Platt, platter, Achtung, fertig, WK!

Warum eigentlich nicht, Achtung, fertig Charlie! war schliesslich ganz witzig.
„Und wenn ich säge Achtung, fertig, Charlie! isches gfööhrlich, au wenns grad nid so gfööhrlich usgseht!

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Achtung Spoiler!

Ist allerdings auch schon zehn Jahre her, ich absolvierte meinen Wiederholungskurs im schönen Appenzell, als die gesamte Kompanie in das Herisauer Lichtspielhaus geladen wurde und wir in Uniform der Abfertigung sämtlicher militärischer Klischees beiwohnten. Das ein oder andere Quöllfrisch mochte den Geist etwas abgestumpft haben oder der Film profitiert vom Fakt, dass jeder gestandene Eidgenosse den aktiven Militärdienst als mitunter tollste Zeit seines Lebens beschreibt.
Die Verkörperung der urigen Männlichkeit, eine durch und durch heroische Angelegenheit, ein unfehlbares Gesprächsthema unter an sich wildfremden Männern und der Reiz einer beinahe servilen Anbetung durch die weibliche Spezies an die mehr oder minder adrett geschnittene, stimmige Komposition von ordenbehangener Jacke unter korrekt sitzendem Berrett auf einem Haarschnitt nach dem man die Uhr stellen kann.

Doch verlieren wir uns nicht in freudschen Analysen.
Mike Eschmann hatte es fertig gebracht, sämtliche Stammstischplattitüden auf Zelluloid zu bannen, vom waffenlosen Romand, über das latent homosexuelle Muttersöhnchen, zum grossmäuligen Deckhengst und wieder zurück zum hirnlosen Grenadier, ohne den bananengassüchtigen Kiffer zu überspringen. Die ganzen Charaktere wurden in eine Story gepresst, getragen von einer Hommage an die fruchtlosen Bemühungen, aus pazifistischen Tunichtgute die beste Armee der Welt zu bilden.
Und natürlich Melanie Winiger, wie immer stets bemüht eine Rolle zu verkörpern, ohne jedoch über das blosse Spielen herauszuwachsen, aber zumindest hübsch anzuschauen.Meine Generation steckte mitten im jährlich wiederholenden simulierten Kriegstreiben, die ältere Generation konnte zumindest sagen, früher wäre dies strenger gewesen und Frauen fanden es wohl einfach lustig. Und konnten Uniformen gucken. Ein Familienfilm, es funktionierte.

Achtung, fertig, WK!
Güzin Kar, welche mich schon als Kolumnistin nie zu begeistern aber immerhin zu nerven vermochte, schrieb das Drehbuch. Ohne in ein chauvinistisches Schema zu verfallen; Aber würdet ihr mich ernst nehmen, wenn ich ein Sachbuch über den weiblichen Hormonhaushalt während der dreizehnten bis achtundzwanzigsten Schwangerschaftswoche verfassen würde, weil ich gelegentlich mit einer Dame in guter Hoffnung ein Mineral getrunken habe? Wie kann also eine dem Wehrdienst ferngebliebene Frau ein Werk verfassen, welche den militärischen Alltag auf die Schippe nehmen soll, und, da sind wir uns wohl einig, dies ist der Grund, warum man sich diesen Film zu Gemüte führt. Oliver Rihs versuchte dieses Meisterwerk filmisch umzusetzen und heraus kam eine Film, platter als die Leinwand und der einzige Pepp war das Salz auf meinen gepufften Maiskörnern.
Die Tochter des Oberstleutnant Reiker, schwanger vom yogalehrenden Freund, sucht eine neue Bleibe. Oberstleutnant Reiker besitzt ein Häuschen, dieses überlässt er der Tochter, sofern der yogalehrende Dienstverweigerer den WK absolviert.
An den Haaren herbeigezogen, dass die Kopfhaut ziept, aber es musste ja ein WK sein, sonst hätte es mit dem Titel nicht harmoniert.
Zeughaus-Angestellte bieten alleine schon humoristisches Potential für einen abendfüllenden Spielfilm, werden aber durch einen Vierfrucht-Pyjama-Träger ersetzt; Man kann eine Steilflanke auch in die dritte Etage hochballern.
Statt feinem Humor baut man lieber auf Chillisauce in der Unterhose, antibockresistente Soldaten welche sich an einem Poulet verlustieren und bindet Wachtmeister wie Soldat in blasphemischer Weise an ein Kreuz, inklusive symbolisiertem Dornenkranz. Grenzwertig in meinen Augen, aber im Saal herrschte grosse Heiterkeit, der Dienstveteran in der Sitzreihe hinter mir kriegte sich bis zur Pause kaum mehr ein, wenn ich ihm – Psychologie im Kinositz – auch unterstellen möchte, dass er mit seinem ausladenden Gelächter der Begleitung lediglich versinnbildlichen wollte, dass er den Ablauf ganz genau kenne und dies alles schon erlebt habe. Nur noch extremer. Natürlich.

Selbstverständlich wird die Story gespickt mit dem klassischen Liebeswirrwarr – beinahefremdgehen, doch wieder finden und Friede, Freude, Eierkuchen – ein Hauch Dramatik mit der missbrauchten Köchin und selbstverständlich findet die Komödie ihr explosives Ende im simulierten Kriegsspiel.
Nichts setzt die mangelnde Schlagfertigkeit der Schweizer Armee besser in Szene, als wenn erwachsene Männer mit Lasergewehren über das Feld rennen, über die eigenen Füsse stolpern und „Peng-du-bist-tot“ spielen.

Welche Ironie, dass an jenem Punkt, an welchem die Lächerlichkeit zum filmischen Exzess getrieben werden sollte, der Blick auf unsere Armee nicht nüchterner und realistischer hätte dargestellt werden können.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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