinen Ärger hinunterspühlen musste. Dort musste ihm nochmals ein Einheimischer blöd gekommen sein, jedenfalls flogen die Caipirinha-Gläser kreuz und quer durch das Lokal. Was ein Caipirinha-Glas von einem normalen Trinkglas unterscheidet weiss ich nicht, aber das Gericht legte Wert darauf, dass es eben ein Caipirinha-Glas war. Vielleicht ist es etwas filigraner als ein Bierhumpen mit Zinndeckel und daher auch nicht so schwer zu gewichten.
Der Wirt fürchtete um Inventar und Gäste, griff ein, worauf ihm ein Caipirinha-Glas über den Schädel gezogen wurde.
Erbost von diesem ungastlichen Gebaren der Schweizer, stapfte Hussein zeternd und schimpfend wie Rumpelstilzchen über den Bahnhofplatz, wo er von der Polizei aufgegriffen und eingesperrt wurde.

Wegen des Rausches sei ihm leider jegliche Erinnerung abhanden gekommen, liess Hussein während der Verhandlung durch seinen Anwalt verkünden. Daraufhin wäre für ihn die Sache eigentlich erledigt.
Aber er möchte sich durchaus kooperativ zeigen, möchten wir nicht unerwähnt lassen. Er würde 5 Monate bedingt akzeptieren, so diese in eine Massnahme umgewandelt werden, im Zuge derer er in einer Klinik von seinem Alkoholproblem geheilt würde. Asylanten mit dem NEE haben Anrecht auf medizinische Hilfe, dies klingt doch durchaus annehmbar.
Des weiteren sei er über seine Ausreisepflicht ungenügend informiert worden, zudem sei die Reiseorganisation furchtbar lausig gewesen, so der Herr Anwalt weiter.

Der Richter, muss von altem Schrot und Korn gewesen sein, pfiff auf des Anwalts Traumpalast und verordnete 12 Monate Haft. Unbedingt. Daraufhin ein Landesverweis für sieben Jahre. Wobei wir dann wieder gleich weit wären wie am 9. Juni 2005.
Hier verliere ich die Spur. Es wäre der Recherche zuträglicher, wenn die Medien Namen drucken würden.

Ob die im Iran ihren Hussein wieder möchten ist offen und für eine Zwangsausschaffung muss der Zwangsauszuschaffende seine schriftliche Einwilligung geben.
Klingt abermals komisch, ist aber so.
Wobei; Die Schaffhauser haben sich letztmalig im Jahre 1982 an der Urne per Stimmabgabe ausgesprochen, dass sie gebüsst werden wollen, wenn sie keine Stimme abgeben.

Also so merkwürdig ist dies in Schilda gar nicht.

Zumindest wissen wir nun, was ein Asylbewerber so treibt, wenn er von der Gerichtsbarkeit aufgefordert wird, das Land zu verlassen. Wie der Fall Achmed zeigt, sind die Schaffhauser etwas überfordert, wenn einer der Aufforderung nachkommt, wie auch im Fall Hussein, wenn einer partout nicht gehen will.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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