Vom Bildungsgrad, Wirtschaftsinteressen und der Kausalität

So ganz nebenbei – Dinge die man ganz nebenbei erwähnt sind einem grundsätzlich sehr wichtig, man möchte dies, welcher Motivation zugrunde liegend auch immer, dem Gegenüber nur nicht direkt aufzeigen, oder denn wäre ein Link zum aktuellen Gesprächsthema bestenfalls durch weibliche Gedankenstränge logisch nachzuvollziehen – möchte ich auf die nervige Werbung zu ihrer rechten Bildschirmseite hinweisen. Klickt ihr auf diesen Thalia-Banner und geht shoppen, verdiene ich Geld. Aber hier greift die Zuckerberg-Problematik; Wer mit dem Smartphone surft, lässt sich nicht in digitale Knusperhäuschen locken.
Ist auch mehr ein Versuch, denn eine existenzielle Notwendigkeit.

Seit gestern spät nutze ich einen neue App. Den Tages-Anzeiger.
Anlässlich eines Jahresabschlussaperos meines Brötchengebers, drehte sich das Gespräch bald um Wirtschaft und Geld, es wurde über die Fusion von Xstrata und Glencore gesprochen; Ich marterte mein Hirn und suchte hoffnungslos die geistig gespeicherten Seiten meiner abonnierten, regional verankerten Printmedien. Glenmorangie, Glenfarclas, Graggenmore, Glendronach… Mir wurde beinahe schummrig ob der vielen schottischen Destillerien, welche vor meinem geistigen Auge durchblitzten – ein wenig bekam ich Lust auf flüssiges Gold aus dem Nosing-Glas – aber bei Glencore blieb es düster.
Ich masse mir nicht an, mich in allen Gesprächen einbringen zu können – Gott bewahre – aber da alle rundherum – vom Neunzehnjährigen bis zur Vier auf dem Rücken – genau zu wissen schienen, wer alles auf dieser Fusions-Party tanzte, fühlte ich mich wie der Zugezogene am Kaffeeklatsch über Ursulas neueste Männergeschichten und der Strickjacke der Brunnerin.

Zeitsprung

Als ich ein kleiner Schüler war, ergab es sich häufig, dass wir uns einen Zeitungsartikel aussuchen mussten, um selbigen vor der Klasse vorzutragen. Daraufhin wurde im Klassenzimmer siebzehn mal das Intelligenzblatt aufgeschlagen. Und einmal der Tages Anzeiger. Der Daniel las einen Artikel, der Andreas, die Maresa, der Peter; Siebzehn Schüler und der Lehrer hatten den Zeigefinger auf der selben Seite, unter demselben Schriftzug. Bis auf einen der aus der Reihe tanzte, der so eigentlich gar kein richtiger Schaffhauser sein könnte mit seiner Zürcher Zeitung, Grund genug zum hänseln und triezen.
Natürlich brachte ich zuhause scheu die Anfrage zu Gehör, weswegen wir keine Schaffhauser Zeitung lesen. Mein Vater pflegte daraufhin zu sagen; So er eine doppelseitige Berichterstattung wünsche, warum der Herr Meier auf seinem Rad mit der Drei-Gang-Nabenschaltung, am Plattenweg – Kreuzung Plattenhalde – während der Fahrt der Länge nach hinschlug und sich eine Schramme am linken Ellbogen zugezogen hatte, so er dies unbedingt wissen müsse und sich auch der Meinung hingeben wolle, dass nach der Feuerthaler Brücke das Ausland beginne, aus welchem man nicht allzu viel wissen möchte, da solche Informationen nur Unruhe stiften und uns nicht zu kümmern hätten, wenn er denn soweit wäre, würde er die Schaffhauser Nachrichten abonnieren. Sprachs und verschwand hinter dem dicken Bund der Tages Anzeiger-Ausgabe, las gewiss von der Minderheitsbeteiligung von Interdiscount an Radio-TV Steiner und der Fusion mit Coop und ich meinte noch etwas von wegen „und de Neininger isch sowieso en …. “ zu hören, aber dafür lege ich meine Hand nun nicht ins Feuer.

Manche Aussage meines Vaters war für Klein-Rab nicht nachvollziehbar und es mussten, und müssen, einige Lenzen in die Lande ziehen, dass ich nickend zustimmen konnte und können werde (Futur I). So fällt mir auf, dass ich die heutigen Tage wirklich genau weiss, für welches Bauerndorf Radio Munot spendet, wer am Lindli in den Rhein gespuckt hat, aber Geschichten jenseits der Feuerthalerbrücke dringen nicht an meinen Frühstückstisch, da die Doppelseite ‚Ausland‘ und die Spalte ‚Wirtschaft‘ der Schaffhauser Nachrichten einfach übersprungen werden. Ich verweile bei den Leserbriefen, lese den Regionalteil, lasse den Sportteil liegen und springe zur Tageschronik. Dafür löhne ich weit über dreihundert Franken im Jahr.
Aber nun habe ich die 20min-App durch die Tagi-App, auf Empfehlung eines Neunzehnjährigen, ersetzt, nun wird alles gut.

Heute entnahm ich dem Intelligenzblatt, dass Jungen vermehrt für den Lehrerberuf motiviert werden sollen. Nur noch zwanzig Prozent des Primarlehrkörpers sässen heute in Cordhosen mit weiten Taschen mit der rechten Pobacke auf die linke Ecke des Lehrerpultes – nachdem das grüne Fach für die Allerleihefte zur Seite geschoben worden war (Perfekt Konjuktiv?) -, um uns das Konjugieren beizubringen, sprich, war von männlichem Geschlecht, während vor fünzig Jahren dieser Anteil noch bei sechzig Prozent lag. Nun, meines Erachtens hat dies nicht wenig damit zu tun, dass vor fünfzig Jahren der Berufswunsch Ehefrau und Mutter noch durchaus realistisch und finanziell von einem durchschnittlichen Angestellten tragbar war.
Nichts desto trotz sollen Kinder nun zum Pädagogen herangezogen werden. Ihr entsinnt Euch, schrieb ich doch schon, dass die Wirtschaft vorgibt, welche Kräfte benötigt werden und einem botanischen Garten gleich werden die zarten Pflänzchen von den staatlichen Institutionen entsprechend gezogen, etwas überspitzt gesagt; Das Individum wird in Generationen ein nicht tolerierbarer Luxus sein, Orson Welles lässt grüssen.
Nun sind wir also beim ersten Schritt; Primarschüler soll die Verantwortung über Lerngruppen übertragen werden um ihnen das Machtgefüge schmackhaft zu machen, sie für den Beruf des Lehrers zu begeistern. Am Lehrer werden sehe ich kein Falsch, wäre ich nochmals Primarschüler mit einer etwas weiter fortgeschrittenen Reife als ich sie in den Achtzigern vorwies, würde ich gewiss ein solches Ziel verfolgen.

Beim Lesen dieses Artikels überdachte ich meine Berufsentscheidung. Nachdem mein Lehrer der Sprachen sich weigerte mich in englisch zu unterrichten – Original-Ton: Lerne erst einmal dich auf französisch auszudrücken, dann werden wir weiter sehen -, anderst ausgedrückt, mich in meinem Bestreben der Weiterbildung empfindlich ausbremste und als Vollidiot hinstellte, war klar, dass ich trotz dem Besuchen der Sekundarschule bestenfalls praktisch Bildungsfähig sei. Nach zwei Jahren vergeblichem Bemühen um einen Ausbildungsplatz als Maschinenzeichner oder Chemielaborant – das KV musst du gar nicht erst in Erwägung ziehen, dein französisch ist zu miserabel, werde Gärtner – kam die Ernüchterung, dass es bestenfalls zum Lebensmitteltechnologen reichen würde. Die Schnupperlehre zeigte mir jedoch, vielleicht eine völlige Fehleinschätzung, dass ich mich zum Suppen kochen, dem Befüllen von Verpackungsmaschinen und Staplerfahren überqualifiziert fühlte. Nichts desto trotz erhielt ich ein hübsches Musterköfferchen mit allerlei Knorr-Gerichten und drei Tage Bouillon schippen wurde mit hundert Franken Taschengeld und einem Stellenangebot belohnt.
Da stand ich nun ich armer Thor, war so klug als wie zu vor…
Wie die Jungfrau zum Kinde stolperte ich in den Frühlingsferien vor Schulende in einen Radio-TV-Betrieb, schnupperte mich durch und hatte zwei Wochen vor dem Ende meiner obligatorischen Schulzeit den Lehrvertrag in der Tasche, was ganz gut war, da ich keinen Plan B in der Hinterhand hatte.
Es waren weniger meine miserablen Französisch-Noten, noch meine unterdurchschnittlichen Leistungen in Mathe, denn die Tatsache, dass ich die Sekundarschule besuchte, welche mir die Lehrstelle bescherte. Und einen guten Draht zum Lehrmeister, wurde mir später mitgeteilt, da er als Einziger im Auswahlgremium für meine Wenigkeit einstand. Ich sollte ihm was schenken.

Ursache und Wirkung, und ein hübscher Schluss; Einen Lehrabschluss hätte ich kaum geschafft, wäre meine Lehrfirma nicht dreimal neu organisiert, optimiert und umstrukturiert geworden und hätte ich nicht eine gute, auf menschlicher Ebene, Beziehung zu meinem demzufolge dritten Lehrmeister aufgebaut, welcher zufällig in der Prüfungskommission sass und mich in unzähligen Samstag Vormittagen – nicht zu kompensierende Überzeit für den Lehrling (weil Lehrlinge dürfen ja keine Überzeit leisten), um den Ausbildungsauftrag neben dem gewinnbringenden Einsatz der Auszubildenden während der Arbeitswoche (der rentable Lehrling war ein Ergebnis der Umstrukturierung, die Rediffusion hatte bis dahin einen exzellenten Ruf in Sachen Ausbildung und Lehrabsolventen konnten unter Anfragen von anderen Firmen auswählen) doch noch wahr zu nehmen, die Firma war ihrer Zeit voraus – akribisch auf die Prüfung vorbereitet hatte. Der Lehrmeister durfte den zusätzlichen Aufwand kompensieren, dennoch: Ich sollte ihm was schenken.
Die Lehrstelle hätte ich nicht erhalten, hätte mich mein Sekundarhauptlehrer nicht mit grossem persönlichen Einsatz durch die Orientierungsstufe geschleift und jedes zweite Semester provisorisch versetzt. Ich sollte ihm was schenken.
Durch die Aufnahmeprüfung für die Sekundarschule wäre ich mit Pauken und Trompeten durchgerasselt, hätte mein Primarlehrer nicht ein verborgenes Potential im Beherrschen der deutschen Sprache zu sehen geglaubt und mich mit einer unterirdischen Punktzahl in die Sekundarstufe gehoben. Ich sollte ihm was schenken.
Mein Leben wäre nicht seit dem Verständnis von Wort und Schrift von der Flucht in Bücher beseelt gewesen, hätte ich nicht den Patchwork-Gräuel durchlebt. Ich sollte meiner Mutter und dem Patchwork-Drachen…
Ich denke hier sind wir bei der Ursache, soweit meine Erinnerung zurückreicht, vielleicht war ich ein unglaublich mühsamer Säugling und hatte dadurch den ganzen Stein ins Rollen gebracht, aber dies sind Spekulationen. Jedenfalls haben wir die Kausalität soweit zurückverfolgt, dass wir bei der Bedingung angelangt sind und so ich den beiden Protagonisten was schenken sollte, wäre es bestenfalls ein wohlgemeinter Tritt in den Arsch. Denn das Resultat dieses Way of Life kenne ich, eigentlich wäre ich nun neugierig auf das Ergebnis einer null-acht-fünfzehn Kindheit; Wer weiss, vielleicht würde ich in Cordhosen mit weiten Taschen auf einer Pultecke sitzen und Drittklässler unterrichten.

Hach, wie schön ist es, wenn man die Schuld auf andere Abwälzen kann.homer

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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