Für das Klima, koste es was es wolle

„Do hani eifach Froge“, würde ein alter Arbeitskollege die Berichterstattung kommentieren. Nicht, dass er im Grundsatz ein erstaunlich gut informierter Zeitgenosse war. Eigentlich hatte er immer „Froge“ wenn etwas nicht genau so ablief wie er es sich vorgestellt hatte. Und eine Antwort generierte höchstens noch mehr „Froge“ weil schliesslich sein Vorgehen der Königsweg war, doch ich schweife ab.
Heute habe auch ich ein paar Fragen.

Der Protest auf dem Bundesplatz wurde beendet. Ziel erreicht. Denn wenn ein Protest kein Aufsehen generiert und im Idealfall äusserst gewaltsam niedergeschlagen wird, macht er irgendwie keinen Sinn.
Dies ist wie ein Streik, bei welchem, den Streikenden ausgeschlossen, eigentlich keiner einen Schaden davonträgt. Schule schwänzen am Freitag zum Beispiel. Oder wenn ein Bundesangestellter die Arbeit niederlegen würde.

Ich verfüge auch nur über sehr rudimentäre Informationen. Wenn die Emotionen hochgehen ist der Blick die Lokomotive und 20min der erste Heizer. So jagt man durch die Schweiz und jeder dumme Tölpel springt auf den Zug. Weil gratis und überall kann man zusteigen. Und genau hier informierte ich mich.
Wissen diese Blätter eigentlich, dass die Mehrheit ihrer Leser während des Studiums der investigativen Recherchen die Hose irgendwo zwischen Kniekehle und Knöchel hängen hat und mit nacktem Hintern über einer Keramikschüssel hängt?

RiseUpfor… ach leckt mich doch am Bürzel. Was ist aus den „Atomkraft? Nein danke“-Buttons geworden? Die erfasste man mit einem Blick. Ja, suchte sie sogar an der Jacke des zottelbärtigen Studenten. So funktioniert Marketing. Die Klimabewegung hat hier einen Grundsatz nicht verstanden. Der Köder muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Ich bin mir schon bewusst, Vertreter der Klimajugend sind für gewöhnlich gebildet und zeigen dies auch gerne ein wenig vor. Aber kein Otto-Normalverbraucher bemüht die Google-Übersetzungs-App um ihre englischsprachigen Kommuniqués zu übersetzen.
Schade um Omas Leintuch. Mit welchem man so ja auch kein Bett mehr beziehen kann, nachdem man es mit aus Mineralöl gewonnenem Acrylharze und Polyvinylacetat mit einer klimafreundlichen Botschaft versehen hatte. Da müsste man mit offenem Fenster schlafen und die Heizung entsprechend höher drehen.

Die Demo auf dem Bundesplatz war so ja nicht direkt bewilligt. Richtig beeindruckt bin ich daher von der logistischen Leistung der Demonstranten.
Wenn ich mein Fahrzeug in der Fussgängerzone abstelle, schaffe ich es kaum die Fahrertüre zu schliessen, ohne dass mein Scheibenwischer von einem beflissenen Ordnungshüter nicht direkt zum Zettelhalter umfunktioniert wurde.

Wie ich den Medien entnehme, haben die Aktivisten nicht nur ein grosses Gepäckzelt errichtet, da standen unter anderem eine ordentliche Versorgungsküche und mobile WC-Anlagen. Es ist nicht nur die Infrastruktur an sich, vor allem auch die Transporte. Da muss ein veganer Student ganz schön buckeln, um dies alles auf den Bundesplatz zu schaffen. Grosser Respekt meinerseits.

Die Schweiz wäre nicht die Schweiz, wenn das Zelten auf dem Bundesplatz nicht verboten wäre. Interessiert die Klimaaktivisten nur bedingt, doch da brauche ich nicht mit Steinen zu werfen. Überraschender ist die Wahl ihrer Behausung. Ich sehe hier keine Baumwoll-Spatz-Zelte oder mit Leinen bespannte Planwagen.
Nein, von den schäbigsten PVC-beschichteten Polyestergeweben haben sie auch noch die billigsten gezogen.
Noch nicht einmal ich glaube daran, dass meine fünfhundert-Franken Trekkingzelte unter menschenfreundlichen Bedingungen erschaffen werden. Was denken diese jungen Menschen erst, wer ihr dreissig-Franken Sportxx-Zelt zusammengeschweisst hat? Und über welche Wege es von Bangladesch bis in den Interdiscount am Bubenbergplatz gelangte? Und wie viele Campingurlaube sind einem darin noch vergönnt, wenn man es über den Betonboden schleift? Ganz abgesehen davon, dass man es beim Verlassen des Schlafplatzes vergisst einzupacken.
Wer kein Zelt hatte, steckte seinen Schlafsack in einen Plastikbeutel und nächtigte auf der Thermomatte. Ganz allgemein lagen für eine Klimademo jede Menge Materialien auf dem Platz, welche nicht gerade ein Nachhaltigkeit-Gütesiegel tragen. Die Twitter-Reaktion wirkt unfreiwillig komisch.

Ueli Maurer sei vorbei spaziert und hätte sich bei den Ordnungshütern erkundigt, ob der Wasserwerfer kaputt sei. Weiss so ein bleicher, rothaariger Aktivist zu berichten. Ja, ich kann doch auch nichts dafür, dass die so aussehen. Wie beim Huhn mit dem Ei frage ich mich bisweilen; sind es rothaarige Menschen, welche die Cord-Hosen und kragenlosen Hemden aus dem Brocki farblich gerne auf den Hauttyp abstimmen, die zu Klimaaktivisten werden, oder war da zuerst der Klimaaktivist.

Ueli Maurer wirkt hingegen wieder sympathisch.

Währenddessen fuhren die Wagen der Gemüsehändler spritfressende Umwege um auf den Marktplatz zu gelangen, andere kehrten wegen Platzmangel unverrichteter Dinge wieder heim, ihr Gemüse zu entsorgen. Glücklicherweise findet der enttäuschte Marktbesucher beim Coop in der Spitalgasse feinste, aus Spanien importierte Tomaten. Der Schutz des Klimas hat eben seinen Preis. Wie auch der Verkehrsstau rund um den Bundesplatz.

Rund um die Aktion herum beginnen die Politiker sich verbal auf den Kopf zu hauen. Ignoriere ich und frage mich lieber, wie entsorgt man eine Rettungsdecke eigentlich korrekt?

A: Man lässt sie auf der Strasse liegen
B: Dinkelkeks

Wie nach jedem vernünftigen Open-Air, nach mir die Sintflut. Irgendwer wird das Zelt schon verräumen. Klimaaktivisten stammen für gewöhnlich nicht aus den ärmsten Familien, sonst müsste man sich über kurz oder lang die Frage mit dem Arbeiten stellen, daher kauft Papa für die nächste Demo wieder ein Zelt.

Fairerweise will ich sagen, dass sich doch einige Aktivisten an der Aufräumaktion beteiligten. Nicht ganz so umweltfreundliche Transportmittel wurden mit kiloweise Kunststoffmüll beladen. Also Müll in unseren und ihren Augen. In einem Flüchtlingscamp könnte man mit solch feinen Utensilien den grossen Reibach machen. Was sonst noch so übrig blieb, wischte ein Radbagger zusammen.

Wenn man sich wie ein Blickleser verhält und den Fokus auf das Bildmaterial legt, bleibt hier schon ein etwas schaler Nachgeschmack.
Die Demonstration wirkt so glaubwürdig wie ein Amischer, der sich ein Uber bestellt.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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