Let-op / op location!

Military Megastore, auf siebenhundertfünfzig Quadratmetern!

Mein räumliches Vorstellungsvermögen streikt bei Quadratmetern, wohl kann ich es errechnen, aber ob zum Beispiel 300 Quadratmeter eine grosse Wohnfläche ist… keine Ahnung.
Aber ich weiss um die Grösse der alten Coop-Filiale in welcher der Megastore in Neuhausen einzieht.megastoreSelber wäre ich nicht auf die Idee gekommen den Laden zu betreten, aber mein Bruder äusserte den Wunsch, letztendlich ist er gerade seine Packung am erstellen, und da ich ihn wohl einige Monate lang nicht sehe, nutzte ich die Chance.
Nicht zuletzt, weil ich so geschickt um ein Gspürsch-mi-Essen bei Mutti herum manövrierte. Er braucht dies nicht, ich brauche dies nicht, aber die gute Frau Mutter hält gern an der illusorischen Heile-Welt-Familie fest und die Fassade muss krampfhaft aufrecht erhalten werden. Glücklicherweise fühle ich mich durch alleinige Blutbande in keiner Hinsicht verpflichtet und schlage höflich aber bestimmt 99% solcher Einladungen aus.

Der Mietpreis der Lokalität muss sehr tief sein. Der Laden wirkt übertrieben aufgebläht, die Regale unangenehm leer, man müsste sich nahezu überwinden einen Artikel zu greifen, da er Einrichtungsgegenstand, Dekorartikel und Einzelstück zu gleich sein scheint.
Original Schweizer-Militär-Schoggi, welche ich in dieser Art in meinem Aktiv-Dienst nie kredenzt erhielt, begrüsst einem am Eingang, gleich neben der Messervitrine. Ein kleiner Junge erkundigte sich soeben, ob man mit der ausgestellten Machete einen Kopf abschlagen könnte, Papa konnte nicht antworten, weil ihm bei so viel Armeekram der Sabber aus dem Mundwinkel troff.
Natürlich wurden Original-Schweizer-Armee-Artikel feil geboten. So sie gerade einen Feuerwehrschlauch 79 oder eine Feldtaschenlampe 69 suchen. Ich bin zuwenig in die Tiefe gegangen oder habe zuwenig Truppengattungen besucht, aber mehr habe ich auf einen flüchtigen Blick an authentischem Material nicht erhascht.
Der Rest zeichnete sich einfach durch eine feldgrüne Färbung aus. Zelt-Heringe, Kocher, Spannseile, Spaten; Alles was sich der klassische vierzehn-Tage-Abenteuerer für den Ausflug auf den Migros-Parkplatz nunmal so in den Offroader packt. Man weiss schliesslich nie, wo es einem hin verschlägt. Stell dir vor, du erstehst gerade frisches Klopapier und draussen bricht die Apokalypse los, da wirst du noch froh sein, dass du die Sandbleche an den Wagen gehängt hast.

Gut die Hälfte der Fläche ist für Kleider reserviert.
Gewobene, die Männlichkeit unterstreichende in Testosteron getränkte Baumwolle in oliv, feldgrün oder camouflage. Hosen, Pullover, gar ein Röckchen, welches mein Bruder sehr schick fand. Nun, man muss es tragen können.
Dementsprechend war auch die Klientel vertreten, welche ich in einem solchen Laden erwartete.

Während der ganze Raum mit einem Hauch Eau-de-Zeughaus behaftet war, hatte man gelegentlich den Eindruck, gerade eine schlecht belüftete Bier-Schanke zu durchschreiten, wann eben immer ein camouflagter Freizeit-Rambo neben einem ausatmete.
Militärklamotten tragen ist so eine Sache und Camouflage eine eigene Abteilung.
Natürlich besitze ich auch eine gefleckte Freizeithose, weil es einfach ungemein praktisch ist. Die fettigen Finger, die schwarze Grillzange, das ölige Messer und der Rest aus der Bierflasche. Alles über die Hose und sie sieht immer noch aus, wie aus dem Regal gezogen. Beim campen nicht unverzichtbar, aber ersetzt gute drei Hosenwechsel. Ja, solch ein Schwein bin ich.
Ansonsten finde ich das Tragen von Camouflage-Hosen eher abwegig. Eine Jacke im Tarnmuster ist ganz ok. So man sieben Jahre alt ist und gerne verstecken spielt.

Natürlich hat sich die männliche Kundschaft stilgerecht gewandet. Bis nahezu übertrieben. Eine Hose der Fremdenlegion, die Jacke gefleckt,  mit Abzeichen behangen, halb Rangers, halb Special-Forces – konnte sich wohl nicht entscheiden, welche cooler waren oder war ein Opfer seiner Dummheit – und zur Krönung eine Schirmmütze der Royal Air-Force; Der Typ manifestierte die gesamte allierte Streitmacht und schämte sich seines Auftritts kein bisschen. Nicht, dass ich im Erkennen von Uniformen sonderlich geschult wäre, es war alles idiotensicher beschriftet. G.I Joe war etwas grösser als ich, dennoch konnte ich nicht an mich halten und prustete im Chor mit meinem Bruder laut los, als der Herr mit kantigem Gesicht, in solidem Schuhwerk mit seinem US-Army-Klettanhänger um das Regal bog. In der Hand ein NCIS und ein FBI-Shirt in schwarz.
Respekteinflössend.

Natürlich waren auch Damen anwesend. Mit raspelkurzen Haaren, propper und dem unwiderstehlichen Charme der Kampflesbe. Gerade am Rucksack suchen, das Model Minimi machte das Rennen und sah an ihrem schmächtigen Mann irgendwie knuffig aus. Fehlte nur noch der Orange-Reflektorstreifen und ab in den Kindergarten.
Die alten Säcke, welche nicht lange fern bleiben so der Hauch von Militär durch die Gassen wähnt, wirkten eher konsterniert, es war wohl schlichtweg zu wenig alter Zeughausschrott und zu viele moderne Campingstühle, Alu und Kunstoff im Allgemeinen vorhanden. Dabei ist doch gegen den guten alten Klappspaten Modell 56, 8 Kilogramm schwer und auf handlich 148 cm verkürzbar, nichts einzuwenden. Auch die achtzig Kilogramm schwere Feldküche tat stets ihre Dienst, wozu braucht man neumodische Campingkocher?

Nach fünfzehn Minuten bat ich meinen Bruder, wir mögen das Gebäude verlassen. Ab einem gewissen Punkt ist die Fremdschäm-Obergrenze erreicht, zudem ist mein Ego zu klein um damit umzugehen, so mich jemand in diesem Laden sähe und erkennen würde.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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