An die Trottel im HR, Teil 2

Ich pflege sie stets sehr persönlich zu nehmen.
Diese Mails mit dem Inhalt ‚zu unserem Bedauern müssen wir ihnen mitteilen…‘.

Ich würde nun nicht behaupten von Kopf bis Fuss mit Selbstvertrauen durchzogen zu sein. Versende ich jedoch eine Bewerbungsmappe, elektronisch oder mit der Postkutsche, durchströmt mich eine Woge von Zuversichtlichkeit.
Lese wiederholt mein Motivationsschreiben und erkenne, da gibt es nur eine Antwort; Keine Ahnung warum, aber wir stellen den Typen ein!

Aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen müssen wir unsere Auswahlkriterien…

Pfurz; Bedeutet unterm Strich doch nur, egal wie gut du etwas kannst, es gibt etwa eine Million Menschen die es noch besser können.

…leider an einen Kandidaten vergeben, welcher noch besser in unser Profil passt…

Ach bitte, erzählt mir doch nichts. Schon vor der Ausschreibung war die Stelle Karl-Heinz‘ Bastard versprochen, der exakt neun Monate nach der Weihnachtsfeier vor 25 Jahren das Licht der Welt erblickte und nun die Trulla aus der Buchhaltung der Firma rückwirkend eine Klage wegen sexueller Belästigung anhängen will.
Oder der Max ist dem Franz wegen dieser Sache mit den Nutten auf Spesen beim letzten Firmenausflug einen Gefallen schuldig. Wie dem auch sei; es war eine Stelle welche nur pro-forma gemäss den Vorschriften für eine Staatsstelle eben ausgeschrieben werden musste.

Wir bedauern ihnen mitzuteilen, dass wir sie für ausgeschriebene Stelle nicht berücksichtigen…

Selbstverständlich ohne weitere Angabe von Gründen. Liest sich so, als hätte ich mich als A-380-Pilot beworben und anstelle des Motivationsschreibens meinen halb geleimten, halb gepressten F/A-18-Bausatz von Revell eingesandt. Gewiss ist, die Trottel vom HR wissen nicht, wie sie diese Bewerbung einordnen sollen. Schliesslich haben sie diese Schablone. Entgegen dem Kindergärtner, welcher dem Quader der partout nicht durch das dreieckige Loch passen will seine gesamte Aufmerksamkeit widmet, fliegt eine Bewerbung gleich in den Schredder.

Zu unserer Entlastung haben wir ihre sündhaft teure Bewerbungsmappe gleich entsorgt.

Nachdem der Lebenslauf und das Foto zur allgemeinen Belustigung neben dem Kaffeeautomat aufgelegen hat.

Bisweilen ergehen sich die Schreiberlinge beinahe unverschämt in Beileidsbekundungen. Quillen über vor Segenswünschen für die berufliche und private Zukunft, für die Kinder, den herzkranken Opa, die blinde Tante Agathe. Auch die ausgerissene Ehefrau, welche einem den Unterhalt nahezu aus den Rippen schneidet wird nicht vergessen.
Beinahe unverschämt, da es schon einem Hohn gleich kommt. Denn eigentlich, so schliesse ich aus den Zeilen, wäre es der seelenlosen HR grösstes Anliegen gewesen mich einzustellen, doch dies wäre beim besten Willen und allen Bemühungen ein Ding der absoluten Unmöglichkeit.
Ein Fall von Unverträglichkeit, dass gar die Breitenau verstohlen aber äusserst bestimmt die Tore zuzieht, wenn ich aus dem 6er-Bus steige.

Erkannt, wiederholt, ich halte von HR-Menschen nicht sonderlich viel.
Die nette Beate hat ihre KV-Lehre absolviert. Geht nun mit hübschen H&M-Stoffhosen
– um das Becken etwas zu knapp, dafür am Bein eine Idee zu weit, was ihr den Gang eines Pinguin mit zwei linken Beinen verleiht – und dem netten Blazer von Zebra täglich zu ihrem Job in der Gemeindeverwaltung. Dort tippt sie die Briefe des Gemeindepräsidenten und erklärt am Schalter dem Bürger, dass sein Passfoto nicht ID-konform sei.
Irgendwie will sie mehr.
Die nette Beate wird HR-Fachfrau und ist nun irgendwie gar nicht mehr so nett. Denn die einst nette Beate kann nun mit einem Stempel und vorgefertigten Antwortbriefen die Hoffnungen von Menschen ins Klo spülen. Dies gefällt ihr, weil Macht den Menschen gefällt. Und Beate ist ein Mensch. Irgendwie.
Ich erkundigte bei dem mir vorgesetzten Taugenichts, fünf Lohnklassen über mir, wie das mit Bewerbungen so läuft. Meine Worte mit Bedacht gewählt, mit dem Bauchpinsel im grosszügig auftragen. Erkundige mich, ob er jeden eingesandten Schrott durchsehen muss, oder die HR eine Selektion trifft.
Er erhalte nur die Bewerbungen, welche die HR in die engere Auswahl genommen hat. Soweit so gut.
Vor einem Monat sprach ich mit der HR-Trulla welche mich an diesem unglücklichen Tag eingestellt hat. Nachdem sie alle meine Unterlagen verlauert hatte und ich meinen Bastelbogen erneut einreichte. Die gute Dame sieht ordentlich aus, aber hat keinen Plan, was ich in diesem Laden überhaupt treibe. Gut, ich auch nicht, aber immerhin hat sie entschieden, dass ich in dieses Tätigkeitsfeld passe – eine Fehlentscheidung, welche ich aus jedem verdammten Blickwinkel nur als Beleidigung auffassen kann -, also erwarte ich schon eine gewisse fachliche Kompetenz.

Ich fasse zusammen. Die fiktive Firma ‚Orange Engel‘ sucht einen Mann, der den Müllcontainer von Gebäude A zu B schiebt, weil der Chef von Gebäude A nur noch Chef sein will und als Chef den Container selbstverständlich nicht mehr selber schieben kann.
Mit seinen beschränkten Fähigkeiten verfasst er eine Stellenausschreibung. Ohne die Stelle in ihrer kompletten Minderwertigkeit zu beschreiben, man könnte sich fragen, was er die letzten zehn Jahre getrieben hat.
Die HR setzt Kommas wo ein Komma hingehört, formuliert Kontääner korrekt und setzt es in die Zeitung. Ohne zu wissen, was ein Kontääner ist.
Die Container-Schubser bewerben sich und die HR sortiert aus. Grosszügig. Da eine Ausbildung zum Container-Schubser so nicht existiert, passt irgendwie keiner in das Schema, vor allem, weil die HR nicht weiss, was ein Container-Schubser den lieben langen Tag so tut, ausser nach zehn Jahren Chef-Container-Schubser zu werden.
Die Würfel treffen eine Selektion unter den fünf Typen, deren Antlitz sich irgendwie gut auf der Firmenhomepage machen würden.

Mein Chef war furchtbar angetan von der HR-Frau. Die sei knallhart. Kenne kein Pardon. So richtig tough. Würde man ihr gar nicht geben.
Ich möchte ja nicht behaupten, dass Bundesangestellte leicht zu beeindrucken sind – es sei denn von einem vorbeifahrenden blauen Auto oder einer Farbkopie – aber der Mangel an Einblick in die Arbeitswelt macht sich schon bemerkbar.
Ich erachtete die HR-Frau anlässlich meines Vorstellungsgesprächs nicht als sonderlich tough. Typisch HR halt. Haben alle denselben Fragekatalog erhalten.

  • Wiedergabe des CV (Lebenslauf hiess das früher) mit eigenen Worten. Im Extremfall soll man noch auf das Flipchart zeichnen.
    Irgendwie steht man als Bewerber unter Copy-Paste-Generalverdacht
  • Was erwarten sie von einem Chef?
    Dass er oft abwesend ist!
  • Wie gehen sie mit Konfliktsituationen um?
    Immer hinten drauf!
  • Nennen sie – ihr wisst es – drei Schwächen
    Überlege mir immer welche und vergesse sie wieder. Könnte ich das nächste Mal als Schwäche aufführen.
    Auch ganz nett: „Ich bin stets aufrichtig und sage dies gerade heraus.“ „Nun, das würde ich nicht direkt als Schwäche bezeichnen…“ „Was interessiert mich, was sie denken, sie dumme Trulla?“
  • Was würde ihr Chef über sie sagen?
    Ich bin der Beste der Besten. Der Besten. Mit Auszeichnung. Sir. meine… Mam.
  • Wo sehen sie sich in zehn Jahren?
    Irgendwo in der unauffälligen Mittelmässigkeit. Offen gesagt, sie werden in absehbarer Zeit nur anhand der Gehaltsliste feststellen, dass ich existiere.

Das Traurige; Ein Standard-Fragenkatalog ist wie ein Filmtrailer. So lange spannend, bis man den Film gesehen hat.
Sobald also ein Opferlamm der toughen HR-Frau und ihrem Standard Zwei-Semester-HR-Fachfrau-mit-eidg-Zeugnis-Fragebogen zum Frass vorgeworfen wurde, findet man im Internet die Standard-Antworten, was das gesamte Bewerbungsgespräch zum „Mitten-im-Leben“-Laienspiel verkommen lässt.
Eine peinliche Farce.
HR-Leute sind so notwendig, wie ein Container-Schubser-Teamleiter.

In diesem Sinne, Herr Freud, danke ich für das Gespräch. Ich erkenne, dass ich HR-Absagen nicht zu persönlich nehmen soll. Im Gegenteil, ich passe nicht in ein HR-konformes 08.15-Schema. Ich bin etwas spezielles.wir-melden-unsNebenbei; Sollte ich jedwelches HR-Personal in tiefster Seele verletzt haben, freue ich mich auf eine Reaktion.
Und werde mich gegebenenfalls mit ihnen in Verbindung setzen. Oder zumindest für die Zukunft, privat und beruflich, alles Gute wünschen.

 

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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