Num liberum hominum arbitrium e sui ipsius conscientia demonstrari potest?

Die Frage der ‘Königlichen Norwegischen Societät der Wissenschaften’ aus den dreissiger Jahren des 19. Jahrhunderts lässt sich in einem Satz beantworten.
Ach so, pardon;

Lässt sich die Freiheit des menschlichen Willens aus dem Selbstbewusstsein heraus beweisen?

Die Antwort darauf;

Kann ich wirklich wollen, was ich will?

Eine Gegenfrage ist natürlich eine unhöfliche Weise der Antwort, so denn nicht gefragt wird ob anstelle der Antwort selbige erfolgen darf, was wiederum durch selbiges Tun relativiert wird. Stellt sich die Frage ob der Verwerflichkeit, so denn die Frage rhetorischer Natur ist, was gewissermassen keine Frage im herkömmlichen Sinne, denn mehr die, wohlgemerkt etwas gönnerhafte, Motivation den Intellekt des Gegenüber auf die eigene Linie zu lenken.

Eine rhetorische Frage bedarf keiner Antwort, so diese dadurch ihren Status verlüre. Würde mein alter Deutschlehrer, der Herr Stäheli, vor meinem Pult stehen, hochgewachsen mit dem militärisch kurzgeschnittenen, schwarzen Haar, auf den kleinen pummeligen Schüler herunterblicken und eine Zusammenfassung von Schopenhauer’s ‘Über die Freiheit des menschlichen Willens’ verlangen, müsste ich der Korrektheit halber obenstehenden Satz abliefern und zeitgleich der Korrektheit und dem Lehrplan willens mir eine 1.5, in der Schweiz haben wir ein umgedrehtes Notensystem, einhandeln mit dem oft verwendeten Anhang, in roter Schrift gehalten, Minimalist.
In der heutigen Zeit wäre ich daraufhin wohl ein Fall für den Schulpsychologen.

Eine weitere Anekdote; Beginnend, dass ich den Unterricht zu spät antrat, eintretend, etwas schnaufend, die blaue Schulttasche in der Hand, früher tauschte man mit Eintritt in die Oberstufe den fellbesetzten Schülerthek gegen eine sogenannte Mappe, eigentlich zwei Taschen welche durch überschlagen auf- oder zugeklappt wurden, um sich von den Primarschülern abzuheben, was gerade in meinem Fall alleine durch die optische Erscheinung kaum gewährleistet war. Leider, die Geschichte in der Geschichte, wurde mit meiner Generation der Rucksack schultauglich und wie die Menschen so sind; Man ist nie altmodischer als im Moment des Umbruchs. Dieser Pflichtrucksack war damals im Vilan für 36 Franken zu erstehen, grau mit einem Adidas-Logo. Kostete nicht die Welt, doch wenn man bedenkt, dass ich alleine für das Busbillet von 1.5o, einfach, Pfandflaschen aus dem Container hätte fischen müssen, wären 36 Franken schon ein rechter Batzen.
Stand ich also da, mit Mappe und schnaufend, bereit dem Lehrer eine Erklärung zu liefern. Wahrheitsgemäss führte ich an, dass ich den Geografie-Atlas vergass und deswegen auf halbem Weg nochmals nach Hause sprinten musste, worauf der Lehrer entgegnete “Pah, Ausrede”. Nein, so sei es gewesen. “Und dennoch, eine Ausrede”, womit er sich abwandte und weiter die Tafel bekritzelte. Der kleine pummelige Junge war etwas verwirrt, er wusste nicht genau um die Definition von Ausrede, doch dem Kontext entnahm er, dass eine Ausrede nicht dasselbe wie eine Eklärung war. Es resultierte daraus keine Diskussion, denn es herrschte ein strenges Regime, noch Zucht und Ordnung in der Schule.
Wikipedia gab es damals noch nicht, heute weiss er natürlich, dass er damals, es war der Herr Oberholzer so ich mich recht entsinne, als Lügner bezeichnet wurde.

Worauf ich hinaus will, warum auch immer der Junge zu spät kam, er musste sich genau betrachtet um keine Erklärung, meinetwegen auch Ausrede, bemühen da es keinerweise einer Laune oder seiner Freiwilligkeit entsprang, den Unterricht nicht zu vorgeschriebener Stunde anzutreten.
Es birgt eine gewisse Ironie, dass das Leben ohne unser illusorisch höchstes Gut einiges bequemer wäre, ich spreche von der Freiheit.

Freiheit bezeichnet die Möglichkeit, ohne innere oder äussere Zwänge zu entscheiden. Jede Entscheidung birgt Konsequenzen welche es abzuwägen gilt und so wir eine Möglichkeit annehmen übernehmen wir die Verantwortung für die getroffene Entscheidung. Die Verantwortung kann abgenommen werden, so die Rechtssprechung, sofern die Person nicht den Weitblick besitzt, die direkten Konsequenzen abzuschätzen.

Unsere Rechtssprechung beruht darauf, die gesamte Funktionsweise des Menschen, als Individum und Teil des Systems, beruht darauf, dass wir die Macht besitzen Entscheidungen treffen und, so das Allgemeinverständnis, der Freiheiten kann der Mensch nicht genug haben. Macht, je mehr wir davon haben, desto freier sind wir im Treffen von Entscheidungen, wer Macht hat kann sich über gewisse Grenzen hinwegsetzen, vergrössert seine Freiheit. Der Wert seiner Freiheit wird gesteigert, indem er andere in ihrer einschränkt, ähnlich dem Glücksprinzip, wir erinnern; Um Glück zu erkennen benötigen wir einen Unglücklichen als Steighilfe.

Kann ich wirklich wollen, was ich will?

Wie nun passt diese Aussage in dieses System. Genau, überhaupt nicht. Wenn der Mensch keinen freien Willen hat, wie kann man dem Menschen eine Handlung zum Vorwurf machen, wie soll er Konsequenzen tragen, gar zur Rechenschaft gezogen werden? Ohne freien Willen wird er nur geleitet von der Kausalität, doch wen zieht man nun zur Rechenschaft. Zudem ein Kopf rollen muss, wir so die Kausalität im Sinne des abschreckenden Beispiels vorantreiben.

Was für eine Ironie.
Durch die Illusion, der Mensch wäre in Handeln und Denken frei, legt er sich eigentlich erst unter das Joch.
Was dem Menschen eigen, für sein Tun stets einen Verantwortlichen zu suchen, ist demzufolge nicht eine eine erbärmliche Eigenschaft sondern die einzig aufrichtige Handlung. Doch wie soll das System auf einer solchen Basis funktionieren. Um sich nicht in den Wirren der Handlungsstränge zu verwickeln, ist die einfachere Lösung, man gesteht dem Menschen einen freien Willen, Freiheit, zu.

Ein Thema, für welches keinen abschliessenden Satz gibt. Und deswegen beschliesse ich einfach die heutigen Ausführung mit einem ‘Schönen Abend allerseits’.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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