No Billag, oder No No Billag?

No Billag oder No No Billag?

Ihr seht mich noch ein wenig unentschlossen. Geschuldet der Tatsache, dass der Schweizer ungern an seiner Tradition rüttelt und zumindest meine Generation ist nun einmal mit dem Schweizer Fernsehen DRS gross geworden.
Selbstverständlich schwelge ich gerne in Nostalgie. Samschtig Jass mit Jürg Randegger und „Em scharfe Egge“, Pirmin Zurbriggen fliegt über den Hundschopf, kullernde Fünfliber beim Kassensturz und irgendwie habe ich seit den Achtzigern einen Karussell-Ohrwurm.

Wischen wir die Träne aus dem Augenwinkel und ziehen das Portemonnaie aus der Gesässtasche, geht man bereits ein wenig rationaler an die Sache. Fakt ist, 450 Franken sind kein Pappenstil. Bevor man diese einfach auf den Tisch legt, drängt sich doch die Überlegung auf, brauche ich diesen Artikel wirklich.
Es sei denn, es handelt sich um eine Abgabe und einem diese Entscheidung abgenommen wird. Dann knirscht man mit den Zähnen und spart den Batzen an anderer Stelle ein.

Im Rahmen der No-Billag-Initiative wird mit dem Begriff Solidarität schon nahezu inflationär umgegangen.
Die Verbundenheit ist eine feine Sache. Wir beweisen sie zum Beispiel bei der Krankenversicherung. Wer seelisch und körperlich unversehrt ist, leistet dennoch seinen finanziellen Beitrag, um Menschen zu unterstützen, welche nicht in dieser glücklichen Situation sind. Und berappt das Millionengehalt des Krankenkassen-CEO, sowie dekadente Arbeitstempel, aber dies ist nicht das Thema.

Wir leisten unseren Beitrag in die AHV, damit die Generation 65+ einen würdigen Lebensabend verbringen darf. Sie haben unser Land mit aufgebaut, diesen haben sie sich redlich verdient.

Die erwerbstätige Bevölkerung speist die Arbeitslosenkasse und die Sozialhilfe, der Kinderlose beteiligt sich an den Bildungkosten und finanziert die Prämenverbilligung für Familien.

Dies ist Solidarität. Auf dieser ist unser Land aufgebaut und das System funktioniert.

Solidarität ist nicht ganz uneigennützig. Jeder, der sich in diesem Kreis der Verbundenheit bewegt, ist sich gewahr, dass einem jederzeit ein Unglück ereilen kann und man auf die Gunst der Mitmenschen, ihren finanziellen Beitrag angewiesen ist.

Dürfen wir also diesen Begriff für Medienschaffende verwenden?
Als Nutzer eines Internetanschluss muss der Schweizer Bürger Rundfunkgebühren bezahlen um das Produzieren und Ausstrahlen von Fernsehinhalten für die italienischsprachige Schweiz zu finanzieren. Unabhängig davon, ob er während seiner Reise im Internet Radio hört oder nur die Daily Mail liest.
Da stellt sich doch direkt die Frage, wo bleibt der Solidaritätsbeitrag für meine Tageszeitung?
In Sachen unabhängiger und neutraler Berichterstattung, reitet sie auf derselben Welle wie die SRG. Bei allem Respekt vor dem Journalismus, eine politische Couleur prägt jede Berichterstattung und dies ist ja nicht verkehrt. So bleibt es meiner Wahl überlassen, ob ich die Weltwoche oder die WOZ abonniere.
Genau, meine Wahl und hier liegt der Hase im Pfeffer.
Selbstverständlich ist es auch mir überlassen, ob ich die Tagesschau oder die Tagesthemen, Bericht aus Berlin oder 10 vor 10 schaue. Die Wahl liegt bei mir, doch auch wenn ich konsequent Monitor sehe komme ich dank der Billag nicht um eine Finanzierung der Rundschau herum.

Deswegen stellt sich der Wähler die Frage; Will ich nur bezahlen, was ich konsumiere, oder leiste ich einen Solidaritätsbeitrag für die Schweizer Rundfunkanstalten.

Glaube ich den Gegnern der Initiative, steht die gesamte Schweizer Medienlandschaft auf dem Spiel.
Ja, wir laufen sogar Gefahr, dass Murdoch künftig die Schweiz berieselt, oder noch schlimmer, Christoph Blocher schwingt zum Tycoon auf.
So arg wird es wohl kaum kommen, doch es ist eine Tatsache, dass auch private Stationen von den Gebührengeldern profitieren.
Und wiederum stellt sich die Frage, was ist es mir wert?

Ich mag Nik Hartmann, dann und wann höre ich den Schaffhauser Lokalsender und obwohl ich RSO die Übernahme von Radio Grischa nie wirklich verziehen habe, lausche ich im UKW-Einzugsgebiet „Ds Radio vu do“.
Doch wie ich während des Haare schneiden gerne in der Gala blättere, würde meine Coiffuse, die Beste von allen, für mein Eintauchen in die Promiwelt 165 Franken verlangen, würde ich mich höflich entschuldigen und ein mitgebrachtes Buch aufschlagen.
Ist mir das gelegentliche reinhören in die Radiosender diese Investition wert?
Nach aktuellem Stand stellt sich die Frage gar nicht, denn wer ein Auto fährt, besitzt auch ein Radio, so er den Umbau- und Abmeldeaufwand nicht absurdum treiben möchte.

Was ich sagen möchte, die Billag bewegte sich schon stets auf sehr dünnem Eis, gestützt von einem Gesetzbuch, und die Art und Weise, wie der Abstimmungskampf geführt wird, schafft nicht direkt Sympathien für die Geldeintreiber.

Ein weiterer Punkt; Ich zahle keinen Pauschalbeitrag an die Firma Zimmerli für den Kauf meiner Unterwäsche. Und wenn die Modeboutique Dux einen leichten Kundenmangel verzeichnet, kann sie nicht einfach in den grossen Topf der Firma Zimmerli greifen. Wie jedes privatwirtschaftliche Unternehmen, muss Herr Dux die Ärmel zurückrollen, in die Hände spucken und aktiv gegen den Umsatzrückgang angehen.
So geht es Waschmaschinenverkäufern, Fernsehhändlern und der Bäckerei ums Eck. Wenn sich eine Firma nicht selber tragen kann, dann, und dies klingt etwas abgebrüht, hat die Firma keine Daseinsberechtigung.
Jedes Unternehmen, welches nicht eine Dienstleistung im Auftrag der öffentlichen Hand erbringt, muss sich selber über Wasser halten.

Warum sollen für Rundfunkstationen andere Regeln gelten? Tageszeitungen müssen sich schliesslich auch behaupten.

Im Schnelldurchgang die schwachen Argumente.
Die Informationspflicht oder der Versorgungsauftrag.
Ich bitte Euch. Auch die Armee hat das Sparen beileibe nicht erfunden. Alleine der Logistikbasis würde ich die Hälfte der Mittel streichen, ein anderes Thema.
Dennoch, der Unterhalt der Sendestationen, ein Mischpult, ein Mikrofon und jemand mit einem gewissen Klang in der Stimme; Dafür muss nicht jeder Haushalt knapp 500 Franken abdrücken.

Die Beschäftigung von mindestens 6000 Angestellten.
Unternehmerisch gedacht; Gesetzt der Fall, alle Angestellten sind schwer vermittelbar, bei einem Bundesbetrieb durchaus denkbar, kosten sie den Beitragszahler beim RAV nur noch 75% der ursprünglichen Lohnsumme. Ganz zu schweigen vom Wegfall der Infrastruktur und dem Entsenden einer Hundertschaft an Technikern und Moderatoren in ferne Länder für eine Sportübertragung.

Sportübertragung, eine Knacknuss, hier mache ich Zugeständnisse.
Swisscom, Hauptsponsor und Mutterfirma der Billag lasse ich aussen vor, was bleibt sind unter anderen Swiss, Rivella oder Audi. Dazu die persönlichen Sponsoren, wie etwa Ragusa.
Sponsoren sehen nicht einfach gerne ihre Logos auf einem Skidress, elementar ist die Sensibilisierung der Zuschauer für das jeweilige Produkt. Während man an einem Lauberhornrennen rund 13’000 Besucher begrüsst, erreicht das Schweizer Fernsehen über eine Million in den heimischen Wohnzimmern.
Wie wirkt sich der Wegfall der SRG auf die Schweizer Sportwelt aus?
Nun, würden wir Kranzschwinger Schläpfer fragen, würde sich der Skizirkus im schlimmsten Fall auf die Tradition besinnen und der Kommerzialisierung würde Einhalt geboten.

Was hier jedoch gerne heruntergespielt wird; Die Million Zuschauer, und dies nur in der Schweiz, welche gebannt vor dem Bildschirm sitzt, hat nicht im Hinterkopf, dass die 450 Franken amortisiert werden müssen. Man gewissermassen die Tageskarte herausfährt und so viel Stunden wie irgendwie möglich SRG konsumiert.
Hier sitzen kaufhungrige Kunden auf ihrem Sofa.

Panem et circences

Die SRG macht beileibe nicht alles falsch. Sie ist einfach bequem geworden. Jede Behörde, jeder Bundesbetrieb trägt ein grosses Joch. Sie haben vergessen, dass jeder ausgegebene Franken erst verdient werden will. Sprudelt der Franken, ob man nun entsprechende Leistung erbringt oder nicht, verliert man den Bezug zum Markt. Durch die fehlende Abhängigkeit von der Kundschaft, stehen die Wünsche derselbigen nicht mehr im Zentrum. So wird die No-Billag Initiative zum Forum für die unzufriedene Kundschaft.
Das Volk will Brot und Spiele.
Der Zuschauer ist sich bewusst, dass Unterhaltung einen Wert hat und ist durchaus bereit, seinen Beitrag zu leisten. Netflix ist nicht kostenlos, online Videotheken verleihen auch nicht für Vergelts-Gott und mancher bezahlt für seine Sportübertragungen gerne ein Extra-Abonnement. Unabhängig von der Billag sind Fernseh- und Radioschaffende in einer komfortablen Position. Vergleichen wir mit den Printmedien, welche gegen die Gratis-Angebote der Häuser Ringier und TA-Medien antreten müssen, kämpft die Tagsezeitung mit jedem Artikel um die Gunst der Leser, ohne dabei die journalistische Verantwortung zu vergessen und sich in reisserischem Unsinn zu verlieren.
Und wie allen Apps zum Trotz immer noch Abonnenten des regionalen Tagblattes existieren, besteht auch eine Nachfrage nach hochwertigem Fernsehen. Der Kunde muss nur gefüttert werden.

Die Schweiz wird keine Fernsehwüste. Wo Geld zu verdienen ist, lassen Unternehmen nicht lange auf sich warten.
Im Falle einer Annahme der Initiative hat jeder Schweizer Haushalt beinahe 500 Franken mehr im Portemonnaie. Wenn er nur schon für die Hälfte dieses unerwarteten Wohlstands ein auf ihn zugeschnittenes Programm erhält, lebt er immer noch im guten Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben.

Wie sollen wir nun abstimmen?

Die Finanzierung der Rundfunkanstalt ist kein solidarischer Akt. Keiner in diesem Land ist seinem Nachbarn ein Informations- und Unterhaltungsprogramm schuldig.
Legen sie vierhundertfünfzig Franken auf den Wohnzimmertisch. Schalten sie ihren Fernseher ein. Und überlegen sie sich; Würde neben dem Flachbildschirm ein hübscher kleiner Schredder stehen, würden sie für das dargebotene Programm, diesen mit den bereit liegenden 5 Banknoten füttern?

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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