Proleten macht die Beine breit, Idioten braucht das Land

Welch ernüchternder Artikel am heutigen Sonntag Vormittag.

Das Problem sei nicht, dass es zuviele Maturanden gebe, sondern, dass diese sich nicht sehr zügig in die Arbeitswelt integrieren. Dementsprechend beziehen sie – ich stütze mich auf Blick, sprich, ich lege für nichts jedwelche Extremitäten ins Feuer – Arbeitslosengeld und dieses muss irgendwo herkommen.
In diesem Fall von den praktisch Bildungsfähigen, welche mit handwerklichen Jobs ihr Geld verdienen.

Ihr gestattet, dass ich mir diesen Abschnitt noch einmal auf der Zunge zergehen lasse?
Da steht also das Rückgrat der Schweiz, die gebildete, kluge, reiche und schöne Elite an der Spitze; Thront gewissermassen über dem Proletariat. Um diese Spitze zu erreichen, benötigen sie jemand der sie unterstützt, ein dummer Bauer wenn man so will, welcher das Studium subventioniert indem er möglichst schnell in die Arbeitswelt integriert wird und die staatliche Funktionalität mit seinen Abgaben sichert.
Dadurch, dass sie diese Pyramide stützen, werden die praktisch Bildungsfähigen also in das Bildungssystem mit einbezogen, was ausformuliert heisst; Selber erfahren sie keine Bildung, ermöglichen aber mit ihrem Engagement, dass die Elite über ihre Köpfe aufsteigen kann.
Macht Sinn; So ist das Benzin gewissermassen auch Teil eines Fahrzeugs mit Otto-Motor – auch wenn es nicht direkt eine Fahrzeugspezifität ist, mit welcher man sich brüstet oder die man schätzt, wie in etwa eine Sitzheizung – ,es ist unentbehrlich, auch wenn es nur dazu dient verbrannt zu werden, damit der Rest funktioniert.

Diese sinnbildliche Pyramide ist übrigens nicht einem Geistesblitz unseres geschätzten Bildungsminister entsprungen.

Dieses Bild ist hundert Jahre alt und wurde von der IWW (Industrial Workers of the World) veröffentlicht. Die IWW ist eine weltweite Gewerkschaft, welche sich, kurz gefasst, für eine Abschaffung der Klassengesellschaft – es gibt nach wie vor Leute, welche die Existenz derselbigen leugnen – stark machen.
Wenn ich die Aussagen unseres Bildungsministers lese, eher mit mässigem Erfolg.

Die praktisch Bildungsfähigen bewegen in einer Unternehmung mehr, seien innovativer und pragmatischer, so der Wortlaut des Bundesrates.Honig um den Mund gestrichen, mehr ist dies nicht, geschätzte Leser.
Der Aussage „mehr bewegen“ fehlt der Gegenpart. Mehr bewegen als wer? Dahingehend legt sich der Herr Schneider-Ammann nicht fest, also kann es jeder oder niemand sein.
Doch führen wir den Satz weiter; So ein Arbeiter innovativ ist, bedeutet dies nur, dass er sich mehr Arbeit auflädt.

Ich darf den Film Office Space zitieren, welcher mich immer wieder inspiriert. Nachfolgend die Szene mit dem Angestellten Gibbons beim Interview mit den beiden Bobs, ihres Zeichens externe Betriebsökonomen.

Peter Gibbons: You see Bob, it’s not that I’m lazy, it’s that I just don’t care.
Bob Slydell: Don’t… don’t care?
Peter Gibbons: It’s a problem of motivation, all right? Now if I work my ass off and Initech ships a few extra units, I don’t see another dime. So where’s the motivation? And here’s another thing, I have eight different bosses right now.
Bob Porter: Eight?
Peter Gibbons: Eight, Bob. So that means when I make a mistake, I have eight different people coming by to tell me about it. That’s my only real motivation is not to be hassled, that, and the fear of losing my job. But you know, Bob, that will only make someone work just hard enough not to get fired.

Natürlich werden heute Mitarbeiter im Rahmen von leistungsabhängiger Entlöhnung oder Bonusverträgen in den Geschäftserfolg mit einbezogen. Vordergründig, denn am System ändert dies nichts, im Endeffekt ist dies nur eine ausgeklügelte Form der Mitarbeiter-Motivation.Nicht, dass ich meine Leser für ungebildet halte, aber hier noch die Illustration, welche den Buchtitel erklärt.Ich bin ein Befürworter der Gratifikation, denn ein Unternehmen, welches es sich leisten kann, einen dreizehnten Monatslohn zu garantieren ist entweder ein Staatsbetrieb, oder es verdient unverhältnismässig viel, was bedeutet, dass die Mitarbeiter das Jahr hindurch an der kurzen Leine gehalten werden.
Aber woraus resultiert ein Geschäftserfolg. Es wird Geld eingenommen, natürlich. Auf der Habenseite stehen Aufwendungen für Räumlichkeiten, Fahrzeuge, Materialeinkäufe, Versicherungen, Werbung, Löhne und ich habe gewiss noch eine Menge vergessen. Summa summarum steht dann eine Summe, welche idealerweise schwarz ist und Auskunft über den Geschäftserfolg gibt. Die Mitarbeiter in jeden Prozess einzubeziehen ist unrealistisch, denn jemand muss auf die Knie und anschaffen.

Wir backen also einen Kuchen, benötigen soviel Eier, soviel Mehl, soviel Zucker und meinetwegen etwas Schokolade.
Der einzelne Mitarbeiter wirft nun in die grosse, gemeinsame Teigschüssel je eine Prise der Zutaten hinein, muss am Ende jedoch hinstehen und für die Schmackhaftigkeit des gebackenen Kuchen gerade stehen; Nicht nur das, es ist für ihn existenziell, dass der Kuchen schmeckt.

Mit gesundem Menschenverstand ist ein solcher Deal nicht zu erklären.
Aber wir haben die menschliche Komponente vergessen, den Teamgeist, das Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Betrieb, das Verständnis gegenüber der wirtschaftlichen Situation und nicht zuletzt die Geisel der Existenzangst, welche bei allen Möhren immer noch die zugkräftigste Motivation ist.
Deswegen funktioniert es.

Aber da muss kein Bildungsminister hinstehen und das Engagement der praktisch Bildungsbegabten darauf zurückführen, dass sie aufgrund der mangelnden Bildung einfach pragmatischer Handeln.
Es ist nur so, dass man mit 80 Prozent von 60’000 kaum seine Familie durchbringt, während man sich gut 200 Tage für die Jobsuche leisten kann, so die Arbeitslosenentschädigung monatlich 7120.- (maximale Entschädigung in der Schweiz) beträgt.

So wird ein Schuh draus.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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