Zeitgedanken nach dem Urlaub

Muesch sie no Pikett umschalte, bisch sie du dra jetzt.

Nach dem Urlaub baut man auf einen etwas gezogenen Start, hegt zumindest die stille Hoffnung. Arbeitskollegen treffen, sich etwas austauschen, eingewöhnen, einfach einen Tick gspürsch mi. Ich stehe nicht auf das „Hesch schöni Ferie gha“, wird man von seiner Frau verlassen fragt ja auch keiner, habt ihr eine tolle Beziehung erlebt, aber im Grundsatz möchte man mit Samthandschuhen an den Brennofen geführt werden.
Aber auch so kann man natürlich einsteigen. Da weiss man auch gleich woran man ist, mit einem Fusstritt in die Brennkammer, Burn Baby Burn.
Für vierzehn Tage der Firma für 24 Stunden am Tag mit Haut und Haaren verschrieben, spühlen wir in diesem Zug auch gleich den Nationalfeiertag ins Klo.

Da steht schon der Wagen mit der Kabelrolle bereit.
Nein nein, ist nicht mein Business; Sprach ich im öffentlichen Verkehrsmittel zu meinem Sitznachbarn, hatte der Chef doch im Zuge eines sozialen Aktes einen ausgebrannten Mitmenschen zur Wiedereingliederung in die Arbeitswelt „eingestellt“. Für eben genau diese sinnentleerte Arbeit, vom Amt bezahlt.

Ich starre ungläubig gegen die Frontscheibe. Eine Mischung von Schweiss und nassen Klamotten schlägt sich auf dem Glas nieder. Das tropische Klima wird linksseitig mit einem Hauch Zwiebel versetzt, rechterhand steigt abgestandener, in den Kleidern festhängender Rauch in meine Nase.
Unterwegs mit den Sozialfällen.
Der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, ohne nennenswerte Ausbildung und äusserst begrenztem Einsatzbereich, innigst geliebt und verehrt von der Geschäftsleitung,  zu meiner Linken, hinter dem Volant und in seiner ureigensten Art die Kupplung bearbeitend.
Zur Rechten der arme, vom Amt bezahlte Tropf. Menschlich ein feiner Kerl, tut mir aufgrund seines Burn-Outs auch ein wenig leid, kniet sich rein, hat aber die schlechte Angewohnheit, mit einem Clown zu frühstücken. Oder einen Clown, oder zumindest in der Witzkiste zu nächtigen.
Sitze ich mitten in dieser Gesellschaftskombination, bereit in den Dreck zu knien und den Anweisungen des Mitarbeiters mit Migrationshintergrund Folge zu leisten.

Nass bis auf die Calvin-Klein, pardon ESPRIT, blicke ich auf einen konstruktiven Vormittag zurück. Während der Regen auf meine Kapuze prasselte hatte ich jede Menge Zeit, mir Gedanken zu machen. Der erste Tag nach den Ferien bietet sich direkt dafür an.
Bin ich für diese Tätigkeit überqualifiziert, oder vielleicht doch dort angekommen, wo ich hingehöre?
Im Falle einer Überqualifizierung, wäre es wohl an der Zeit, eine Beschäftigung zu suchen, welche meinem Bildungsstand entspräche, allen Versprechungen zum Trotz, knie ich weiterhin regelmässig in der Gosse, schäme mich vor meinem Umfeld, bin mir selber peinlich.
Oder gehöre ich dahin? Dann hätte ich jedoch diese Mails zu ignorieren, welche mich in Beschlag nehmen, welche gewisse Geistesarbeit verlangen, welche über schaufeln und pickeln hinaus gehen.
Aus welchem Blickwinkel man es auch immer betrachtet, zwischen Tisch und Bank gerutscht stösst man sich doch stets Knie und Kopf und langfristig geht es in den Rücken.

Eigentlich bin ich einer guten Ausgangslage.
Mit 36 Jahren sind bereits mehr Türchen zugeschlagen, als noch zu durchschreiten wären.

Bis fünfunddreissig möchte man sich noch alle Optionen offen halten. Denkt sich, vielleicht doch irgendwann Frau, Kind, Hund und einen Minivan. Oder hat man noch berufliche Ambitionen, vielleicht doch noch einen grünen Zweig erhaschen. Erst die fünfundreissig durchschritten, kann man einmal die Reissleine ziehen, den Spühlkasten leeren und den Klodeckel zu machen.
So man nur noch für sich selber zu sorgen hat, frei jeglicher Verpflichtungen und alle Illusionen ins Reich der Wattebäuschen gejagt, kann man sich ernsthaft Gedanken über die Work-Life-Balance machen.

Habe ich nun 14 Tage auf dem Autositz und im Zelt verbracht.
Ein paar Euronen rausgeballert und ein paar Kilo angefressen. Und dafür mache ich nun wieder monatelang den Bückling, immer schön trocken hinten rein, dabei lächeln und danke sagen.
Niemand kann was dafür, wenn ich meine Freizeit nicht zu gestalten weiss. Aber so ich keine höhere Anforderungen als ein Autositz und ein Zelt an meine Freizeit stelle, nur für mich selber malochen muss, stellt sich vielleicht die Frage, ob man den Arbeitsaufwand, den resultierenden Ertrag nicht an die bescheidenen Erwartungen an das Leben anpassen soll.

So, nun wieder ins nasse Beinkleid, die triefende Jacke überbezogen, auf zu geistigen Höchstleistungen unter der Kapuze.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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