Meine Woche und der Staat

Die Wichtigkeit von F-Steckern wird gerne unterschätzt.

Entsprechend der Menge Techniker auf dem Planeten, gibt es identisch viele Varianten diesen Stecker richtig zu montieren und jeder lebt die Überzeugung, er habe die Skills mit der Muttermilch aufgesogen, einzig seine Variante sei die Richtige.
Kommt erst noch ein Kabelnetzbetreiber ins Spiel kann man es nur falsch machen und je älter die Fachleute werden, desto untoleranter werden sie; Benutzt man ein silbernes anstelle eines roten Messers, ist die Sache zum vornherein schon zum scheitern verurteilt.

Soviel zum technischen Exkurs.

Kürzlich wurde ich in ein Kulturheim, oder so ähnlich, gebeten, um eine Satellitenanlage zu installieren. Freitag’s um siebzehn Uhr.
In diesem Haus der Kulturen war der Name Programm. Der Herr des Hauses – sein Wortschatz beschränkte sich auf „Ja“, „Nein“ und „Du musst!!“, wir waren uns auf Anhieb sympathisch – wünschte serbisches TV zu sehen, woraus ich schloss, er müsse aus diesem exjugoslawischen Binnenstaat stammen. Seine Frau erinnerte – so rein optisch – an die arabischen Damen, welche sich auf Kanal 546 meines Satelliten-Receivers abends nach einundzwanzig Uhr feil bieten, was mich zur Annahme führte, dass der Nil wohl an ihrer Wiege vorbeirauschte und die zwei oder drei – so genau kann man diese nicht unterscheiden – Kinder entsprachen colorierungstechnisch einem Jim Knopf.
Aber sie wurden mir als Familie vorgestellt und da die Rechnung via Verwalter zum Steuerzahler geht, interessierte mich die Konstellation auch nicht weiter.
Serbisches Fernsehen… Wohl beschäftigen wir einen Kroaten, aber der röstete im Schrebergarten gerade ein Spanferkel über dem Feuer, war telefonisch nicht erreichbar, ich meinte jedoch mich zu entsinnen, dass er stets Satellitenreceiver aus dem Müll klaubt und sich bei mir erkundigt, ob diese für Hotbird tauglich seien.

Jugo ist Jugo, was dem Kroaten recht ist soll dem Serben billig sein, also wollte ich den depperten Satellitenspiegel dementsprechend auf Hotbird ausrichten. Bei jeder Bewegung wackelte der gesammte Fensterrahmen mit, was mich in dieser Sache nicht direkt vorwärts brachte.

Schon leicht entnervt demontierte ich den kompletten Schrott, schmiss den verbogenen Halter aus dem Fenster auf die Müllkippe Schrägstrich Vorgarten und setzte den Hilti Bohrhammer an um einen neuen Halter zu installieren. Wir befanden uns in etwa im fünften Stockwerk, ich hing über die Fensterbank mit dem Oberkörper aus dem Fenster und vertraute auf den Gripp meiner Caterpillar auf dem schicken Wohnzimmerparkett, welcher sich langsam in die Raummitte zu verschieben schien. Auch baute ich auf den Serben neben mir, dass er mich kaum zum Fenster rauspurzeln lassen würde, solange er noch kein Fernsehen gucken konnte. Der Bohrer frass sich wie ein heisses Messer durch Butter in die marode Wand und ich befürchtete, dass ich die Bohrspitze schwungvoll durch das Mauerwerk in mein Gemächt setzen würde.
Alles glatt, Dübel gesetzt, Halter montiert, Spiegel in der Horizontalen ausgerichtet und festgezurrt. Nun versuchte ich den Empfang mittels vertikaler Ausrichtung zu optimieren, stützte mich voller Zuversicht aus dem Fenster hängend am Ausleger ab…

Es wäre ein toller Unfallrapport oder Totenschein geworden.
Im Prinip unmöglich, aber trotz nahezu drei Viertel meines Körpers ausserhalb des Fensterrahmens, schaffte ich es den Sturz zu verhindern – es muss eine artistische Meisterleistung gewesen sein – während der Spiegel mit Halter, Schrauben und Dübel sich in vollem Masse der Erdanziehung hingab und der Fassade entlang gen Boden sauste. Die Antennenleitung, ein Teil in meiner Hand, das andere Ende an einem sauber montierten F-Stecker an der Antenne, liess den Sturz in eine gemässigte Pendelbewegung übergehen und einem Anker gleich, zog ich den ganzen Zauber wieder der Fassade entlang hoch.
Über Schäden – sponsored by Sozialamt – machte ich mir keine Sorgen und glücklicherweise sind diese Media-Markt-Anlagen von so billiger, federleichter Produktion, dass durch die wirkenden Kräfte beim Sturz nichts gerissen ist.

Gestern war ich an einem Kabelanschluss am F-Stecker montieren, als ich seitlich angestupst wurde.
Eine alte, läufige Dame erkundigte sich was ich hier tue. Läufig, weil sie zwanghaft den Körperkontakt suchte.
Es war eher kühl, sie war leicht bekleidet. Was bei einer Jennifer Aniston ganz neckisch aussieht…

… möchte man bei einer Dame gegen siebzig gewiss nicht sehen. Ich hatte mich mit der weiblichen Anatomie ab vierzig Jahren nie intensiv beschäftigt, aber die Reaktion auf Kälte scheint nicht altersabhängig zu sein.
Sie begann mich mit fremdländischem Akzent über dies und das auszufragen und dem Gebot der Höflichkeit folgend, stand ich – verbal – Rede und Antwort.
Zu Mittag musste sie eine Zwiebel gegessen haben. Eine Zwiebel an gehackten Zwiebeln mit Zwiebelpulver gewürzt und vielleicht einen Hauch Bärlauch zum Nachtisch.
Mir begannen die Augen zu tränen, doch wann immer ich einen Schritt zurück ging folgte sie nach, so ich mich zu Boden kauerte um einen Schraubenzieher zu greifen beugte sie sich nach unten und als ich auf das Dach sprang…. Hätte ich wohl versuchen sollen.
Aufgrund des Arbeitsplatzes war ich etwas angebunden, konnte ich ihr nicht wirklich entfliehen und sie rückte mir so sehr auf die Pelle, dass ich jedes einzelne Haar in ihrem, zugegeben, recht stattlichen Schnurrbart zählen konnte. Sie hätte darum schon jeden Fernseher bei uns… würde künftig jeden Fernseher bei uns…
Mit anderen Worten heisst dies einfach; Wenn du nicht nett und freundlich bist, rufe ich deinen Chef an und schwärze dich an.

Ein weiteres Highlight meiner Arbeitswoche, eine weitere Sitzung mit Staatsangestellten.
Grundsätzlich war das Anliegen, eine bereits beschlossene Sache noch einmal zu beschliessen und abzusegnen. Während beim letzten Mal drei Leute am Tisch sassen, waren wir dieses Mal zu sechst. Für die dritte Sitzung wird wohl ein externes Lokal zugemietet werden, schon dieses Mal beschwerte sich der IT-Mensch, dass sein Labor im Prinzip kein Sitzungszimmer sei.
Nun, sein Labor war in erster Linie von Euch und mir bezahlt, also fühlte ich mich nicht fehl am Platz und vertrete die Ansicht, so mir der Sinn nach einer Erleichterung stünde, würde ich mit dem Recht des Steuerzahlers über seinem Schreibtisch meine Notdurft verrichten, so wird ein Schuh draus.
Konkret drehte sich die Diskussion um die Investition von monatlichen 9.90 Franken für eine Internetleitung. Ob sich die staatliche Institution diesen Posten leisten könnte.
Eine Stunde sass ich dort, womit sie schon ein Jahr bezahlt hätten. Ein Elektriker war ebenfalls vor Ort, was wohl einem weiteren Jahr entsprechen wird.
Dennoch könne eine solche Entscheidung nicht über das Knie gebrochen werden.
Der staatliche IT-Mensch brillierte mit seinem Wissen über jedwelche Protokolle, schmetterte jeden Einwand mit einem „Man müsse ihm hier drin nicht seinen Job erklären“ ab, der staatliche Schatzmeister rechnete die Internetgebühren für die nächsten zwanzig Jahre hoch, während zwei weitere Vertreter Ja und Amen sagten.
Eine Stunde für nichts, aber die Staatsangestellten kamen dem Feierabend eine Stunde näher, meiner schob sich um eine Stunde hinaus.

Erwähnte ich schon, dass ich Staatsangestellter werden möchte?

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
Dieser Beitrag wurde unter He works hard for the money, Pub veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.