Wie man Luft verkauft

Ich finde die Börse im Grundsatz etwas sehr spannendes, GameStop bietet sich nun direkt an, den Erklärbär zu spielen. Der Bärenmarkt steht übrigens für anhaltend sinkende Kurse. Falls ihr einmal bei Günther Jauch gefragt werdet. Das Gegenteil wäre der Bulle. Und nicht der Dachs, wie Wendler einst behauptete.

Nachdem wir gelernt haben, wie man aus Schrott Geld macht, beschäftigen wir uns heute damit, wie man Luft verkauft.

Wir fahren mit unserem GameStop-Beispiel weiter, da die Hedgefonds gerade ordentlich gestrauchelt sind.

Was sind denn eigentlich Hedgefonds?

Ein Hedgefonds funktioniert in den Grundzügen ähnlich wie ein Investmentfond. Beim Investmentfond sammelt der Fondmanager Geld und investiert dieses. Im Idealfall natürlich gewinnbringend. Für seine Bemühungen behält er einen gewissen Prozentsatz der Rendite ein.

Dies war es mit den Gemeinsamkeiten. Bei den Hedgefonds ist es so, dass man schon jede Menge Kapital mitbringen muss. In den USA zumindest kommt man ohne eine Million in der Spardose schon gar nicht in den erlauchten Kreis. Eine halbe Million muss man in den Fond stecken. Also der Spielplatz der Superreichen. Und diese halbe Million ist dann erst einmal weg, denn einfach wieder aussteigen ist nicht, das investierte Kapital ist in der Regel über mehrere Jahre gebunden.

Ihre Attraktivität für Superreiche erhalten Hedgefonds dadurch, dass sie sehr dürftig reguliert sind. Nach dem Verbot des Insiderhandels ist bald einmal fertig, für den Manager gibt es bei der Wahl des Risikos keine Grenzen nach oben.

Insiderhandel, eingeschobenes Basiswissen, bedeutet, dass ein Manager nicht mit einem Papier handeln darf, wenn er über ein Wissen verfügt, welches der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.

Prominentes Beispiel: Rajat Gupta von Goldman-Sachs steckte seinem Kollegen Rajaratnam die Info aus einer geschlossenen Geschäftsleitungssitzung, dass Warren Buffett gedenkt 5 Mrd. in Goldman-Sachs zu investieren.

Rajaratnam, ein Hedgefondsmanager, sprintete sofort los und riss sich jede Menge Goldman-Sachs-Aktien unter den Nagel.

Als die Mitteilung dann offiziell wurde fand ein Run auf die Aktie statt, denn wenn Buffett investiert kann die Sache ja nur zu Gold werden. Und wo eine grosse Nachfrage, richtig, der Preis schnellt in die Höhe. Gut für Rajaratnam, bis die Finanzaufsicht der Sache nachging. Man muss in einem solchen Fall die Kristallkugel schon sehr glaubwürdig als Informationsquelle vertreten, um nicht zu einer Busse verknurrt zu werden.

Und da sind wir auch schon beim schlechten Image der Hedgefonds-Manager. Sie sind nicht sehr transparent. Niemand weiss, was die tun und aufgrund der immensen Summen haben sie jede Menge Einfluss im Wirtschaftssystem. Man spricht auch von Heuschrecken. Sie fallen über eine Firma her und lassen nichts mehr übrig. Wie sie es bei GameStop wollten.

Dies ist auch der, meines Erachtens, grösste Unterschied zu den Investmentfonds. Hedgefonds dürfen Leerverkäufe tätigen.

Hedge bedeutet, sich absichern. Kauft man also einen Titel, kann man sich auch gleich gegen seinen Absturz sichern, wie ich es beim Shorten erklärt habe.
Dadurch, dass sie Leerverkäufe tätigen können, brauchen sie die Titel nicht einmal zu kaufen. Sie „leihen“ sie sich.

Wie läuft dies ab?
Rudolf Raffzahn leiht sich also 1000 GameStop Aktien. Diese verkauft er an Hein Blöd für 30 Dollar. Der Kurs serbelt in den Keller. Aber Rudolf Raffzahn ist ja kein Unmensch. Er kauft die Aktie von Hein Blöd für 15 Dollar zurück. Für seine Bemühungen behält er 15 Dollar ein und gibt die Aktie dem Verleiher zurück.

Richtig, der aufmerksame Leser gibt sich damit noch nicht zufrieden. Wie leiht man sich denn eine Aktie?
Ich meine, kommt ein Hedgefondsmanager zu GameStop und will sich ein paar Wertpapiere leihen muss sich dies für GameStop anfühlen, also würden sie mit einem Messer zu einer Schiesserei gehen und schlagen Rudolf Raffzahn die Tür vor der Nase zu.

Deswegen leihen sich Hedgefonds die Aktien bei anderen Fonds, Wertpapierhändlern, Banken oder auch Grossaktionären. Dafür hinterlegen sie zum einen eine Sicherheit, zum anderen entrichten sie eine Leihgebühr, was für die Verleiher natürlich lukrativ ist.

Diese geliehenen Aktien verkaufen sie dann, wie wir oben gelesen haben.
Könnte natürlich entsetzlich schief gehen. Melvin Calvin lässt grüssen.

Spielen wir das Ganze also einmal anders herum, wie es in einer gerechten Welt ablaufen würde.

Rudolf Raffzahn leiht sich eine Aktie bei Bernd Birnbaum und verkauft sie für 30 Dollar an Hein Blöd. Und dann steigt die Aktie auf 60 Dollar. Rudolf Raffzahn geht der Hintern auf Grundeis, muss er dem Verleiher Bernd Birnbaum doch die Aktie wieder zurück geben. Die Aktie, welche er nicht besitzt und nun von Hein Blöd für das doppelte zurückkaufen muss. So geht natürlich ganz schnell ganz viel ergaunertes Geld futsch. Neben der Gebühr zumindest noch die hinterlegte Sicherheit.

Dem gilt es entgegen zu wirken.

Hedgefondsmanager leihen sich gerne Aktien, welche sie als überbewertet betrachten. Dies kommunizieren sie dann auch breit und grossmütig. Berichte von Hedgefonds werden natürlich angezweifelt, man kennt ja die Absicht dahinter, aber der Privatanleger blickt da kaum durch. Folglich werden die Aktionäre scheu, Kleinanleger neigen gerne zu Panikverkäufen, und stossen die vermeintlich wertlosen Papiere ab.

Und wo viel Aktien verkauft werden, Nachfrage fällt, rauscht der Preis in den Keller.

Ausser bei GameStop. Wenn die Aktionäre denken; Und jetzt erst recht und zukaufen! So lange, bis der Handel ausgesetzt wird, aber dies ist ein neues Thema.

Und so verlor der Hedgefonds Melvin Capital mal eben 6 Mrd. Dollar.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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