Wäre Snoopy doch nur ein Hund…

Gesegnet sind jene, welche schon mit 15 Jahren ein Studium anstreben und in die Kantonsschule übertreten. Solange Papas Bankkonto voll ist studiert man sich durch die Jugend, irgendwas wird sich dann schon ergeben, hauptsache ein Studium.
Die etwas weniger Schulbegeisterten rufen bei diversen Firmen an um eine Schnupperlehre zu machen. In meiner Jugend vereinbarte man während den Ferien eine Schnupperlehre, guckte in einen Betrieb, erhielt sowas wie eine Qualifikation, bewarb sich und das wars.
Die Eltern drängten, der Lehre drängte und irgend wann absolviert man eine Lehre in einem schwachsinnigen Job wie Radio- und Fernsehelektriker. Hä, da hesch was… das het Zuekunft… e richtigi Lehr… Was will man machen, Job Scheisse, Zukunft ungewiss und die Berufslehre ist ja sowas von passé. Verlorene Zeit; Will man nicht das Leben lang im Staub kriechen muss man sowieso weitere Schulen besuchen, warum also nicht gleich. Doch wie kann ein pubertierender Teenager wissen, wie das Leben läuft. Ist er keine Leuchte in der Schulbank heisst es; Hä, da hesch was… das het Zuekunft… e richtigi Lehr…
Nur hat die Neo-Nullbock-Generation weder Lust auf lernen, noch arbeiten, noch die Hosen hochzuziehen oder die Schuhe zu binden. So steht regelmässig ein solcher Snoopy im Eingangsbereich des Betriebs herum. Natürlich, ich habe den Termin mit ihm, nicht selten auch mit Mutti an seiner statt vereinbart, vergesse dies jedoch mit dem Auflegen des Hörers wieder. Es ist nicht so, dass ich faul bin, es interessiert mich einfach nicht. Aber wenn einer seine Zukunft wegschmeissen will, bitte, komm und schnuppere an deinem Untergang.
Steht also da, die Hosen in der Kniekehle, den Gesichtsausdruck von “Scheisse-schon-aufstehen” und mit den Gedanken ganz weit weg. Auf dem Kopf eine Frisur Typ Wischmob in Justin-Biber-Style, die XXL-Kleidung wird noch über den Eingang geschleift, während er seinene schlurfenden Schritte in meine Richtung lenkt.
Nur schon da frage ich mich, was will der Typ überhaupt und dann sollte ich auch noch ein Kreuzchen unter dem Punkt ‘erster Eindruck’ machen. Eine Skala von ++ bis –. Natürlich will ich den vor Enthusiasmus sprühenden Lehrling mit einem Haarschnitt nachdem man die Uhr stellen kann. Andernseits muss man mit der Zeit gehen und kann schlecht jemanden verurteilen welcher dem Trend der Mode folgt. Nein, streichen sie das, sollte nicht verurteilen. Natürlich mache ich das, die Frage ist nur, wie sehr beeinflusst dieser Eindruck meine Entscheidung. Sehr.
Ohne Klischees zu unterstützen, aber es besteht ein Unterschied zwischen jenen, welche in den Ferien schnuppern und jenen welche dafür von der Schule dispensiert werden. Die einen wollen, die anderen machen einfach.
Und dann noch die Anrufe der Lehrer… Ruft der Lehrer eines Schülers an um sich zu erkundigen, hat selbiger sowieso schon verloren. Hab keine Lust jemanden am Händchen zu führen. Kann er mit 15 noch nicht stehen sollte er sich nicht am gehen versuchen. Allgemein, die Einmischung der Schule ist sowas von nervtötend. Und einen Lehrvertrag wollen die Lehrer am liebsten schon bei der Einschulung unterschrieben haben. Wer beim Übertritt in die 3. Sek. noch keine Lehrstelle hat gilt als verloren. Sek… Psychologisch auf der sicheren Seite gehen alle Schüler in die Sek und die Zeugnisse gleichen einer Multiple-Choice-Aufgabe.
Zurück zum Wischmob… Etwas sehr korpulent, gewichtsmässig ist er mir bei selber Grösse und 18 Jahren weniger einiges voraus, raucht seit er 13 ist und hat dementsprechend etwas Mühe genügend Sauerstoff in seine Lungen zu pumpen. Steht hinter mir rum, keucht mir ins Ohr. Nach dem Treppen steigen japst der Arme nach Luft und zu allem Übel steht er in des Kunden Wohnung geplagt von fortwährendem Aufstossen. Den Rest des Tages reduziert er sein Tempo kontinuierlich, bis er in Zeitlupe um die Ecke kriecht und dann sollte ich auch noch ein Kreuzchen unter dem Punkt ‘körperliche Eignung’ machen. Eine Skala von ++ bis –.
Seine lethargische Interessenlosigkeit an sämtlichen Vorgängen um ihn herum animiert nicht direkt zu einem Gespräch. Er sei eben scheu, so beim Abschlussgespräch, stimmte mich nicht milder. Es gibt scheu und leck-mich-am-Arsch.
Und dann sollte ich auch noch ein Kreuzchen unter dem Punkt ‘Teamfähigkeit’ machen. Eine Skala von ++ bis –.
Diverse dieser Kreuze wurden verlangt. Ach bitte… Mangels eines Würfels drehte ich den Stift auf dem Blatt und überliess die Kreuze König Zufall. Beim Abschlussgespräch wusste ich nicht, bricht er gleich in Tränen aus, rennt er schreiend auf die Kreuzung, springt in den Rhein oder ist es ihm scheissegal.
Und solcher Trantüten wandeln zuhauf auf der Strasse. Gut, der Job ist ein Magnet für Freaks und wer sich nicht innert nützlicher Frist davon abwendet trägt offensichtliche Schäden davon aber nicht selten Frage ich mich ob dies unsere Zukunft ist. Und unter diesen Trostpreisen soll ich mich für einen entscheiden und diese Nase 4 Jahre durchschleppen nur um meine Menschenkenntnis tagtäglich zu hinterfragen.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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