Schwiegertochter gesucht 2015 – Die Vorstellung

Die Einschläge kommen näher.
Ich spreche nicht von den düster gerahmten, mit bedrückenden Worten gefüllten Anzeigen in der Tageszeitung, nein, ich habe „Schwiegertochter gesucht“ geguckt. Die gefühlte Staffel 325, an omnipräsenz nur noch von Oli Geissens Chartshow übertroffen. Mit einem leicht panischen Anflug stellte ich fest, dass die angebotenen, schwer vermittelbaren Muttersöhnchen sich mittlerweile in meinem Alter befinden. Oder ich mich in ihrem, was mich irgendwie auch in diese Kiste steckt.

Die einstige Wurst am Mittag, Vera Int-Veen, machte sich auf und präsentierte neue Schwiegersöhne und altbekannten Quotengaranten.schwiegertochter-gesucht

Wie starten im romantischen Rheinland mit dem fitnessbegeisterten Fantasyfreund Ingo, seinem dauerlüsternen Papa Luz und der kettenrauchenden Mama Birgit. RTL spielt gerne mit den Adjektiven.
Die Hauswirtschaftshelferin Steffi eroberte das Herz des charismatischen Karoliebhabers im Sturm. Also Karo ist das Muster der Zeltplanen, welche er sich um den fitnessgestählten Leib wickelt und nicht etwa eine Nachbarin. Das Herz von Ingo zu erobern ist nun nicht die grosse Herausforderung, der gute Ingo nimmt, was ihm Vera durch die Türe schiebt. Papa Luz, welcher auch den Stadtbus rammeln würde, so dieser einen Rock trüge, bestärkt ihn in seiner Wahl stets mit guten Tipps, bei Bedarf auch via Ferngespräch in eine Pariser Telefonzelle.
Steffi war schon die zweite Frau seines Lebens – und dies mit knackigen 24 Jahren und durch die Haare wachsender Kopfhaut – dennoch hat sie gleich nach Drehschluss Fersengeld gegeben und so ist der Fantasy-Autor, er schreibt sein zweites Buch, wieder auf der Balz.
RTL lässt ihn nicht im Regen stehen und hat Papa Luz Beates Nummer zugeschoben. Während Mutter Birgit eine Fluppe ansteckt, ruft Papa Luz ganz spontan im beschaulichen Bayern an und wie der Zufall so spielt, steht dort auch gleich ein RTL-Team im Wohnzimmer. Wobei der Verdacht besteht, dass RTL immer ein Team bei Beate hat.
Auf dem Sofa die Beate. Zur Linken die Mutter, welche als Anstandsdame fungiert und ums Eck der Papa, welcher wie eh und je, und er solls dem lieben Gott danken, irgendwie von allem nichts richtig mitkriegt.

Siegfried 48, seit 20 Jahren Single, wünscht sich nichts mehr als eine Organspende. Also er will spenden. Sein grosses Herz möchte er einer Frau geben. Seit 15 Jahren sammelt er Zucker, ein schönes anständiges Hobby. Natürlich nicht die grossen Säcke aus dem Supermarkt, sondern die kleinen Kaffeebeilagen, welche er in seinem Kinderzimmer in Tupperware-Schalen hortet wie ein Eichhörnchen.
Mein lieber Scholli. Manch Oma war kriegstraumatisiert und die Erben fanden Wandschränke voller Zuckersäckchen. Ist nachvollziehbar. Aber wenn einem 48-jährigen Mann keiner auf den Kopf haut und beim Anblick der 13’000 süssen Tüten nachfragt, ob hier drin noch alles am richtigen Platz sei, grenzt dies an unterlassener Hilfeleistung.
Seine Frau muss sein Hobby teilen und sich dafür interessieren.
Dies erklärt natürlich in gewisser Weise sein 20-jähriges Single-Dasein.

Mutter Erna, 78, verrät, dass der Siegfried lieber von einem Menschen zurück geht als wie er einen Menschen ansprechen tät. Original-Ton.

Der humorvolle Handwerker Christian ist 32 und will endlich nageln.
Mutter Ute, 54, gibt zu verstehen, dass sie nun auch bereit wäre und Christian das Projekt Frau angehen könnte. Solange gehen die beiden gerne miteinander in die Sauna, sitzen sich gegenüber und tauschen sich aus.
Zu den Dingen welche ich nie erleben möchte, zählt definitiv ein Saunagang mit der Mutter. Mit der Schwiegermutter schon gleich dreimal nicht. Nein, genau so wenig. Aber villeicht bin ich da etwas sehr verkorkst.

Der Lothar ist 54, Single seit 1996, wohnt mit seiner Mutti zusammen, hat einen Fliesentisch und 50 Hühner. Mit diesen möchte er sich gerne selbständig machen, solange ist er Gebäudereiniger.
Seine Frau müsste einfach anders kochen als seine Mutti. Mehr Ansprüche hat er nicht. Junge, geh McDonald. Oder nimm dir den Dieter…

Der Dieter, 36, backt gerne Muffis (Muffins, Anm. d. Red), hat ein Puzzle von Neuschwanstein an der Wand und verlässt sein Haus nie. Er hätte eben die richtige noch nicht getroffen um das Haus zu verlassen.
Ist eine Einstellung, kann man so stehen lassen.
Solange baut er Modelle und wartet. Rufen sie jetzt an um den schüchternen Dieter zu treffen.

In Bayern setzen Beate und Mutter Irene auf Alkohol um Ingo gefügig zu machen. Eine Fruchtbowle muss her.
Man nehme:
2-3 Flaschen Keller Geister (also Kellergeister, ein Perlwein mit mind. 7 % Alkohol)
2-3 Dosen Mandarinen (wusste nicht, dass es diese in Dosen gibt)
1 Flasche Sekt (mindestens 10 % Alkohol
1 gute, halbe Flasche Brandwein (also Branntwein, mind. 15 % Alkohol
1 grosse Packung Zucker (oder auch mehr)
eine Idee Sprudelwasser (lieber etwas weniger)

Abgesehen davon, dass vom Mund bis Schliessmuskel hernach alles zusammenklebt, wird die Brühe wohl kräftig reinhauen. Ob es genügt, sich Beate schön zu saufen sei dahingestellt. Immerhin ist da ein ziemlich dominanter, stattlicher Damenschnurrbart und Oberschenkel wie Unterarme sind auch ganz ordentlich buschig.
Aber, so klärte mich Bella auf, es gibt keine hässlichen Frauen!

Der Thomas ist auch wieder im Rennen.
„Beate“, an Förmlichkeit nicht zu übertreffen, „hast du Lust mit mir gemeinsam eine Nacht zu verbringen?“; sprach er letztes Jahr in Bali. Im figurbetonten, vollsynthetischen Funktionsshirt und eine Kik-Shorts, welche er bis knapp unter die Achseln zu ziehen pflegte. Auf den Stockzähnen grinsend, dass mich deucht, RTL hätte ihm diese Worte in den knochigen Kiefer gelegt.
Da hat er die Rechnung ohne Mama Ingrid gemacht, welche ihre Prinzessin doch nicht dem erstbesten Lüstling in die Kiste wirft.
„Nä!“, war die Antwort.
Um dem Ganzen noch einen draufzusetzen, hat ‚jemand‘ (RTL?) der Beate gesteckt, dass Thomas‘ Mutter die Beate im Fernsehen gesehen hätte und als „grotten-hässlich“ bezeichnet hätte. Es muss sie also doch geben, die hässlichen Frauen.
Man muss der Beate zugestehen, und dies rettet RTL wohl auch vor einer Klage wegen der Zurschaustellung von Menschen mit einer Beeinträchtigung, dass sie ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein hat. Selbst als Vera ihr ins Gewissen redet, sie darauf hinweist, keine Bachlorette zu sein und, auf gut deutsch, einmal nehmen muss, was sie kriegen kann, hat sie nur stolze Verachtung für die Moderatorin übrig.

Vierhundert Kilogramm, oder drei Personen, treffen im schönen Bayern ein. Super-Ingo mit Familie besuchen Beate. Papa Luz will Schlachtpläne entwickeln, wie man die Problemkinder unterbringen kann.
Beate hat die Vermutung, sie schmeisse ihr Herz den Männern zu schnell hin.
Nun gut, sich etwas rar und interessant machen klappt im Prinzip ja schon, aber auch mit Perlmutt-Türklinke bleibt ein Dixi-Klo ein mobiler Donnerbalken. Aber dies ist meine Sichtweise.
Der Ingo hingegen kommt zur Einsicht, dass er vielleicht mit dem Heiratsantrag etwas schnell zur Hand ist. Kennenlernen und heiraten innerhalb zwei Monaten könne die eine oder andere Frau etwas abschrecken.
Nicht unbedingt, lieber Ingo, wenn ich korrigieren darf. Nicht, wenn du einen acht bis neunstelligen Betrag in deinem Sparschweinchen hast. Aber solange du noch oben bei Mutti im Kinderzimmer wohnst, wäre es möglich, dass dies der springende Punkt ist, da hast du recht.
Nun möchte er jedenfalls langsam den Grundstein legen und eine Paramide, ja Paramide, aufbauen. Wir sind gespannt!

Im reizvollen Ruhrgebiet wohnt der Maik, 38 Jahre, und hat ein zwei Meter grosses Herz.
Er kuschelt gerne mit seiner Mama und ist auch sonst ganz ein lieber, guter Junge.
„Ich würde schon gerne mal eine Frau im Arm haben“
„Ach komm, wir kuscheln mal“; spricht die Mama. Verrucht, rauchig, wie in einem Inzest-Porno-Streifen. Hat ein Kollege gesagt, der jemanden kennt, welcher schon einmal gehört hat wie jemand einen solchen Film gesehen hat.
Selber länger Single als eine Hand Finger hat, bin ich mir des Sitzens im Glashaus bewusst. Dennoch behaupte ich zu wissen, Frauen wollen keinen lieben Kerl. Ausser er hat ein volles Sparschwein.
Frauen wollen auch keinen, der seine Mutti kuschelt. Ausser er ist Italiener, mit einem ganz innigen Verhältnis zu seiner Mamma und Nonna, dann ist dies irgendwie etwas anderes.
Aber gewiss wollen Frauen keinen 38-jährigen Zwei-Meter-Mann aus dem Ruhrpott im H&M-Streifenhemd, welcher gerne mit Mami kuschelt und bei Mutti seine eigene Nasch-Schublade hat, weil er solch ein Schleckermäulchen ist.
Ich behaupte, würde sich jemals einer zum Verkauf bieten, welcher vom lieben Gott nicht kurz vor Feierabend gemacht wurde und unter Umständen noch eine patente Person wäre, die RTL-Drehbuchautoren und Kameramänner des Teufels würden ihn trotzdem als kompletten Trostpreis präsentieren.

Sie haben noch mehr vorgestellt, aber ich mag nicht mehr gucken. Muss reichen für heute.

 

 

 

 

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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