Tales from the kitchen; Bündnerfleisch

„Ohne Beilagen ist Bündnerfleisch die erlesenste Art, Diät zu halten.“

Wird es günstiger wenn ich gleich mehrere nehme?loriot-einkaufDu bist was du isst.
Gestatten, Roman Cathomas. Einfach weil ich Cathomas cool finde. Weil bei Cathomas, im Gegensatz zu Caduff, die Betonung schon die Spreu vom Weizen trennt.

Mein Verzehr an Bündnerfleisch bedroht die argentinischen Viehbestände und im Betrieb werde ich bereits gehänselt. Während andere die Reste vom gestrigen Abendmahl, in viel Sauce schwimmend aus Plastikschalen löffeln, das Ganze mit einer Cola extrarot runterspühlen und das Mahl mit einem Schokoriegel oder einer Nussstange von der Tanke beschliessen, knabbere ich an einem Rind zwischen zwei Brothälften. Selbst gebackenem Brot versteht sich. Nicht die abwechslungsreichste Form der Ernährung, aber der Sommer naht und Dr. Dukan hat mich in seinen Klauen.
Die Effizienz einer Diät scheint in Frage gestellt, so man sie bereits zum dritten Mal anstrebt. Nun, ich bin nicht der disziplinierteste Dukaner. Dukaner ist man letztendlich ein Leben lang, hält man sich nur an die Richtlinien. Einfache Richtlinien.letsplaySchokolade habe ich einfach zu gerne und in meiner Ahnengalerie muss ein Eichhörnchen unter den Stammhaltern sein. Erdnüsse und ihr verschlagener Vetter, die Cashew-Nuss, haben ganz schnell ihren fixen Platz in meiner Grundernährung.

Dukan ist nach wie vor die perfekte Diät, da lasse ich nichts drauf kommen.
Auch die Promidiät genannt. Wohl nicht nur wegen der illustren Dukaner auf dem Planeten…kate

… sondern auch wegen der Kostspieligkeit.
Selbstverständlich zählt die bezaubernde Duchess of Cambrigde zu den Dukaniern, nicht der Windsor zu ihrer rechten.

Kaufe ich also mein Bündnerfleisch in der Migros, räume ich regelmässig das Regal leer. Entweder ist die Nachfrage extrem gross und ich pflücke nur noch die Reste aus dem Kühltruhe, oder der Grossverteiler rechnet nicht mit ausgehungerten Dukaniern. Wenn man Pech hat, muss man auf das Bio-Bündnerfleisch zurückgreifen.
Ob es nun an der essbaren – unterstelle ich nun einfach – Verpackung liegt oder Bio-Rinder im Grundsatz müffeln wie grüne Deodorant-Verweigerer und dies an ihre Oberschenkel weitergeben, Fakt ist, das Bio-Bündnerfleisch riecht wie Oma unterm Arm.
widerlichDie nächste Peinlichkeit erwartet mich am Kassenkorpus. Der Erwerb von waffenfähigem Plutonium ist gewiss um vieles einfacher.
Wer noch nicht mit dem Finger auf mich zeigt wenn ich meine drei Kilogramm Magerquark und fünf Packungen Bündnerfleisch auf das Band lege, wird spätestens auf mich aufmerksam, wenn die Pakete über den Scanner gezogen werden.
Nicht dieses leise ‚ich hab es gescannt‘-Piepsen, nein, ein dreifaches ’sieht mal alle her‘-Piepsen mit Feuerwache-Alarm-Klingel-Effekt.
Die Kassiererin sollte es langsam wissen, komme ich doch dreimal die Woche vorbei, reagiert dennoch jedesmal mit einem „Häääh?“ gefolgt vom unweigerlichen „Trudi kommst du mal?“. Während die übrigen Feierabend-Kunden mich am liebsten durch die Kaffeemühle drehen würden.
Jede Packung Bündnerfleisch muss nun von der toupierten Frau Siebenhaar, die heisst wirklich so, quittiert und von Trudi durchgenickt werden. Warum wissen die Götter, es ist mir zu peinlich, nachzufragen.

Nebst diesem Spiessrutenlauf geht die Sache langsam ins Geld. Aber hauptsächlich ist es schon die Mühseligkeit des Einkaufs.
Ich weiss nicht, wieviel der Oberschenkel eines gesunden Rindes namens Gion oder Luregn wiegt, doch habe ich mir vier Kilogramm in einem Online-Schlemmer-Shop davon bestellt und fühle mich wie ein Wilderer. Bei einer Preisersparnis von 27%.
Da gönnte ich mir gleich noch eine Fleisch-Schneidemaschine aus dem regionalen Elektronikversand. Nach einem Kilo Fleisch beginne ich schon Profit zu machen. Nach zwei Kilo kann ich die Maschine wegschmeissen und mir eine neue bestellen. Theoretisch.
Dienstags bestellt, Donnerstag lag es in meinem Milchkasten. Dies nenne ich prompt.
Die Packung ins Haus getragen, mit dem Schraubenzieher raus und die Milchkasten/Briefkasten-Kombination wieder im porösen Mauerwerk befestigt und danach die Maschine aufgebaut.loriotKunstoffteilen welche gemäss Anleitung zusammengesteckt werden sollen ‚bis klick hörbaren eines sehen‘ stehe ich mit einem gesunden Misstrauen gegenüber. Lego machten nie Klick, weder hör- noch sehbar, und darin liegt wohl das Geheimnis, dass diese auch wieder zu trennen sind. Wenn auch bisweilen mit einem Küchenmesser. Die Maschine war von erlesener schlanker Bauart, man kann sie mit etwas gutem Willen in der Besteckschublade versorgen. Gerade wegen des gewitzten Klapp- und Steckmechanismus. Nun, besagter ‚Klick‘ hatte den Klang von einer Unendlichkeit, ich verzichtete darauf, die Teile wieder zu trennen.
Um sie zu starten hat ein normal ausgestatteter Mensch zu wenig Gliedmassen. Wie mein Vater zu sagen pflegt; Montiert man an einer Fräse alle Schutzabdeckungen nach Suva-Norm, ist man chancenlos das Schnittgut an das Sägeblatt zu bringen.
So muss ich meine Fleischschneidmaschine mit einer Taste entriegeln, selbige gedrückt halten, während ich den Startknopf presse. Hernach kann ich die Sicherheitsentriegelungstaste in ihre Ruheposition zurück führen, habe jedoch die Starttaste während des gesamten Schnittvorgangs gedrückt zu halten, während ich das Fleisch der Trennscheibe zuführe.
Eine Trennscheibe, welche mit der Geschwindigkeit eines ausgeleierten Plattenspielers ihre Runden dreht. Man ist versucht, sie ein wenig anzuschubsen, obwohl in der Betriebsanleitung in jedem zweiten Abschnitt davor gewarnt wird, irgendwelche Extremitäten auch nur in die Nähe des traurig eiernden Blechtellers zu bringen. Da man sowieso keine Hand frei hat, fällt es leicht, der Versuchung zu widerstehen.
Selbstverständliche, haute cuisine, wollte ich das Fleisch hauchdünn schneiden. Durch einen filigranen Drehknopf kann die Schnittstärke gewählt werden.
Nach mehrmaligem enthusiastischen Vor und Zurückschieben des Schnittgutbefürderungsschlitten, so enthusiastisch wie man zwei harzig laufende Plastikteile aufeinander eben schieben kann, erwartete ich schon, dass auf der anderen Seite der Trennscheibe langsam etwas zum Vorschein kommen sollte.
Nun waren die Scheiben so hauchdünn, dass sie irgendwie in das steck-und-klickverschlossene Gehäuse gelangten.
Die zuschauenden Mäuse auf den Logenplätzen in der obersten Etage des Gewürzbord schnalzten mit der Zunge, leckten sich die Schnauzen und schüttelten sich die Pfoten wie Bundesräte bei der Einfuhr einer neuen Steuer.
Ich musste mich für eine Dicke entscheiden, irgendwo zwischen Grabsener Mailänderli – für unregelmässige Leser, die hält man mit zwei Händen und stützt dabei mit Vorteil die Ellbogen auf den Tisch – und einem Toastbrot.

Schnittgut vertuppert und kühlgestellt, ging es daran die Maschine zu reinigen. Ich erinnere an meine Pearl-Pasta-Maschine. Vom Wasser fernzuhalten wie einen Mogwai. So stand es in der Gebrauchsanweisung. Natürlich nicht mit diesen Worten.
Na so schlimm wird es wohl nicht sein, dachte ich mir, und reinigte sie, wie dies ein gewissenhafter Hausmann eben tut. Vor drei Wochen gab ich einen Beutel voller Rost und einer kleinen Kunststoff-Kurbel Mutter Erde zurück.
Die Schneidmaschine durfte mit Wasser in Berührung kommen. Zumindest Teile davon. Jedoch nicht mit Reinigungsmittel und scheuernden Hilfsutensilien.
Ich entfernte die Abdeckungen, löste das ‚Schneiderad‘, zog den Netzstecker, steckte den Zeigefinger unter lästerlichen Flüchen über koreanische Schneidmaschinenhersteller in den Mund und überlegte, was an dieser Reihenfolge nun verkehrt war.

Unter Protest des diplomatischen Abgesandten der Gewürzbordmäuse entfernte ich die Rinderstücke aus dem Gehäuse und setzte zur fachgerechten Reinigung an. Mit einem sanften Schwamm. In etwa Sandpapier, Stärke 40.
Die gesamte Steck- und Klickkonstruktion, gehalten von Kunststoffdrehknöpfen, basiert auf dem Prinzip, dass man sich mit genügend Schmiere sämtliche Gleitlager ersparen kann.
Besonders alt wird das Ding kaum werden. Aber für 46 Franken will ich nicht reklamieren.
Ansonsten, habe ich gerade recherchiert, der gute alte Pearl hat noch einen für 39 Franken im Angebot.
Da nehme ich gleich zwei und krieg die 50-Watt Gartenfräse kostenlos dazu.

 

 

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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