Schmutziges Geld

Ich glaube Ozark ist schon beinahe bei den alten Serien einzureihen, dennoch finde ich die Thematik spannend. Und da ich kürzlich gleich wiederholt gefragt wurde, wie Geldwäsche denn funktioniert, habe ich mich nochmals fundiert schlau gemacht.

Woher stammt der Begriff Geldwäsche?

Al Capone, ein Antiquitätenhändler aus Chicago, erwirtschaftete Anfang des 20 Jahrhunderts hohe Geldbeträge mit Nebengeschäften. Etwa dem Glücksspiel, dem Vermitteln von sexuellen Dienstleistungen, speziellen Sicherheitsdiensten oder dem Verkauf von Alkohol in einer Zeit, in welcher dies nicht gerne gesehen wurde.

Ein grosses Problem ergab sich dadurch, dass die dabei erzielten Gewinne nicht wirklich Freude machten, wenn er das Geld nicht wiederum in Waren und Dienstleistungen umtauschen konnte. Denn sobald der Antiquitätenhändler eine teure Villa ersteht, wird die Finanzaufsicht neugierig und interessiert sich, wie diese Villa bezahlt wurde. Da muss man eine plausible Herkunft für das Vermögen angeben können.

Al Capone kaufte also Waschsalons. Jede Menge. Ob nun irgendjemand seine Hemden in Bucktown wusch oder nicht spielte keine Rolle, Fakt war, dass diese Waschsalons unglaublich umsatzstark waren.

Es wurden traumhafte Gewinne erzielt, welche brav versteuert wurden und Al Capone zu einem geachteten, wohlhabenden Geschäftsmann machten.

Bevor wir uns in die Details begeben, noch der Unterschied zwischen der Geldwäsche und Steuerhinterziehung.

Bei der Steuerhinterziehung trachtet man danach, Einkünfte aus dem normalen Geldfluss am Fiskus vorbei zu schleusen und aus dem legalen Verkehr zu ziehen.

Bei der Geldwäsche versucht man Geld von dubioser Herkunft in den normalen Geldkreislauf einzubringen.

Welches Geld waschen wir also?

Einkünfte aus illegalen Geschäften wie Drogenhandel, Erpressung, Prostitution, Schmiergeld und ähnliches.

Der Waschvorgang besteht darin, dieses in den normalen Wirtschaftskreislauf zu bringen, ohne dessen Herkunft preisgeben zu müssen.

Das Placement, oder, die einfache Einzahlung

Ich nehme das Bündel Geld, gehe zur Bank und zahle es ein. Ich wandle somit das Bargeld in das sogenannte Buchgeld um. Für gewöhnlich kein Problem. Es sei denn, das Bündel ist ausserordentlich dick.

Die Bank ist verpflichtet, bei hohen Transaktionen, welche von meinen üblichen Bankgeschäften abweichen, Erkundigungen einzuholen. Die Bank legt dabei die Kriterien selber fest. Kann ich die Herkunft nicht erklären und das Misstrauen der Bank nicht zerstreuen, wird mein Konto gesperrt und die Meldestelle für Geldwäscherei erhält eine Nachricht.

Als gewiefter Geldwäscher lässt man sich beim Bankberater seines Vertrauens daher öfters auf eine miserable Anlage ein, welche ihm jedoch eine hohe Prämie einschenkt. Dafür vertraut man darauf, dass er bei den Einzahlungen nicht zu genau hinschaut.

Um der Aufsicht zu entgehen, kann ich natürlich in homöopathischen Dosen einzahlen. Aber spätestens, wenn das Geld kartonweise in meinen Schränken lagert, wird dies schwierig. Diese Methode nennt man übrigens Smurfing. Also Schlumpfen. Hier ist wichtig, dass ihr unterschiedliche Finanzinstitute bedient, weil die Banken, also Algorithmen auf das Schlumpfen sensibilisiert sind.

Die Vermischung mit legalem Geld

Al Capone hatte Waschsalons. Mein Finanzlehrer hat Solariums empfohlen. Ich finde beides nicht toll, begeisterte mich aber schon vor Ozark für Casinos. Daran trägt Scorsese Schuld. Das Prinzip ist jedoch immer dasselbe.

Ich kaufe mir ein Unternehmen, in welchem der normale Bürger ein- und ausgeht. In selbigem werden für gewöhnlich kleine Transaktionen getätigt. Man erhält einen Haarschnitt, isst eine Pizza, trinkt ein Cocktail.

Wer das Lokal nicht intensiv überwacht kann schlecht abschätzen, wieviel umgesetzt wird. Einzig der Buchhalter weiss, wie hoch die Erträge sind. So verkauft Luigi, mein Geschäftsführer, am Dienstagabend zwei Pizzen. Ertrag 32 Franken.

Schaue ich nun jedoch meinem Buchhalter über die Schulter, war das Lokal zum Bersten voll. Jeder Tisch viermal besetzt, der Wein floss in Strömen und unter zwei Desserts verliess niemand das Lokal.

Ich setzte nette 25 Riesen um. Macht eine Differenz von 24’968 Franken. Welche ich nun irgendwie decken muss. Und dafür hebe ich das lose Bodenbrett in der Rumpelkammer, greife in den Schuhkarton und Mario wirft auf dem Nachhauseweg die Tageseinnahmen in den Nachttresor der Bank. Gibt es das überhaupt noch? Gab es, als ich klein war.

Der Fiskus und die Gemeinde freuen sich über meine florierende Pizzeria und alle sind glücklich.

In der Theorie. Man stelle sich dies in der Schweiz einmal vor. Unser Rechtsstaat lebt davon, dass jeder dem anderen auf die Finger schaut.

Meine Pizzeria darf nicht zu sehr florieren. Weswegen ich viele Unternehmen brauche um das Geld möglichst breit zu streuen.

Ein immenser Aufwand, da bleibt der Spass auf der Strecke.

Structuring, oder, der Kunstmarkt

Kunst mag toll anzuschauen sein, aus Geldwäschersicht ist besonders spannend, dass der Wert eines Kunstwerks völlig losgelöst von jeglicher Vernunft und Logik, im speziellen jedoch vom Materialwert ist. Eine Leinwand, Pinsel und etwas Farbe kriegt man beim Baumarkt für n’Appel und n’Ei. Und bei Sotheby’s löst man dafür 50 Millionen.

Es ist eine heikle Sache, der Kunstmarkt wehrt sich vehement gegen die Unterstellung, mit Kunst werde Geld gewaschen.

Aber es ist auch unbestritten, dass nicht jeder, welcher während der Auktion seine Nummer hebt, das Ding auch wirklich kaufen will. Dass mehrere Bieter denselben Hintermann haben. Gerade, weil beim Kunsthandel oft der Vertreter des Vertreters agiert.

Unbestritten ist auch, dass Kunstgegenstände herrlich anonym in steuerbefreiten Zollfreilagern deponiert werden. Die Lager sind in ihrer Funktion als Transitlager ausgelegt, die lange Lagerung verboten, richtig kontrolliert wird dies hingegen nicht.

Barzahlungen sind auf dem Kunstmarkt nicht mehr üblich, aber bis 100’000 Franken stellen diese auch kein Problem dar. Der Handel ist wohl auch dem Geldwäschereigesetz unterstellt, die Bestimmungen aber weniger scharf.

Und sobald ich meinen Oberzartener Kupferstich wieder verkaufe, habe ich frisch gewaschenes Geld.

Die Scheinfirmen

Ich eröffne Firmen. In der Schweiz eine Beratungsfirma für Finanzdienstleistungen. Nun, eher ungeschickt. Aber ich könnte vielleicht meine Erfahrung aus dem Trekkingbereich einem Zelthersteller zur Verfügung stellen. Da sich Hilleberg jedoch einen Dreck um meine Meinung schert, richte ich den Fokus in den Westen. Dort sitzt der Zelthersteller Valleytal. Eine nicht sehr gut laufende Firma. Genau gesagt, haben die noch nicht ein Zelt verkauft. Noch nicht einmal genäht. Weil da keine Nähmaschine steht. Das Einzige, was sich halbwegs bewegt ist die Klappe des Briefkastenschlitzes. Die Firma selber gehört einem Ltd-Unternehmen, welches auf der Insel Jersey anwesend ist.

Jersey ist ganz zauberhaft, liegt zwischen der Normandie und der Bretagne gehört aber Grossbritannien. Neben schönen Stränden besticht das Fleckchen Erde vor allem durch seine Verschwiegenheit. So kann ein eifriger Steuerbeamter wohl in Erfahrung bringen, dass die Firma Valleytal der Rothstein Ltd. gehört und diese einen Sitz auf Jersey hat, dann ist aber auch schon fertig. Und dies wäre dann meine zweite Firma.

Ich berate also die Firma Valleytal, welche alsbald kräftig durchstarten will, und lasse mir meine Dienste vergolden. Rechnung um Rechnung geht raus, ich erziele Einkünfte, welche ich brav versteure.

Die Firma Valleytal ist glücklicherweise nicht sehr auf Gewinne angewiesen, da die Rothstein Ltd. laufend Einkünfte verzeichnet, welche wiederum aus meinem eigentlichen Geschäft gespiesen werden, welches ich so jedoch nicht in der Steuererklärung aufführen kann.

Ist es nicht paradox? Ich würde ja Steuern zahlen, darf aber nicht, weil der Handel mit Opiaten geächtet ist.

Das Layering

Aus dem Bargeld ist Buchgeld geworden. Dieses schiebt man nun von Konto zu Konto, von Land zu Land. Das Geld durch mehrere Scheinfirmen zu schleusen nennt man das Layering. Oft werden für solche Geschäfte Drittmänner eingesetzt, welche einer Schweigepflicht unterliegen. Anwälte, Notare. Mein Geld fliesst über soviel Konten, bis es beinahe unmöglich ist, den Ursprung auszumachen. Und, wie erwähnt sind Offshore (vor der Küste) wichtig, also Finanzplätze welche Wert auf Vertraulichkeit und Geheimhaltung legen.

Eine Steueroase haben wir dann, wenn die Steuern für meinen Briefkasten ausserordentlich niedrig sind.

Die Integration, oder, das Recycling

Neben dem schönen Lebenswandel muss ich das Geld nun wieder investieren.

Dies idealerweise in betriebsnahe Firmen. Also weitere Casinos, Pizzerias oder Chemiefirmen.

Hier findet sich auch eine weitere nette Methode um Geld zweifelhafter Herkunft loszuwerden. Respektive das Problem abzuschieben. Vermögenswerte werden über- oder unterbewertet.

Ich sehe ein nettes Haus, mit einem Wert von 2 Millionen. Dieses erstehe ich offiziell für 1 Million, welche von meinem Bankkonto abgeht.

Wäre für den Makler ein schlechtes Geschäft, würde er sich nicht über eine Million steuerbefreites Schwarzgeld freuen, welche ich meinem Schuhkarton unter der Diele entnommen hätte.

Nun investiere ich eine halbe Million in die Sanierung und verkaufe das Gebäude ganz öffentlich und einsehbar für 2.5 Millionen.

Aus Sicht der Finanzbehörde habe ich 1.5 Millionen verdient.

In meinen Büchern ist es nur eine halbe, aber eine weitere Million aus dem Schuhkarton ist nun reinweiss gewaschen.

Was ist nun eigentlich böse an der Geldwäsche?

Eigentlich nicht der Waschvorgang per se, obwohl strafbar, aber die Grundidee ist, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen. Und daher ein sehr probates Mittel. Du und ich, wir wären wohl beide glücklich mit einem Schuhkarton voller Geld. Hier ein Urlaub, da ein sinnloser Onlinekauf, vielleicht sogar ein netter Mittelklassewagen. Beim plötzlichen Ferrari vor der Haustüre würde der Steuervogt wohl schon hellhörig.

Aber Du und ich sind ja auch nicht die Zielgruppe.

Wenn irgendwelche Organisationen jedoch keine Möglichkeit mehr haben, Millionenbeträge reinzuwaschen, wirkt sich dies durchaus auf die dunklen Machenschaften nieder.

Daher die nicht unberechtigte Jagd auf Geldwäscher.

So. Könnte jetzt ausschalten. Kommt nichts mehr.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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