Saure Gurken-Zeit

Der Drang zu Schreiben ist immens, wäre da nur ein Thema. Bereits die zweite Dose Bier geöffnet, einmal quer durch das Internet gesurft und immer noch keine Eingebung.

Das Schreiben würde ich durchaus als mein Steckenpferd bezeichnen und mein Alltag gibt mir recht, dass ich mich da durchaus einer zusehends in Vergessenheit geratende Tätigkeit widme.
Heute wurde mein arbeitsamer Tag durch fünf elektronische Nachrichten ergänzt, mit dem Wortlaut ‚du musst‘. Die Anzahl des Konsonanten s varierte drei mal.
Was mich früher auf die Palme brachte, sehe ich mittlerweile sehr gelassen, ich bin nachsichtig geworden, die Leute wissen es einfach nicht besser. Es ist ein Drahtseilakt; Wird eine interne Mail in haarsträubender Grammatik verfasst, eine Orthographie bei welcher jeder Gfätterlischüeler – die total überschätzte Pony M verwendet Mundart-Ausdrücke, dies erzeugt wohl eine ‚chum mir rucked tisch zäme‘-Atmosphäre – den Rotstift zücken würde, zeugt dies von der Geschäftigkeit des Absenders.dtv-pfupfwil-2Er hat kaum Zeit den Text zu verfassen, glücklicherweise ist der Empfänger, also ich, im Adressbuch hinterlegt, so ist zumindest die Adresse richtig geschrieben. Bei allem Stress findet der Verfasser aber doch noch Zeit mittels Kurzwahltaste 3 meine Nummer zu wählen, „Du, ich habe dir eine Mail gesandt“.
„Ist gerade ungünstig…“
„Ja, nur ganz schnell… also“, und so wird einem die Mail vorgelesen.
Nun, zumindest kann ich danach nicht behaupten, ich hätte nichts erhalten.

Meine Wenigkeit setzt sich hin und versucht die Nachricht in einem vernünftigen Wortlaut zu verfassen, möglichst ohne dem Gegenüber, von welchem ich ja an sich eine Dienstleistung erwarte, bereits mit Befehlen zu bombardieren. Garniert mit Satzzeichen und allem erdenklichen Luxus.
Nun, vielleicht auch ein verzweifelter Versuch, meiner zunehmenden Hirnerweichung entgegen zu steuern.

Als ich bei Herrn Hübeli auf dem Boden kniete und ihm zum fünften Mal erklärte, wie er seinen neuen Festplattenrekorder einzuschalten hätte, überkam mich die Sorge, ob man irgendwann wirklich zu dämlich sei, sich selbst die Schuhe zu schnüren.
Ein Architekt HTL.
Nicht, dass ich nun Architekten überbewerten wollte.

Da entsinne ich mich an eine nette Anekdote bei einem Zahnarzt.
Mittlerweile ist ja üblich, dass man sich nicht mehr ausschliesslich vor dem Bohrer fürchtet, wie ein Damoklesschwert hängt ein Monitor über dem Haupt. Den Kindern wird Micky Maus vorgeführt – ich getraute mich bisher nicht zu fragen, ob ich ebenfalls Micky Maus sehen darf, obwohl ich wirklich gerne würde – während den Erwachsenen beruhigende National-Geographic-Video’s vorgeführt werden. Für gewöhnlich, nehme ich an, sind die Monitoren richtig gut installiert. Bis auf den einen, damals war dies noch nicht so trendy, als mir um halb zwölf vormittags mitgeteilt wurde , ich hätte Nachmittags diesen Fernseher an die Decke zu befestigen. Mit etwas Stahlseil und einem Meter Lochbandeisen hiess man mich kreativ zu sein. An einer 2 Zentimeter-Gipsdecke. Oh, ich war kreativ, in den Hallen für neue Kunst hätte ich Beifall geerntet. Würde ich darunter liegen, mit aufgerissenem Maul und diversen spitzen und rotierenden Utensilien zwischen den Kiefern? Niemals.
Es musste dennoch ein überzeugendes Produkt meiner Kreativität gewesen sein, Jahre später durfte ich einen zweiten Monitor installieren. Dieses Mal mit Deckenhalterung und allem luxuriösen Schnick-Schnack. So richtig sicher. Wie üblich ohne Pläne, dass ich vom Malermeister, über den Gipser letztendlich beim Deckenbauer landete, welcher den Standort tatsächlich eruieren konnte. Einen Meter neben dem ordentlich in den Boden verschraubten Stuhl.
„Sie sind nicht da um zu denken, sie haben zu tun was ich sage!“, schrie ein leicht cholerischer Architekt in das Telefon, nachdem ich mich erkundigte, ob dies wirklich der korrekte Standort sei.
Sicherheitshalber liess ich mir das Ausmass noch mailen, dank mobilem Abruf über das Smartphone konnte ich gleich vor Ort die Abstände überprüfen.
Sie MÜSSEN zwei Meter von da und einskommafünf Meter von da.
„Nun installiere das Ding endlich ICH BIN DER ARCHITEKT, DU DER HANDWERKER“ auf meine erneute telefonische Anfrage.

Man konnte schon etwas sehen. Den halben Bildausschnitt, wenn man beinahe kopfüber lag und das Haupt gegen links neigte.
Wunderbar installiert, das Ding goht nienets me ane, wie man so schön sagt. Alle Kabel mit Bedacht sehr knapp konfektioniert, der Deckenbauer schloss die Decke.

„Was haben sie sich dabei gedacht??“
„Gar nichts, ich bin nur der Handwerker, ich habe nicht zu denken, nur zu machen. Was sie sagen“
Ehrlich, noch nie habe ich einem Architekten derart ins Gesicht gestrahlt. Ich würde gerne sagen, noch nie hat mich ein Architekt so dumm angeglotzt, aber dies wäre gelogen.
„Den müssen sie versetzen!“
„Entschuldigung?“
„Wäre es möglich, dass sie dieses Gerät versetzen und über dem Stuhl installieren?“
Selbstverständlich war es möglich.

Übrigens, noch fehlen 250 Zeichen um dieses unsägliche Geschreibsel zum Abschluss zu bringen, ich bin ein herzloser, hirnloser Ignorant. Der seine kostbare Zeit verschwendet. Nun, dies mit dem kostbaren Zeit verschwenden höre ich nicht zum ersten Mal, aber ein Ignorant bin ich wegen meines letzten Artikels. Herz und hirnloser. Ihr entsinnt, die Streifen am Himmel und die versprühten Chemikalien. Während ich diesen schrieb, leistete ich unbewusst Vorschub, dass überall auf der Welt unschuldige Kinder und Menschen, da wird wohl bewusst eine Grenze gezogen, abgeschlachtet werden.
Dies war mir im Moment schon nicht recht, aber ich überlegte mir, dass diese wohl auch abgeschlachtet worden wären, hätte ich nicht geschrieben. Da fühlte ich mich schon etwas besser.
Worüber ich noch im Unklaren bin; Wo liegt der Zusammenhang zwischen Kondensstreifen, meinem Geschreibsel und dem grundlosen Abschlachten von unschuldigen Kindern. Und Menschen.
Und wie ich meine verschwendete, kostbare Zeit einsetzen sollte, um diesem Tun Einhalt zu gebieten. Die Antwort ist noch ausstehend.

Beschliessen wir mit einem Bild.in-afrikaDas muss man sich einmal vor Augen führen…

So denn, obwohl schreiben mein Traumberuf wäre; Bisweilen bin ich froh, kein Kolumnist zu sein.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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