Watson wirkt bemüht

Dies gelesen…

https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/718523014-warum-neue-kampfjets-die-schweiz-nicht-sicherer-machen-werden

… und dies gedacht

Sehr geehrter Herr Chefredaktor Maurice Thiriet

 

Ihr Artikel wirkt, mit Verlaub, ein wenig bemüht und reiht sich wunderbar in die Reihe der Argumente des Referendumskomitees ein.

Zu Gute halten möchte ich Ihnen, Sie scheinen zumindest das Prinzip der Finanzierung verstanden zu haben. Im Bewusstsein, dass ohne dieses Zugpferd eine Hetze gegen die Beschaffung der Kampfflugzeuge etwas dünn wirkt schwenken Sie gleich komplett um und stellen die Sinnfrage.

Braucht die Schweiz eine Landesverteidigung.

 

Geschätzter Herr Chefredaktor, streng genommen bräuchten wir noch nicht einmal eine Polizei. Würden wir geeint zusammenleben, eine Gesellschaft geprägt von gegenseitigem Respekt, regeltreue und absoluter Harmonie braucht kein Kontrollorgan. Glücklicherweise sind wir alles Individuen, was eine Gesellschaft doch erst interessant macht und die vorwiegende politische Gesinnung der Kampfflieger- und Armeegegner tendiert dazu, dass unser Grad an Diversität noch viel Potential nach oben hätte.

Oben beschriebenes Utopia erreichen wir noch nicht einmal in unserem Land, wo wir demokratisch in gemeinsamer Übereinkunft die Regeln des Zusammenlebens festlegen. Welch traumtänzerischer Gesinnung mag nur die Idee entspringen, dass dies auf dem globalen Spielfeld, in welchem unser Mitwirken marginal ist funktionieren möge? Deswegen hat jedes Land auf dieser Erde ein Sicherheitsdispositiv und wir haben in unserer Bundesverfassung festgehalten, dass wir eine Armee haben, welche dem Friedenserhalt dient und das Land und seine Bevölkerung schützt.

 

Sie führen den bösen Feind und das Réduit auf das Feld, sprechen gar von einem Mythos. Es ist ein Phänomen, dass Armeegegner sich stets auf die Feindbilder der vergangenen knapp hundert Jahre berufen und im selben Atemzug der Landesverteidigung vorhalten, sie sei nicht zukunftsgerichtet. Herr Chefredakteur, die einzigen, welche noch vom „Böfei“ sprechen sind Ihre Gesinnungsgenossen und vielleicht wäre es an der Zeit, sich von antiquierten Argumentationsketten zu lösen und anstelle von Polemik auf Kosten der Landesverteidigung während des zweiten Weltkriegs sich selbst mit aktuellen Szenarien zu befassen.

Dieses hohe Informationsdefizit hält die Gegnerschaft jedoch in keiner Weise davon ab, den Absolventen der Militärakademie zu erklären, welche Strategie eine Armee einzuschlagen hat und welche Rüstungsgegenstände dafür erforderlich sind.

Woher nimmt man diese Arroganz?

 

Gemäss Ihrer Einschätzung sind flächendeckende Auseinandersetzungen so unwahrscheinlich, wie nie zuvor. Dieses Argument liegt ganz oben auf dem Stapel der Armeegegner. Ob die Armee nun neue Schnürsenkel oder einen Mörser benötigt, bewaffnete Konflikte sind stets so gut wie ausgeschlossen. Jetzt und in jeder erdenklichen Zukunft.

Ich mag mich nicht entsinnen, jemals einen Tag die Nachrichten verfolgt zu haben ohne von einem militärischen Konflikt zu hören, sehen oder zu lesen. Die Rüstungsindustrie schreibt Jahr für Jahr höhere Milliardenumsätze und nur auf Halde beschaffen wird wohl keine Armee.

 

Die Herausforderung besteht darin, sich heute auf ein eventuelles Szenario von morgen vorzubereiten und ich bin froh, stützen sich die Prognosen nicht auf das Wunschdenken von Pazifisten.

 

Brauchen wir die Kampfflugzeuge?

Führen wir uns eine Analogie vor Augen; sie beschliessen in Ihrem Eigenheim auf Erdsonden zu setzen. Ich unterstelle, dass sich Ihr Auftrag darauf beschränkt, dass am Schluss vier Löcher von 60 Metern Tiefe im Vorgarten zu sein haben.

Bestehen sie darauf, dass die Firma keine Bohrer einsetzen darf, wird ihnen erklärt werden, dass dies mit der Nutzung der Erdwärme furchtbar schwierig werden würde.

 

Um ihren Auftrag wahrnehmen zu können, benötigt die Armee die richtigen Werkzeuge, in diesem aktuellen Fall sind dies Flugzeuge. Ist für mich nachvollziehbar. Nicht, weil wir in den letzten drei Jahren 20 Flugzeuge abgefangen haben, sondern weil eine Versicherung im Grundsatz darin besteht, dass die Auswirkungen im Eintrittsfall aufzufangen sind.

Also sollen sie die Flugzeuge haben. Es wäre ja irgendwie dümmlich, eine Dienstleistung einzufordern, in diesem Fall die Verteidigung des Landes, und dem Dienstleister mit allen Möglichkeiten die Erfüllung zu vereiteln. Als würde ich sie zum Hürdenlauf in Skischuhen an den Start stellen und mich hernach über die mangelhafte Leistung beschweren.

 

Sie möchten die Beschaffungsvorlage verwenden, um eine breite und grundlegende Diskussion über die Armee anzustossen.

Klingt pathetisch, doch so neu ist ihr hehres Ziel nicht, Herr Chefredaktor. Würde ein Wechsel des Schuhcreme-Lieferanten des politischen Segens bedürfen, würden wir innert einer Woche über den Sinn von Kampfstiefel debattieren und spätestens nach zehn Tagen käme das Argument, hätten wir keine Armee, würden wir auch keine Schuhcreme benötigen.

 

Ihre Grundsatzfragen sind an sich schnell beantwortet. 5 Milliarden pro Jahr. Das Parlament hat dieses Budget gesprochen und beantwortet Ihre Frage, was wir unsere Sicherheit kosten lassen wollen. Mehr gibt es nicht und die Armee hat den Auftrag, mit diesem Geld den maximal möglichen Schutz aufzubauen. Und wenn sie dafür Flugzeuge will, dann kauft und unterhaltet sie diese aus diesem Budget.

Dafür machen wir keine Abstriche bei der Bildung, keine beim Klimaschutz und keine beim Vaterschaftsurlaub.

 

Ihre übrigen Fragen zu allfälligen Partnerschaften, der Kosten und so weiter sind ganz flott beantwortet. Ihre Auslegung, die Neutralität sei uns aufgezwungen worden mag ich in dieser Form nicht unterschreiben, aber halten wir uns an die Fakten. Wir sind ein neutraler Staat, in der Bundesverfassung ist festgehalten, diese Neutralität zu wahren. Was somit ihre Fragen zu allfälligen Bündnissen beantwortet.

Ganz leicht nachvollziehbar sind ihre Absichten hingegen nicht. Den Gedanken verfolgend, möchten sie also unsere Armee aufgeben, die Neutralität der Schweiz aufheben und ein Bündnis mit der Armee eines Drittstaates eingehen?

Sprich, wir, die kein ganzes Prozent des BIP für die Verteidigung aufwenden, würden künftig die immens kostspieligere Armee eines anderen Landes mitfinanzieren? Dabei womöglich noch in Rüstungsfragen mitsprechen wollen und nebenbei bewaffnete Konflikte subventionieren? Ganz zu schweigen davon, dass dieser Gedanke an Absurdität nicht zu toppen ist, wer um Himmels willen sollte die Verträge ausarbeiten? Bei allem Patriotismus, das Ausarbeiten von Verträgen mit anderen Regierungen zählt nun ganz gewiss nicht zu den Stärken der Eidgenossenschaft.

 

Sie möchten mit Frau Bundesrätin Amherd reden? Ich würde Ihnen nahelegen, erst Ihre Hausaufgaben zu machen. Um mit einem Zitat zu enden „Niemand hätte sie zu Muhammed Ali in den Ring gelassen, nur, weil sie glauben boxen zu können“

Über RAB

Ein Schreiberling mit nüchternem Blick auf das Leben, beim Versuch, selbiges aus satirischer Sicht etwas angenehmer zu bewältigen.
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