Wahlkrampf oder gelacktes Grinsen am Strassenrand

Heute waren sie unterwegs.
Die vielen kleinen Helferlein unserer Politiker. Kein Baum, kein Laternenpfahl blieb verschont. Der regionale Baumarktleiter bestätigte, seit der Fifty Shades of Grey-Premiere sei der Kabelbinderumsatz nicht mehr so durch die Decke gegangen.
Nun grinsen sie wieder, die Kandidaten.

Ein klein wenig scheint man also auch an unser oberflächliches Denken zu appellieren. So wähle ich nicht eine Idee, eine Gesinnung und eine Partei nach Bern, sondern ein Mensch. Respektive ein Gesicht.
Da darf man durchaus auch etwas auf das Bild eingehen.

Selbstverständlich ist das Abbild auf der Pappe nicht bei jedermann/frau der erste Eindruck. Die erste Wahrnehmung war in etwa „Ich setze… ähm… mich ein für… ähm eine vier…. spurige Bahn nach Winterthur“ und zu selbiger sinnentleerter Phrase erhält man nun ein Gesicht. Hat etwas scheues, beinahe gehetztes. Erinnert mich stets an ein Frettchen. Ein Frettchen mit dicker Brille.
Schon seit Wochen grinst es mich in der Enge jeden Abend an. Aus einer Hecke. Wie die heilige Barbara sitzt er in einer eigenst zurechtgestutzten Nische eines wohl glühenden Verehrers mit spitzer Heckenschere. Mittlerweile erobert sich der natürliche Zaun sein Territorium zurück, der Herr Dubach ist bald ein grüner Kandidat.

Seit kurzem trumpfen auch die Jungfreisinnigen auf.jungfreisinnigeDie Jungfreisinnigen sind ja so quasi die Spielgruppe der FDP. Also wer das Geschick des Landes in die Hände von Studenten legen will, ist hier gut bedient.
Das Bier in der Hand soll nach Angaben von Marcel Montanari (l.) und Res Hauser Bodenständigkeit symbolisieren. Wie der Pädagogen-Snoopy, welcher verkehrt auf den Stuhl sitzt, seine Unterarme lässig auf der Lehne abstützt und den Plauderton anschlägt. Huh, er sitzt verkehrt rum, damit können wir uns identifizieren, er ist einer von uns.
Wirken sie nicht etwas verkrampft? Anderseits, wenn man in Betracht zieht, dass sie ganz offensichtlich einen Stock im Allerwertesten haben, stehen sie wieder ganz lässig da. Der Linke ist noch etwas überrascht, findet es aber nicht unangenehm, der Rechte weiss schon wie es läuft.
Ja ja, aber die haben angefangen mit dem Bilder aufhängen.

Wer die Wahl hat…
In der Tagespresse teilt Hinz und Kunz mit, warum sie diesen wählen und jener eben nicht wählbar ist. Nahezu täglich eine Seite. In etwa Irma und Max Brühlmann empfehlen mir unbedingt Walter Vogelsanger – nicht zu verwechseln mit dem Kolumnenschreiber – zur Wahl weil „Die Kinder besitzen alle ein GA“. So der Titel ihrer eingesandten Zeilen. Welche des weiteren verkünden, dass die Kinder wohlgeraten sind.
Kann meine Mutter nicht mit auftrumpfen. Nicht nur, dass sie unwählbar ist weil ihr Auto vier Räder hat, bezichtigt ihr Sohn die Jungfreisinnigen, sich mit Besenstielen zu verlustieren.

Hans-Peter Sorg teilt mit, dass nur Leute links der Mitte wählbar seien. Da setzt er jedoch einiges an politischen Vorkenntnissen voraus. In etwa wer die Mitte ist. Ich meine die FDP. Wobei die manchmal links und rechts ist. Die FDP erinnert mich stets an die zwei Kinder welche bei ‚1, 2 oder 3‘ hin und her sprangen, bis das Licht endlich still stand. Wie die Wiesel halt.

Ganz engagierte Bürger nehmen richtig Geld in die Hand. Die schalten ein Inserat. Zwischen „Frischer Kalaf Kalaf bei Amarillo zum halben Preis“ und „Longhitano kauft Gold zu fairen Preisen“ lese ich dann, dass der Töbeli Hans der Überzeugung ist, dass Germann von Gottes Gnaden nach Bern gesandt wurde und dort bleiben soll. Und dass er entäuscht von Minder sei.
Das ist ganz wichtig. Vergisst um Himmels Willen nicht zu erwähnen, dass ihr enttäuscht von Minder seid. Der bringt da Unruhe rein. Und ist irgendwie nicht so richtig im Filz. Netzwerk, pardon.

So ein klein wenig naiv sind wir ja schon. Wir Bürger, welche den Strassen entlang in die toten Gesichter starren.
Wenn man bedenkt, dass es sich die Kandidaten 50’000 bis 100’000 Franken kosten lassen, sich nach Bern wählen zu lassen. Sie investieren zwei Mindestlohn-Jahresgehälter für die Eventualität, sich hernach Stände- oder Nationalrat nennen zu dürfen.
Nur zu unserem Wohl, weil dieser eine mit Kabelbinder an den Kandelaber geknüpfte Politiker ganz genau weiss, was am Besten für uns alle ist.
Es ist unglaublich, dass auf dieser Welt so viel Leid liegt, wenn sich hier die reinen, selbstlosen Gutmenschen um einen prominenten Platz am Strassenrand prügeln.

Also wenn ich bei House of Cards und Ken Follet’s Politromanen irgendwas gelernt habe, dann, dass niemand in einen Politiker investiert, weil er auf Papier Stärke drei an einer jungen Pappel so unglaublich toll aussieht.

Also wählen müsste ich die Alternative Liste.alEinfach, weil mir das Plakat im Comic-Stil gefällt.
Aber mir machen solche starken Frauen Angst. Die verurteilen mich bereits vor, nur weil der liebe Gott mir einen Pullermann geschenkt hat.
Die Welt retten ist ein toller Ansatz, aber würden sie soweit gehen, die Welt vor Politikerinnen zu retten oder wäre dort dann Schluss?
Denn bei aller Gleichberichtigung denken die Leute hinter der Mitte gleich Links immer noch, dass man eine Partei wählen sollte, nur weil sie Frauen auf der Kandidatenliste hat. Wo kämen wir denn hin, wenn wir Volksvertreter aufgrund des Geschlechts wählen?

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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