Neulich an der Fullhouse

Schleitheim, Herblingen und Disneyland-Prinzessin, dies war das Feedback auf meinen verzweifelten Aufruf nach Vorschlägen um die Saure-Gurkenzeit zu überbrücken.
Gerne würde ich darauf zurückgreifen, wie ein namhaftes Blatt wie die Schaffhauser Nachrichten ein solches Dilemma bewältigt, aber eine Saure-Gurken-Zeit kennt das Intelligenzblatt nicht wirklich, da nebensächliche Meldungen das ganze Jahr hindurch dominieren.
Die Tage lag eine Abonnementserneuerung in meinem Briefkasten und aus Gewohnheit werde ich sie wohl absenden, respektive die Rechnung bezahlen. Die Alternativen auf dem Platz Schaffhausen sind dünn gesät und ich würde sonst informationstechnisch gar auf dem Trockenen sitzen.

Ganz kurz überlegte ich mir heute auch, ob der tägliche Genuss eines Bieres schon Anlass zur Besorgnis gibt, aber da war die Dose schon offen. Starkbier ist eine feine Sache. Eine Effizienzsteigerung von 80% würde ich sagen, nach einer Dose fühle ich mich bereits etwas angeheitert, im wohligen Bereich, und es ist schon leckerer als ein normales Heineken. Den Preisvergleich kann ich nicht machen, in solchen Dingen bin ich bekanntermassen etwas sorglos.
Obwohl mir meine Autoversicherung und die wohl anstehende Reparaturrechnung ganz leicht auf den Magen schlägt. Der Versicherungsvertreter meines Vertrauens scheint nicht mehr für mich zuständig zu sein, eine Dame mit neckischem französischem Accent bat mich heute, ein Versicherungsformular auszufüllen und dieses per Post einzusenden. Das Zweite, nachdem der Experte den Schaden an sich schon aufgenommen hat und ich heute meinen Wagen bereits auf der Strasse cruisen sah, auf einen kurzen Blick aller Schäden behoben.
Wahrscheinlich sollte ich mich langsam um die Erwerbsmöglichkeiten einer
Desert Eagle .50 in Bulgarien kümmern und der Firma Bio-Met.Ltd in meinem kommenden Urlaub einen Besuch abstatten. Man soll sich schliesslich an die Spielregeln halten, nicht wahr?

Was soll man über Schleitheim schreiben, ohne dass einem die Einheimischen gleich an die Gurgel springen?
Im Grundsatz ist es auf dem Land schön, da wohne ich gerne und es war auch ganz nett als wir noch die Fullhouse besuchten. Ein Gassenfeger und Strassenhauer.
Da wagte sich Ueli der Knecht in den H&M oder Clockhouse, kaufte ein hübsches Hemd und marschierte in coolen Airwalk auf das Festgelände um nach drei Schritten bis zu den Knöcheln im Matsch einzusinken. Natürlich erst nachdem er seinen gepimpten Golf 2 GTI auf Hansjürgs Rasen abgestellt hat und die blaue Bodenbeleuchtung in die Kuhfladen strahlen lässt, wissentlich, dass er die Karre anschliessend überbrücken muss. Aber kein Thema, mit dem blauen Licht schleppt man vielleicht ‚en heisse Fäger‘ ab.
Ich unterschied mich da in keiner Weise, nur fuhr ich einen Renault 5 TL mit gestreckten 56 Pferdestärken, einem grossen Nike-Aufkleber auf der Motorhaube und getönten Scheiben. Und schleppte keinen ‚heissen Fäger‘ ab. Natürlich selbst getönt, kurz vor dem Eindunkeln fertig geworden und man musste Mitfahrende bitten, doch die Fenster nicht runterzukurbeln, da dass Wasser noch gar verdunsten musste und die Folie sonst fröhlich im Wind flattern würde.
Mein Renault hatte eine dankbare Stossstange aus 20 Kilogramm feinstem glasfaserverstärktem Polyester an welchem ich Nebelleuchten aus dem ATU, Kabelkanäle als Spoilerlippen von Elektro-Material und ein Knight-Rider-Lauflicht vom Modellbauladen in Neuhausen anbringen konnte. Wenn ich Glück hatte leuchteten die Nebellampen nach der Fahrt über Hansjürgs Wiese in alle Himmelsrichtungen, häufiger nahm ich sie jedoch im Kofferraum wieder nach Hause. Die Fahrt über den Maulwurfshügel machte ihnen den Garaus denn selbstverständlich mussten diese so knapp über dem Asphalt montiert sein, dass der entgegenkommende Fahrer den Eindruck hatte, meine Stossstange schleife gerade einmal zwei Zentimeter über der Fahrbahn. Der erste Eindruck zählte.
Diesem folgte das tollste Auto, welches ich jemals unter dem Hintern hatte.r5-turboJahrgang 86 und ging ab wie Schmidt’s Katze. Sowas bauen die heute gar nicht mehr.

Doch ich weiche ab.
Man war an der Fullhouse, trank First Cool, Gummibärli und Smirnoff Ice. So rückblickend kann ich mich partout nicht mehr erinneren, wie wir die Sache lösten, dass wir mit dem Wagen anrückten und um zwei Uhr morgens trotzdem voll wie die Strandhaubitzen waren. Das Bestimmen eines Fahrers und sich ein Auto teilen war damals noch nicht so populär, man musste sein Fahrzeug zeigen. Die Rückbank war für die Jacke und der Beifahrersitz für die Schnaga, welche man zweifelsohne abschleppen musste, so toll wie man daher kam. Versuchte Natelnummern zu tauschen und strich die Segel, wenn man eine Frau angesprochen hatte und abgeblitzt war. Wenn man sie denn ansprach, des öfteren begnügte man sich mit dem Aussenden von coolen Vibrations, völlig unverständlich, dass die Trulla einem übersehen konnte.
Warten bis das Objekt der Begierde einen Moment alleine war, sich hinschleichen und wie ein Flaschengeist aus dem Nichts auftauchen „Wetsch öppis trinke?“. Bevor die Dame überhaupt wusste, wie ihr geschah, hatte sie aus Reflex abgelehnt.
Danach zurück zu den Kollegen und sich darüber auslassen, dass doch alles Schlampen seien.

Da hatten es die Feuerwehrmänner einfacher. Wann immer ein Bauernfest stieg, am Mittag zuvor musste Hauptübung gewesen sein. Oder die Landfeuerwehr hatte jeden Samstag eine Hauptübung. Jedenfalls erschienen sie in ihren Feuerwehrkombis mit Gummistiefel. ‚De heiss Servierschlitte afräse‘.
Uniformen machten es aus, diese Asbestfasern waren stets erfolgreicher als ich in in meinem glitzernden Polyesterhemd. H&M 19.95.- ich meinte, dass ich heute noch welche im Schrank liegen habe. Einfach der Nostalgie halber.

Ja, es war eine tolle Zeit. Irgendwie. Auch gut, dass sie vorbei ist.
Denn etwas fremdschämen ist angesagt wenn man heute, um bald 20 Jahre gereift, immernoch Leute trifft, welche ‚e geili Chatz afräsed‘ und mit coolen Vibrations die ‚Chics‘ abchecken, ohne in die Gänge zu kommen.
Dass diese Leute dennoch vor einem heiraten und Kinder kriegen bietet wiederum Anlass zur Sorge.
Nicht, dass ich zwingend heiraten und Kinder kriegen muss, aber so grundsätzlich wäre es schon gemütlich, wenn man nicht immer auf die Gunst der Partnerinnen der Kollegen angewiesen wäre, wenn einem der Sinn nach einem Bier in Gesellschaft steht. Zudem macht macht man sich langsam Sorgen, wenn man sich altersmässig immer mehr den Protagonisten von Schwiegertochter gesucht nähert.

Mehr fällt mir auf Anhieb nicht ein, wenn ich an Schleitheim denke. Ja die Fullhouse war in Hallau, ich weiss.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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