Liebe Steuerbehörde

Ich – man beginnt keine Sätze mit ich – habe wohl mit der Steuerbehörde meinen Frieden gemacht, aber die neuerliche Rechnung erforderte das Aufsetzen eines Bettelbriefes.
Und denn habe ich so abgesetzt, bei der Ehre meines verschollenen Bruders!

Inklusive Pralinen.

Geschätzte Steuerbehörde,
lieber Onkel Dagobert
(im Dorf wird gemunkelt, es sitze einer im Gemeindehaus)

Es ist mir ausserordentlich peinlich, aber da habe ich mich ordentlich in die Nesseln gesetzt.
Beim Betrachten der aktuellen Steuerrechung vom Mai, der Nachzahlung aufgrund der neuen Berechnung vom September, sowie der Nachsteuer für die letztjährige Steuerrechnung, wurden mir zwei Dinge gewahr.
Erstens, dass ich komplett die Übersicht verloren habe und ihnen hiermit meinen Dank entrichten möchte, dass sie die ganze Angelegenheit im Griff behalten und mir mittels vorgedruckter Einzahlungsscheine einfach vermitteln, welchen Betrag ich Ihnen noch schulde.
Alleine für diesen Service ist schon ein Teil des Steuerbatzens mehr als gerechtfertigt. Nehmen wir noch die Tatsache, dass ich theoretisch Kinder in die Schule schicken könnte, dass ich für wenig Geld einen Laternenparkplatz mieten könnte, dass ich Freitags meine Mülltüte zum Schnäppchenpreis auf die Strasse stellen darf, den lustigen Gemeindeangestellten welcher zu gerne meine Fahrzeuge mit einem neckischen Schneehaufen im Parkplatz festsetzt und die kostenlose Strassenbeleuchtung, lebe ich wirklich für wenig Geld wie die Made im Speck.

Um so unangenehmer – darauf will ich eigentlich hinaus, aber ich ziere mich noch etwas – ist es mir, dass ich in einem Anfall von Grössenwahn in der letzten Steuererklärung wohl eine kleine Goldmiene versteuert habe, welcher ich noch kein Stück Edelmetall entronnen habe. Es kommt noch schlimmer; Ich habe das gute Stück noch nicht einmal gefunden, aber die Steuerrechung lässt keinen Zweifel daran, dass ich sie besitze.
Wie nun weiter.
Ich könnte meine Tasche umhängen, Peitsche umschnallen, den Hut aufsetzen und die Miene suchen, aber ich zweifle, dass mein Abenteuer bis am vierzehnten Oktober von Erfolg gekrönt wäre und an diesem Tag erwarten Sie mit allem Recht der Welt, dass ich einen hübschen Teil meiner Steuer entrichte.
Zudem könnte ich in dieser Zeit nicht arbeiten und dies scheint mir immer noch der sicherste Weg zu sein, Ihre Leistungen zu vergelten.
Doch wer weiss besser als Ihre Behörde, was ich mit meinem täglich Tun nach Hause trage und wenn wir nun noch einen Kalender hinzu nehmen; Man braucht kein sonderlich kluger Mensch zu sein, um die Unmöglichkeit zu erkennen, die Summe von xxxxx Franken bis Ende Jahr zusammen zu kratzen. Nicht, wenn ich zwischendurch noch meinen Gaumen kitzle, die Lippen netze und die horrende Miete für meine Baracke entrichte.

Natürlich könnte ich nun die üblichen Ammenmärchen zu Papier bringen, unerwartete Zahnarztrechung, kranke Mutter, kaputtes Auto; Ach was erzähle ich, sie werden dies schon kennen.
Aber lügen ist nicht meine Stärke, sehen wir generös über die versteuerte Goldmine hinweg, deswegen sage ich klar heraus, dass ich das Geld nicht vorrätig habe.
Zu gerne trinke ich ein Bier, logiere bevorzugt in einem etwas grösseren Hotel, erklärte die Platinkarte bei ESPRIT als Jahresziel – so eine Dame bei Euch arbeitet, sie wird mich verstehen – und nutzte das erarbeitete Geld um mir Spass zu bereiten. Und dann gab es noch diese grosse, teure, blaue Schüssel mit den gelben Blumen bei Interio, was soll ich sagen, ich musste sie einfach haben.
Wie auch immer, basierend auf vergangenen Rechnungen habe ich die Steuern natürlich berücksichtigt, aber vergass die Nachzahlung, welche mir diese vermaldeite, kleine Goldmine eingebrockt haben muss.

Was machen wir nun.
Ich könnte donnerstags Ihre Mülleimer leeren, die Räume etwas durchfegen und freitags den Container auf die Strasse rollen. Sie müssten mich einfach unter der Hand bezahlen, ich habe da gerade ein kleines Steuerproblem.
Natürlich könnten sie auch mit einem Bogen Pfandmarken vorbeikommen, aber glauben sie mir, es wäre die Mühe nicht wert. Und da mein Staubsauger vor geraumer Zeit aufgrund eines Küchenmalheurs ins elektrische Nirvana gerollt ist…
Nein, glauben Sie mir, Sie möchten nicht vorbei kommen.
Selbstverständlich könnten Sie mein Auto verschachern, aber auch hier dürfte der Erlös kaum ausreichen. Zudem ist diese motorisierte Kutsche Basis und Fundament meines kümmerlichen Selbstvertrauens; Dieser Stütze beraubt würde ich zweifelsohne eine Soziophobie entwickeln, arbeitsunfähig werden und über kurz oder lang am Nippel ihrer Sozialhilfe nuckeln, was der ganzen Angelegenheit kaum dienlich sein dürfte.

Geschätzte Steuerverwaltung, ich sehe keine andere Möglichkeit, als dass Sie mir den Betrag etwas stunden.
Es ist unangenehm für alle Beteiligten; Ich zweifle keine Sekunde daran, dass mein Scherflein für das Aufrechterhalten des Staatsbetriebs unentbehrlich ist – vor einigen Jahren wurde mein Gesuch um Steuererlass mit Pauken und Trompeten abgeschmettert, was mich in gewisser Weise mit Stolz erfüllt, da ich mich fortan als unentbehrlichen Teil Ihrer Gemeinde betrachtete – und nichts liegt mir näher, als meine Schuld zu begleichen. Gut, vielleicht ein Bier, ein Hotel oder eine grosse, gelbe Schüssel mit blauen Blumen, aber seien Sie sich gewiss, dass ich der Abtragung meiner Schuld eine hohe Priorität einräume. Nicht zuletzt, habe ich auch Unmengen an Leistungen von Ihnen bezogen; Man denke nur an die Rechungen für das Versäumnis der Gemeindeversammlung, das Bemühen Ihres Umweltschutzbeauftragten bezüglich des betagten Fahrzeugs auf meinem Parkplatz sowie meine zeitraubende Anfrage, betreffend des ausartenden Parkierens an der Herrengasse. Angesichts der Tatsache, dass ich seit neun Monaten auf eine Antwort warte, lässt mich nur im Ansatz erahnen, welche Umtriebe und Aufwendungen ich Ihnen damit bescherte.

Somit ersuche ich Sie um einen weiteren Zahlungsvorschlag.
Mir schwebt vor, dass ich dieses Jahr die Schuld aus meiner ersten Rechnung im gewohnten Rhytmus abtrage und im nächsten Jahr die Nachsteuer, sowie die Nachsteuer der Nachsteuer, worauf wir gewissermassen nahtlos im Juni 2013 mit der Abzahlung der neuen Steuerrechnung beginnen können.
So weiss man wofür man täglich Arbeiten geht und welch grössere Erfüllung kann man erfahren, als einen tieferen Sinn im täglichen Tun erkennen?
Herzlichen Dank auch an dieser Stelle!

Im Gegenzug kann ich Ihnen mit Gewissheit versichern, dass ich nächstes Jahr keine Kinder in Ihre Schule setze, meine Füsse nur ganz behutsam auf die Strasse setze um den Belag zu schonen und Ihren Umweltschutzbeauftragten nicht weiter mit Abbruch-Fahrzeugen auf meinem Vorplatz belästige.
Zudem werde ich wohl meinen Körper feilbieten um einen windigen Steuerberater zu engagieren oder mich mit einer lotterigen Immobilie über beide Ohren verschulden, damit wir nächstes Jahr nicht wieder in eine solche Bedrouille geraten.

Mit bestem Dank für Ihr Verständnis und hochachtungsvollem Respekt vor Ihrer Arbeit,

Ihr untertänigster Bürger und Steuerzahler

RAB

PS: Die beigelegte Schachtel Pralinen habe ich nicht von Ihnen zustehendem Geld gekauft, die war ein Geschenk einer netten, alten Dame.
Was natürlich nicht bedeutet, dass sie die Pralinen nicht auf meiner Steuerrechung in Abzug bringen dürfen.
Dies war jetzt taktisch unklug, nicht wahr? Bei der nächsten Steuererklärung werde ich wohl ein Nuss-Nougat-Konfekt in der Spalte Einkommen unter „Schenkungen und Zuwendungen“ aufführen.
In diesem Sinne.
Wohl sein.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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