Büro ist Krieg

Hallo Zäme
von meinem Büro aus sehe ich, dass der Rm Biberburg belegt ist obwohl er im Outlook nicht reserviert wurde.
So kann ich keine Belegungen vornehmen!

Bitte Hansi Hase den Rm absagen oder bestätigen und räumen.

Gruss wütende Liesel

Um euch die räumlichen Gegebenheiten etwas zu veranschaulichen, muss ich eure Vorstellungskraft bemühen.
Das Gebäude hat die Form einer sehr länglichen Ellipse, das Auge der Ellipse stellt eine Art Innenhof dar. Zu klein, um ein wirklicher Hof zu sein und genutzt zu werden, aber gross genug, dass Tageslicht hinein strahlt. Toll für die Büros, welche zur Innenseite des Gebäudes liegen.
Mit etwas gutem Willen und könnte man von einem Büro zum anderen spucken und ich hätte gerade nicht übel Lust dazu.
Besagter Raum Biberburg liegt nun mit dem Fenster zum Innenhof und auf der gegenüberliegenden Seite hat sich die wütende Liesel verschanzt. Hinter zwei Monitoren und einer Schreibmappe welche sie hochkant aufgestellt und ans Fenster gelehnt hat. Ein Schutz um sich vor neugierigen Blicken zu verbergen. Abgesehen von einem kleinen Guckloch um das Umfeld zu überwachen ist sie abgeschottet.
Der Empfänger der wütenden Mail, also meine Wenigkeit, hat sein Büro unmittelbar in der Nähe der Biberburg, die Fenster gehen jedoch auf die andere Seite des Gebäudes. So kann ich die Schafe beim weiden beobachten und vielmehr schönes hat mir der Job eigentlich nicht zu bieten.

Da für den Raum Biberbuerg keine Reservationen vorlagen und er einfach brach lag, habe ich mich entschieden, eine Hilfskraft einzuquartieren. Corona-konform, die Menschen voneinander trennen, damit es einem auch einmal vergönnt ist, die Maske abzulegen. Tageweise, unter Vorbehalt, dass keine Reservierung rein schneit.

Ja, was fällt mir überhaupt ein. Wir sind nicht in Vietnam, hier gibt es Regeln!

Der wütenden Liesel ist nun eine Reservierungsanfrage von Hansi Hase für den 25 November, notabene noch über eine Woche hin, auf den Tisch geflattert.
Und schon begehrt sie trotzig auf.

Es ist nicht so, dass der Raum heute, morgen oder übermorgen gebraucht würde. Es ist schon gar nicht so, dass die wütende Liesel den Raum brauchen würde. Es geht darum, dass jemand im Raum sitzt und die wütende Liesel nicht Bescheid weiss!
Natürlich, sie hätte ihren Hintern heben, die 10 Meter durch den Flur marschieren und mich fragen können, was da Raumbesetzungstechnisch so abgehe, aber nein, man tippt eine Mail. Und dieses gleich an die Triage-Adresse, sonst kriegen ja nicht alle mit, dass hier etwas ganz arg verquer läuft und die raumplanerischen Gesetze mit Füssen getreten und bespuckt werden.

Kurz überlegte ich, mal eben über den Flur zu schreien, ob ihr einer ins Hirn …, kam aber zum Schluss, ich bin nach 5 Monaten noch nicht in der Position um andere lauthals zu beschimpfen.

Also nahm ich die zehn Meter unter die Füsse und dackelte beim Chef ins Büro, gleich neben der wütenden Liesel, um ihn zu fragen, wo ich die Hilfskräfte unterbringen könnte.
Sobald Chefe bemerkte, dass es sich um die wütende Liesel drehe, erhob er auch gleich die Stimme, dass es die wütende Liesel mitkriege. Und, noch viel wichtiger, sein Chef, welcher sein Büro ebenfalls in diesem Dreieck der Zorngiebel hat. Es ist hinlänglich bekannt, dass wütende Liesel und mein Chef das Heu nicht auf derselben Bühne haben, sich gegenseitig Sand ins Getriebe streuen, aber keiner in der ganzen Hierarchie die Eier hat, mal auf den Putz zu hauen und die Kleinkinder zur Räson zu rufen. Dies würde ja das bezaubernde Arbeitsklima belasten, wir haben uns doch alle lieb. So gifteln sie weiter, bis einer stirbt oder in Pension geht. Denn anders scheidet man nicht aus einem Bundesbetrieb.

So zettert er also mit lauter Stimme, bis Chef-Chef im Türrahmen steht und sich ebenfalls in die Diskussion einbringt.
Wütende Liesel immer noch in ihrer Schreibmappen-Monitoren-Burg bei offener Tür und mit grossen Ohren Teil der Diskussion.
Weitere 5 Minuten werden diskutiert bis man zur Lösung kommt, die Hilfskraft soll im Raum Biberburg bleiben, bis der Raum anderweitig gebraucht würde.
Ich solle den Raum reservieren und wütende Liesel, welche wohlgemerkt 3 Meter entfernt sass, via Mail informieren.

Meine Intension war an sich, dass der Raum nicht blockiert würde, aber bitte, leckt mir doch alle zusammen einmal den verlängerten Rücken. Sagte ich natürlich nicht. Noch nicht.

Ihr versteht, dass ich in dieser Umgebung langsam krank werde?
Zwischen Bürogummis und Handwerkern besteht ein grosser Unterschied.
Paco und Giovanni können sich auf der Baustelle Arschloch austeilen und wenn der albanischstämmige Maurer hinzustösst, erklärt er dem Italiener ganz genau und in widerlichsten Details, was er alles mit Pacos Mutter auf dem Grab seines toten Vaters anstellen würde, wenn dieser ihm nun nicht sofort diese Kabelrolle ausleihe.
Und nach Feierabend laden sie sich gegenseitig zum Bier ein.

Die feinen Müllers und Meiers hingegen bekriegen sich auf subtilste Weise über Jahre, ja ganze Arbeitslebenspannen hinweg. Mit Sticheleien, wie dem Ignorieren des vollen Kaffeesatzbehälters oder des leeren Wassertanks. Dort nimmt man das letzte Papier aus dem Kopierer, da hält man mit einer Information zurück.
Sie machen sich und vor allem anderen das Leben schwer, weil sie nicht miteinander sprechen. Und statt, dass der Vorgesetzte neben dem Pausenbrot auch einmal seine Eier mit ins Büro bringen und die Streithammel in die Schuhe stellen würde, organisiert er lieber die absonderlichsten Kommunikationswege um auf keinen Fall ein unangenehmes Gespräch führen zu müssen. Und kaum haben Müller und Meier bemerkt, dass ihr Trotzgebaren somit der Wirkung beraubt wurde, ersinnen sie sich neue Dummheiten und der Vorgesetzte muss sie wieder ausräumen, ohne einen unpopulären Entscheid zu fällen.

So mogelt man sich Jahrzehnte durch den Büroalltag und verschwendet immens Ressourcen um den Schein zu wahren, dass sich alle ganz fest lieb haben.

Ach, so ist er nun mal. Damit musst du umgehen. Aber in 5 Jahren wird er ja pensioniert, dann erledigt sich dies von alleine. Und danach ist alles besser…

Man kann ihnen zumindest nicht vorwerfen, in kleinen Dimensionen zu planen.

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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