Neulich beim Exorzisten

Wenn der Regen gegen die Scheibe prasselt, der Wind um den First heult und dunkle Wolken über den Himmel ziehen gelüstet es einem bei Kaminfeuer und Kerzenschein sich dem süssen Nichtstun hinzugeben, zu laben an heissem Kakao und geniessen von seichter Lektüre.

Oder ich steige in den Keller, willentlich mich einer digitalen Herausforderung zu stellen, ich bewege den Fledermausmann durch die virtuelle Nacht von Gotham City. Das Spiel will erst käuflich erworben werden, das Playstation Network bietet online Hand dazu, niemand muss öfters als unbedingt notwendig die sicheren Gefilde des durchgesessenen Sofas verlassen. So man sein Passwort noch weiss. Bequemlichkeit vor Sicherheit, beim Playstation Network sind meine Kreditkartendaten an eine digitale Wand gepinnt, nur habe ich mittlerweile ein neues plastifiziertes Zahlungsmittel erhalten, worauf diese Daten nach Aktualisierung rufen. Wozu ich wiederum ein Passwort benötige, welches sich selbstverständlich durch eine winzige Abweichung von allen anderen benötigten Zugangswörtern zu Sicherheitsportalen unterscheidet.
Entweder notiert man sich die Passphrasen, wovon einem in sämtlichen AGBs und führenden Sicherheitsbroschüren abgeraten wird, oder man lässt sich bei jeder Anmeldung ein provisorisches, neues Passwort zuweisen.
Der zuständige Mitarbeiter beim Playstation Network sass wohl gerade zu Tisch, also verzichtete ich auf den Online-Kauf und legte ein bereits in meinem Besitz befindliches Spiel in den dafür vorgesehenen Schlitz.
Es müssen seit der Erscheinung ein paar Monate ins Land gezogen sein, das Spiel erforderte eine kleine Aktualisierung. Präzise gesagt derer vierundzwanzig, im Volumen von 150 bis 1259 MB. Es grenzt an ein Wunder, dass dieses Spiel dereinst überhaupt funktionierte, wenn es Fehlerkorrekturen und Überarbeitungen von diesem Umfang bedarf.

Um die Zeit zu überbrücken klickte ich mich durch das Fernsehprogramm und blieb doch tatsächlich beim schweizerischen öffentlich rechtlichen Fernsehprogramm hängen. Teufelsaustreibung.
In meinem eingeschränkten Blickfeld betreibt die Heilsarmee in erster Instanz ein Brockenhaus und pflegt die Wintermonate singend um einen Pfadfinderkessel auf dem Fronwaagplatz zu verbringen. Gewiss eine gute Sache, sie bauen beim Missionieren auf die Eigeninitiative des Individums und gehen keinem auf den Senkel.
Neu war für mich, dass ein Angehöriger der Kirche mit Öl beträufelt wurde und unter der aufgelegten Hand zu spastischem Zucken und kamerawirksamen Gesichtsentgleisungen neigte.
Er manifestiert sich, sprachs der Mann mit vollem weissen, zum Gary Cooper-Scheitel gelegtem Haar. Wir gehen in einen Nebenraum, fuhr er fort.
Der  Mann im Strickpulli wurde vom Offizier Beat Schulthess in ein Nebenzimmer geführt, eben noch vom Teufel besessen, nun lammfromm ohne Zwangsjacke oder Kreuz auf der Stirn. Flankiert von zwei jungen Damen.
Das Kamerateam blieb aussen vor. Entweder entwickelte der Tontechniker bei der Nachbearbeitung eine künstlerische Eigendynamik, oder im abgetrennten Raum ging es bei der Manifestierung ordentlich zur Sache. Der Zuschauer musste sich jederzeit gewahr sein, dass Max von Sydow durch die Papptür geschleudert werde und man einen traumatischen Blick auf Linda Blair mit unnatürlich verdrehten Gliedmassen erhaschen konnte.

Nichts dergleichen.haeuserbefreiung
Dafür konnte man ein paar Einstellungen später Offizier Schulthess in seinem Heils-Mobil Marke Toyota verfolgen, wie er ein Eigenheim von bösen Geistern reinigen sollte. Des Nachts rauben Schritte der Hausherrin und den Kindern den Schlaf. Mit zwei verwirrten Schäfchen am Rockzipfel durchschritt der Herr die Schlafsäle, auf dem Hasbro-Spielteppich zwischen Feuerwehrauto und Shaun dem Schaf bemerkte er ein erdrückende Enge.
Etwa zweihundert Hausreinigungen stehen pro Jahr an, Tendenz steigend, doch als ich mich interessiert nach vorne beugte, machte er den Markt gleich wieder zunichte. Die Heilsarmee bietet den Dienst gratis an. Daher ist die Frage nach Garantie auch müssig, bei besagter Familie stand er bereits das zweite Mal auf der Matte.
Mit Gebeten wurden nun die Untoten, es seien hier Verblichene welche durch das Haus strömten, aus den Räumen vertrieben. In schneller Schnittfolge betete er unter der Dusche, im Kinderzimmer, Estrich, Wohnzimmer, Waschraum, Dark Room, Toilette, stets verfolgt von den Schäfchen, welche mit Halleluja den Worten Nachdruck verliehen.
Um auf Nummer sicher zu gehen, auch wandelnde Leichen oder zumindest deren Geister nutzen die reguläre Eingangstür mit der Jumbo-Schmutzmatte, bestrich er den Türrahmen mit Öl, nicht ohne den Boden dabei ebenfalls ordentlich zu netzen.
Wurde den Kindern die Mär von Geistern im Kinderzimmer bis jetzt nur elternseitig eingetrichtert, tragen sie nun das Trauma mit geölter Gewissheit davon.

Was wäre dies für eine gemütliche Art sein Geld zu verdienen.
Und wer will einem haftbar machen, wenn der Hokuspokus nicht anschlägt?

Auf CMS-generierten Low-Budget Internetseiten werden mir alle möglichen Arten zur Kontaktaufnahme mit meiner Grossmutter selig geboten. Vom günstigen Telefonat zu 2.50 die Minute über die Kristallbettsitzung bis zur Hypnose für läppische 350 Franken. Ohne Garantie, dass ich hernach nicht in der Auffahrt nach Würmern scharre und wie ein Huhn gackernd in meinen Wagen steige.
Bei allem Respekt vor der Kunst unterbeschäftigter Hausfrauen und durchgeknallten Arbeitsscheuen, gerade als religiöser Mensch mangelt es mir etwas am Glauben.

Wer verleiht den Auserwählten diese Gaben? Der letzte von Gottes Gnaden bedachte, schriftlich beglaubigte Übermensch feiert in etwas über einem Monat sein zweitausendunddreizehntes Wiegenfest.
Wäre dieser nun von Tür zu Tür gezogen, einmal Wasser in Wein macht 48 Goldstücke, einmal vom Blinden zum Sehenden bitte 200 Taler und die Heilung von Gelähmten gibt es nur für Kassenpatienten, wie lange wäre er wohl im Besitz seiner Kräfte geblieben?

Ein weiterer Lieferant für übernatürliche Kräfte wäre da villeicht der Belzebub. Ein Anruf direkt in das Fegefeuer, was allerdings die Sprachgebühren von 2.50 gegenüber den griechischen Roaming-Tarifen wiederum wie ein Schnäppchen wirken lässt.


Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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