Twitter sperrt 70’000 Konten

Twitter sperrt QAnon-Konten.

Richtig so, ist man versucht zu sagen. Der Sturm auf das Capitol, die Verweigerung der Anerkennung von Massnahmen gegen Corona, ja, das Verleugnen des Virus selber. Krude Verschwörungstheorien. Chips werden uns eingepflanzt, Bill Gates trinkt das Blut von Neugeborenen um ewig jung zu bleiben und er will nicht die Weltherrschaft an sich reissen, die hat er schon längst. Er will sie nur behaupten.


Kein Mensch auf der Welt braucht QAnon. Und trotzdem sind es anscheinend rund 70’000 Twitterkonten. Und wenn man bedenkt, dass Twitter nur ein kleines Medium ist um Meinungen zu verbreiten, gerade solche aus der Verschwörungsecke, kommt da schon was zusammen.
Richtig so, denkt man. Doch dann, irgendwo im Hinterkopf, dieses kleine Pochen. Es wird genau jenes sein, welches Menschen dazu treibt, die grosse Verschwörung zu sehen. Und dies nicht einmal zu unrecht. Denn was hier betrieben wird, ist eine Zensur. Eine Einschränkung der freien Meinungsäusserung. Angeordnet von wem?


Die meisten haben diese Erfahrung auch schon gemacht. Man liest einen Artikel, bildet sich eine Meinung zu selbigem und hat den Eindruck, diese Meinung muss kundgetan werden. Denn der Artikel bewegt sich auf einem total falschen Weg, verkündet eine vollkommen irrige Sichtweise, man sieht sich schon direkt in der Pflicht, dies zu berichtigen. Man verfasst einen Leserbrief, mit Herzblut und Engagement. Freut sich, dass man hier einen grossen Irrtum berichtigen kann, hört schon das überraschte, mit einer anerkennenden Note versehenen „Aha“ von tausenden Lesern.
Und dann wird der Leserbrief nicht gedruckt. Warum weiss man nicht. Vielleicht hat man den Artikel falsch interpretiert und wird so von einer Blossstellung bewahrt. Diese Option schliessen wir gleich von vorneweg aus und ich will behaupten, sie trifft auch kaum ein. Denn genau diese Blossstellung würde die Seriosität des Artikels untermalen.
Vielmehr passen die Zeilen nicht zum Zeitgeist, nicht zur politischen Orientierung oder der Redaktion passt schlicht der Name des Verfassers nicht. Man wird es nie erfahren und wenn man die Beweggründe eruieren will, rutscht man schnell in die Rolle des trotzenden Kindes, daher unterlässt man es.
Mit einem Mausklick formt ein kleiner unbedeutender Redakteur die Meinung. Er entscheidet, was für die Leserschaft relevant ist und was nicht.


Ein weitaus grösserer Teil von uns kennt dies von der Stumpfsinnzeitung 20 Minuten. Die Freischaltung der Kommentare scheint sehr willkürlich zu sein, im allgemeinen Tenor jedoch in die Richtung, wir sind links, weltoffen, fördern die grenzenlose Multikulti-Gesellschaft und haben uns alle fest lieb. Man sieht vor dem geistigen Auge den erst geschlüpften Online-Redakteur bei der sehr subjektiven Auswahl, welche Kommentare ihm gefallen und welche eben nicht. Bei Artikeln, welche sehr reisserisch verfasst sind, die Polarisierung bereits im Titel tragen, wird die Kommentarfunktion gleich von Beginn, spätestens aber nach 10 Beiträgen deaktiviert. Es gibt eine Meinung. Die des Redakteurs. Und diese gilt. Wer eine andere hat, soll auf andere Medien ausweichen. Weg von der Zeitung, welche dank ihrer Reichweite eine gewisse Monopolstellung inne hat.


Auf facebook gibt es eine Gruppe. Von Schaffhausern für Schaffhauser. Eine Gruppe um sich über Aktuelles auszutauschen, Bilder aus der Region zu teilen, in Erinnerungen zu schwelgen und im netten Rahmen zu diskutieren. So gibt sie den Anschein.
Jeder Beitrag wird vor der Freigabe kontrolliert. Nicht auf Rechtschreibefehler. Es wird geprüft, passt der Artikel zur allgemeinen Richtung, welche man verfolgt und beibehalten will, oder bringt er Unruhe in die Sache.
Ein kleiner Antiquitätenhändler mit einer Affinität zu Rheinfall-Fotografien sitzt am Zensurpult und überlegt, ob der Beitrag ihm persönlich nun gefällt oder nicht. Kein metaphorisches Bild, es ist tatsächlich so. Qualifiziert hat er sich dadurch, dass er nicht der Gründer der Gruppe, aber schon seit Stunde eins dabei ist und uns viele, viele, wirklich sehr viele Bilder des Rheinfalls präsentiert hat.
Und so hat ein schönes Bild von einem schottischen Wasserfall eine erheblich grössere Chance zu erscheinen, als eine kritische Frage zum Zeitgeschehen auf dem Platz Schaffhausen. Ich habe es versucht. Wiederholt.


Wer also immer sich in bestehenden Medien Gehör verschaffen will, ist auf die Goodwill der selbigen angewiesen und kann sich nur präsentieren, wenn die eigene Ansicht sich mit der Ausrichtung der Plattform deckt.
Wir loben uns gerne für die geheiligte Gewaltentrennung, der Exekutive, Legislative und Judikative. Diese begrenzt die Macht, wirkt einer Diktatur entgegen und garantiert Gerechtigkeit. Unterstützend dazu wirkt die 4. Gewalt, die Medien. Welche innerhalb der Politik wohl keine Gewalt innehaben, durch die Meinungsbildung aber durchaus beeinflussen können. Und hier stellt sich die Frage, welche Macht ist wohl die stärkste? Wie viele Bürger schauen die Arena und wie viele lesen die Stumpfsinn- und die Blödzeitung? Und welche Macht kann völlig uneingeschränkt agieren, da jeder Einschnitt einen Eingriff in die Pressefreiheit bedeutet? Innerhalb derer jedoch sehr wohl selektiert wird, wer im Land eine Stimme hat und wer nicht.


Daher sehe ich die Sperrung der Twitter-Konten ein wenig kritisch, auch wenn ich ein grosser Bewunderer von Bill Gates bin. Wegen seiner Pionier-Leistung, nicht wegen seinem Engagement für die Armen der Welt. Wenn ein Milliardär eine Million spendet ist er ein zur Erde gesandter Engel, ein reiner Gutmensch. Drückt ein Handwerker einem Clochard 20 Franken in die Sammeldose kommen keine Kamerateams und das Nobel-Komitee beginnt nicht zu tagen. Obwohl er sich diese 20 Franken von einem Abendessen abspart, während Bill Gates sich noch immer den Kopf zerbricht, wie er die letzte Milliarde unters Volk bringt.
Darüber hinaus vertrete ich die Ansicht, dass sich in dieser QAnon-Bewegung wohl die dümmsten Menschen der Welt versammelt haben. Und wäre ich Besitzer von Twitter, würde ich wohl genau so agieren.
In meiner Medienwelt hätten weder eine Frau Priska Seiler-Graf, noch eine Operation Libero oder irgendwelche Genderströmungen eine Stimme. Weil ich die Meinungsbildung so steuern würde, wie ich es für richtig empfinde.


Und genau dies deucht mich gefährlich.

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Es wäre ja nicht so, dass ich faul bin…

Meine einzige Motivation ist, nicht belästigt zu werden. Das, und die Angst meinen Job zu verlieren. Deswegen arbeite ich gerade hart genug um nicht gefeuert zu werden.
-Peter Gibbons-

Das Schlimme am nichts tun ist ja, dass man dem Umfeld irgendwie suggerieren muss, man sei hoffnungslos überlastet. Ständig beschäftigt wirken, ohne einer eigentlichen Tätigkeit nachzugehen kann unglaublich anstrengend sein. Passt man nicht auf wie ein Heftlimacher, artet dies in Arbeit aus.
Es gibt gewisse Grundsätze, die unbedingt einzuhalten sind.

Die Frage: Hast du einen Moment Zeit?
Achtung Falle! Sagst du nein, musst du auch sofort die Erklärung bereit haben. Da deine letzte Aktion jedoch darin bestand, die Anatomie eines Krokodils zu studieren – habe ich heute von 08:00 bis 08:30 tatsächlich gemacht – könntest Du in einen gewissen Zugzwang geraten.
Das Ja sagen ist schon gar keine Option, weil du als erfahrener Fuchs bereits dem Tonfall entnommen hast, dass dich der Störenfried kaum bitten wird, ihm beim Verspeisen von 20 Mandelgipfeln behilflich zu sein.
Die Gegenfrage „Wieso?“ ist die einzig adäquate Antwort. Es zeigt nicht nur, dass du ein Mensch bist, der weiss die Prioritäten richtig zu setzen, du kannst deine Entscheidung auch vom Anliegen an sich abhängig machen. Zudem schindest du etwas Zeit, dir eine plausible Erklärung zurecht zu legen, weswegen du keine Zeit hast.

Die Excel-Tabelle
Habe stets eine Excel-Tabelle geöffnet. Ausser vielleicht du bis Art-Director in einem Creative-Studio oder so. Word ist heikel. Das menschliche Hirn ist darauf ausgelegt, einen Text automatisch zu lesen, wenn ihn das Auge sieht. Und so du diesen nicht in Hebräisch verfasst hast, sieht jeder gleich, dass hier absoluter Nonsens auf dem Bildschirm steht. Ganz davon abgesehen, dass ihr ja erst einen Text schreiben müsstet.
Eine Exceltabelle ist dank des vorgegebenen Rasters schon zu fünfzig Prozent gefüllt, die halbe Miete. Ein paar Farben und Zahlen und es wird keiner mehr zweifeln, dass ihr hier die übelste Tabellenkalkulation ever betreibt. Zudem kann man auch einmal 15 Minuten auf eine Kalkulation starren ohne eine Fingerbewegung durchzuführen. Ihr brütet über einer extrem wichtigen Formel.

Vermeidet Ordnung
Euer Schreibtisch muss stets von Zetteln, Dokumenten, Ordnern und Mappen belagert sein. Zum einen wirkt dies…, falsch, legt Zeugnis davon, dass ihr ordentlich mit Arbeit eingedeckt seid. Wortwörtlich. Zum anderen werden Menschen daran gehindert, euch weitere Zettel, sprich Arbeit auf den Tisch zu legen. Nicht nur, dass schlicht kein Platz für weitere Zettel besteht, der Bote befürchtet, dass seine immens wichtige Nachricht in deinem To-Do-Stapel schlichtweg untergeht.

Geht immer im Stechschritt
Sobald ihr euch vom Stuhl erhebt, bewegt euch zackig. Schaut auf die Uhr. Rollt mit den Augen, wenn euch jemand begegnet. Jede Form von Mimik muss ausstrahlen, dieser Mensch ist im Stress. Steckt um Gottes Willen nie die Hände in die Taschen. Im Gegenteil, achtet darauf stets Dokumente in der Hand zu haben. Wer mit einem Zettel von A nach B geht hat einen Auftrag. Er verfolgt ein Ziel. Wie eine schützende Aura legen sich diese Dokumente um dich. Es wird dich niemand anhalten oder ansprechen. Ein „Du, wenn du mal Zeit hast…“ ist das extremste, was euch drohen kann. Und da ihr ja nie Zeit habt, könnt ihr es getrost ignorieren.

Tür-zu-Knopf
Drückt im Fahrstuhl stakkatoartig den Tür-zu Knopf. Keine Zeit zu verlieren. Es muss alles schnell gehen. Ja, selbst diese Bruchteile von Sekunden zählen. Es zeigt den Mitfahrenden, dass ihr unter Strom seid. Der Tür-zu-Knopf ist der Karriere-Booster. Der Knopf in die CEO-Etage.

Essen
Es versteht sich von selbst, dass die Nahrungsaufnahme am Schreibtisch erfolgen soll. Während eine Hand die Maus bewegt oder ihr mit unnatürlichen Verrenkungen versucht einhändig Grossbuchstaben zu tippen, schiebt ihr euch ein Sandwich in den Mund. Der angestrengte, konzentrierte Blick wird nicht darauf schliessen lassen, dass ihr soeben Mines oder Solitair spielt. Ein grosser Plus-Punkt dieser Form der Mittagspause; ihr entgeht dem verbalen Hirnfick des bescheuerten Kollektiv am Kantinentisch und die Ausdünstungen anderer Menschen vergällen euch nicht das leckere Essen.

Ist es nun erschreckend, dass ich alle diese Punkte nicht zu beachten brauche? Was meine Vorgänger auch immer getrieben haben, es herrscht die irrige Meinung vor, ich bekleide hier eine hundert-Prozent-Stelle mit nur ganz wenig Kapazität für zusätzliche Aufgaben. Die Verwirrung, dass ich ohne sichtbare Beeinträchtigung des Tagesgeschäftes alle Zusatzaufgaben innert Rekordzeit erledige, führt dazu, dass ich wohl über kurz oder lang der Hexerei bezichtigt werde.

Bereits beim Einarbeiten stellte ich fest, dass das zu bewältigende Pensum sehr überschaubar wäre. Etwa einen Monat lang generierte ich mir selber Arbeit, deren Nutzen weit hinter der investierten Zeit lag.
Einen weiteren Monat lernte ich ausnahmslos für meine höchst eigene Weiterbildung, welche dem Betrieb in keiner Weise von Nutzen sein würde. Den nächsten Monat investierte ich in ein privates Projekt, dann ging mir effektiv die Arbeit aus.
Ich habe keinen Plan, was ich noch bewerkstelligen könnte. Natürlich reizen mich Lego-Bausätze, aber damit würde ich die Grenzen wohl eine Idee zu sehr ausloten. Auch die Putting-Range, welche ich gerne in meinem Büro aufgebaut hätte, würde wohl irritieren.

Bis ich einen weiteren zündenden Einfall habe, widme ich mich nun einer über lange Zeit stark vernachlässigten Tätigkeit. Ich konnte endlich wieder einmal lesen. Bücher, welche weder mit Volkswirtschaft noch einer Versorgungskette zu tun haben.

Erst etwas verstohlen hinter meiner Bildschirmbarriere. Mittlerweile fläze ich dazu im Stuhl. Was sollen sie auch machen?
Da ich trotz wiederholter Intervention keine Arbeit erhalte, ist hier auch nichts, was ich vernachlässigen konnte. Und das wenige, was ich erhalte, liefere ich in einer Geschwindigkeit und Qualität, von welcher sie bisher nur zu träumen wagten.
Klingt besser als es ist; nachdem man jahrelang die Kinderkrizzeleien an den Kühlschrank geheftet hatte, muss man sich wie im Louvre wähnen, hängt plötzlich ein akkurat gezeichneter Kreis an selbigem.

Ich habe die kleine Regel, nicht weniger als 1000 Worte in einem Blog, daher muss ich noch etwas strecken.
Obwohl; an der eidgenössischen Prüfung war ich mit meinem Referat bereits nach 50% der Zeit durch. Die Blicke der Experten würde ich als ungläubig, irritiert und fordernd bezeichnen. War die Zeit doch angeblich das massgebende Element. Den Wert einer solchen Prüfung kann man hinterfragen, wenn nicht der primär der Inhalt, sondern die maximale Nutzung der Redezeit bewertet wird. Und nein, ich studierte nicht Politwissenschaften.
So beschloss ich meine Präsentation mit den Worten „Ich könnte nun noch Banalitäten zum Besten geben um die Zeit zu füllen, doch dies würde meine exzellente Präsentation ihres Glanzes berauben. Verbuchen sie die eingesparte Zeit als Hommage an die Effizienz. Und nun ihre Fragen“.

Für die mündliche Präsentation: 4.5.
Das Gefühl, den gesunden Menschenverstand behalten und den Experten gesagt zu haben, steckt euch eure theoretische, realitätsfreie Regel sonst wohin: Unbezahlbar.

Und schon habe ich die tausend Worte.

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Büro ist Krieg

Hallo Zäme
von meinem Büro aus sehe ich, dass der Rm Biberburg belegt ist obwohl er im Outlook nicht reserviert wurde.
So kann ich keine Belegungen vornehmen!

Bitte Hansi Hase den Rm absagen oder bestätigen und räumen.

Gruss wütende Liesel

Um euch die räumlichen Gegebenheiten etwas zu veranschaulichen, muss ich eure Vorstellungskraft bemühen.
Das Gebäude hat die Form einer sehr länglichen Ellipse, das Auge der Ellipse stellt eine Art Innenhof dar. Zu klein, um ein wirklicher Hof zu sein und genutzt zu werden, aber gross genug, dass Tageslicht hinein strahlt. Toll für die Büros, welche zur Innenseite des Gebäudes liegen.
Mit etwas gutem Willen und könnte man von einem Büro zum anderen spucken und ich hätte gerade nicht übel Lust dazu.
Besagter Raum Biberburg liegt nun mit dem Fenster zum Innenhof und auf der gegenüberliegenden Seite hat sich die wütende Liesel verschanzt. Hinter zwei Monitoren und einer Schreibmappe welche sie hochkant aufgestellt und ans Fenster gelehnt hat. Ein Schutz um sich vor neugierigen Blicken zu verbergen. Abgesehen von einem kleinen Guckloch um das Umfeld zu überwachen ist sie abgeschottet.
Der Empfänger der wütenden Mail, also meine Wenigkeit, hat sein Büro unmittelbar in der Nähe der Biberburg, die Fenster gehen jedoch auf die andere Seite des Gebäudes. So kann ich die Schafe beim weiden beobachten und vielmehr schönes hat mir der Job eigentlich nicht zu bieten.

Da für den Raum Biberbuerg keine Reservationen vorlagen und er einfach brach lag, habe ich mich entschieden, eine Hilfskraft einzuquartieren. Corona-konform, die Menschen voneinander trennen, damit es einem auch einmal vergönnt ist, die Maske abzulegen. Tageweise, unter Vorbehalt, dass keine Reservierung rein schneit.

Ja, was fällt mir überhaupt ein. Wir sind nicht in Vietnam, hier gibt es Regeln!

Der wütenden Liesel ist nun eine Reservierungsanfrage von Hansi Hase für den 25 November, notabene noch über eine Woche hin, auf den Tisch geflattert.
Und schon begehrt sie trotzig auf.

Es ist nicht so, dass der Raum heute, morgen oder übermorgen gebraucht würde. Es ist schon gar nicht so, dass die wütende Liesel den Raum brauchen würde. Es geht darum, dass jemand im Raum sitzt und die wütende Liesel nicht Bescheid weiss!
Natürlich, sie hätte ihren Hintern heben, die 10 Meter durch den Flur marschieren und mich fragen können, was da Raumbesetzungstechnisch so abgehe, aber nein, man tippt eine Mail. Und dieses gleich an die Triage-Adresse, sonst kriegen ja nicht alle mit, dass hier etwas ganz arg verquer läuft und die raumplanerischen Gesetze mit Füssen getreten und bespuckt werden.

Kurz überlegte ich, mal eben über den Flur zu schreien, ob ihr einer ins Hirn …, kam aber zum Schluss, ich bin nach 5 Monaten noch nicht in der Position um andere lauthals zu beschimpfen.

Also nahm ich die zehn Meter unter die Füsse und dackelte beim Chef ins Büro, gleich neben der wütenden Liesel, um ihn zu fragen, wo ich die Hilfskräfte unterbringen könnte.
Sobald Chefe bemerkte, dass es sich um die wütende Liesel drehe, erhob er auch gleich die Stimme, dass es die wütende Liesel mitkriege. Und, noch viel wichtiger, sein Chef, welcher sein Büro ebenfalls in diesem Dreieck der Zorngiebel hat. Es ist hinlänglich bekannt, dass wütende Liesel und mein Chef das Heu nicht auf derselben Bühne haben, sich gegenseitig Sand ins Getriebe streuen, aber keiner in der ganzen Hierarchie die Eier hat, mal auf den Putz zu hauen und die Kleinkinder zur Räson zu rufen. Dies würde ja das bezaubernde Arbeitsklima belasten, wir haben uns doch alle lieb. So gifteln sie weiter, bis einer stirbt oder in Pension geht. Denn anders scheidet man nicht aus einem Bundesbetrieb.

So zettert er also mit lauter Stimme, bis Chef-Chef im Türrahmen steht und sich ebenfalls in die Diskussion einbringt.
Wütende Liesel immer noch in ihrer Schreibmappen-Monitoren-Burg bei offener Tür und mit grossen Ohren Teil der Diskussion.
Weitere 5 Minuten werden diskutiert bis man zur Lösung kommt, die Hilfskraft soll im Raum Biberburg bleiben, bis der Raum anderweitig gebraucht würde.
Ich solle den Raum reservieren und wütende Liesel, welche wohlgemerkt 3 Meter entfernt sass, via Mail informieren.

Meine Intension war an sich, dass der Raum nicht blockiert würde, aber bitte, leckt mir doch alle zusammen einmal den verlängerten Rücken. Sagte ich natürlich nicht. Noch nicht.

Ihr versteht, dass ich in dieser Umgebung langsam krank werde?
Zwischen Bürogummis und Handwerkern besteht ein grosser Unterschied.
Paco und Giovanni können sich auf der Baustelle Arschloch austeilen und wenn der albanischstämmige Maurer hinzustösst, erklärt er dem Italiener ganz genau und in widerlichsten Details, was er alles mit Pacos Mutter auf dem Grab seines toten Vaters anstellen würde, wenn dieser ihm nun nicht sofort diese Kabelrolle ausleihe.
Und nach Feierabend laden sie sich gegenseitig zum Bier ein.

Die feinen Müllers und Meiers hingegen bekriegen sich auf subtilste Weise über Jahre, ja ganze Arbeitslebenspannen hinweg. Mit Sticheleien, wie dem Ignorieren des vollen Kaffeesatzbehälters oder des leeren Wassertanks. Dort nimmt man das letzte Papier aus dem Kopierer, da hält man mit einer Information zurück.
Sie machen sich und vor allem anderen das Leben schwer, weil sie nicht miteinander sprechen. Und statt, dass der Vorgesetzte neben dem Pausenbrot auch einmal seine Eier mit ins Büro bringen und die Streithammel in die Schuhe stellen würde, organisiert er lieber die absonderlichsten Kommunikationswege um auf keinen Fall ein unangenehmes Gespräch führen zu müssen. Und kaum haben Müller und Meier bemerkt, dass ihr Trotzgebaren somit der Wirkung beraubt wurde, ersinnen sie sich neue Dummheiten und der Vorgesetzte muss sie wieder ausräumen, ohne einen unpopulären Entscheid zu fällen.

So mogelt man sich Jahrzehnte durch den Büroalltag und verschwendet immens Ressourcen um den Schein zu wahren, dass sich alle ganz fest lieb haben.

Ach, so ist er nun mal. Damit musst du umgehen. Aber in 5 Jahren wird er ja pensioniert, dann erledigt sich dies von alleine. Und danach ist alles besser…

Man kann ihnen zumindest nicht vorwerfen, in kleinen Dimensionen zu planen.

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Daily Business…

Mittwoch elf Uhr dreissig.

07:31
Pünktlich um 07:31 habe ich die Stempelkarte vor den Leser gehalten und bin 6 Treppen nach oben geschlurft. Ich rechne es mir hoch an, dass ich nach wie vor die Treppe benutze, auch wenn der Fahrstuhl jeden Morgen verführerischer lächelt.

Im Flur so weit nach vorne spaziert, dass ich meinem Chef gerade einen Guten Morgen wünschen kann. Nicht weil ich ihm diesen wünsche, mehr so ein „ich bin dann da…“. Das ‚Gute‘ schenke ich somit auch nur an besonderen Tagen. Heute war kein besonderer Tag.

PC hochfahren, dreimal neu starten um alle Updates abzusegnen und danach etwas hilflos auf den Bildschirm starren.

07:40
Sieben Uhr vierzig und keinen Plan was ich heute anstellen soll. Als erstes die Börsenkurse gecheckt. Nachdem mich gestern meine chinesischen Tech-Optionen ordentlich verarscht haben – sollen sie an ihren Fledermäusen ersticken, diese verdammten gelben Tunichtgute – gedachte ich heute auf den Biozug aufzuspringen. Natürlich, zwei Tage zu spät. Daher kommt das Zeugs heute auch nicht wirklich in die Gänge. Also doch, ein wenig schon, aber in die falsche Richtung. Fortuna gibt es mir wieder dreckig.

08:00
Dies erledigt, mir war wieder langweilig. Also checke ich 20 Minuten, Blick, Watson und verfluchte mich, weil mir in den dreissig Minuten Toilettenzeit langweilig werden würde.

08:15
Weil man einfach nicht mehr als eine Viertelstunde braucht um diese Medien zu studieren.
Die weiterführende Ausbildung, welche ich absolviert habe um arbeitslos in einen Bildschirm zu starren wollte in Feedback. Ein Fragebogen, mit Auswahlmöglichkeiten und ergänzenden Feldern für Bemerkungen. Mit dem Wunsch, diese ausführlich zu füllen.
Warum auch nicht, habe nichts Besseres zu tun und bin so richtig in der Stimmung, ein Feedback zu verfassen.

09:00
Ein Chef in tritt mein Büro. Nicht mein Chef. Einer der anderen vier. Jener welcher von den Kaffee-Gepflogenheiten keinen Plan hat. Und überhaupt, ich mag es nicht, wenn ich mich in eine Tätigkeit des Zeit-totschlagens begeben habe und dabei gestört werde. Dann hat er auch die Eigenschaften, meinen Schreibtisch zu umrunden und in meinen Monitor zu starren. Ich würde schwören, einer, welcher auf einer öffentlichen Toilette, bei vier weiteren unbenutzten Pissoirs jenes neben dir belegt. Einfach weil die Privatsphäre anderer dort zu enden hat, wo seine Neugier beginnt. Dieses Frettchen.

Du hast Schreibpapier bestellt?
Ja.
Du hast es in mein Lager gestellt?
Ja.
Eine Palette?
Ja.
Hast du einen Schlüssel?
Nein.
Aha…
Kommt noch was?
Ja…
Vorschlag; Du plauderst hier weiter, ich gehe ein wenig spazieren und du rufst mich, wenn du soweit bist, zum Punkt zu kommen.
Das geht nicht…
Ah, dann kommst du gleich zum Punkt?
Hä?
VERDAMMT NOCHMAL, WAS WILLST DU EIGENTLICH??
Ja wegen dem Papier. Auf der Palette…

Ich darf an dieser Stelle einschieben, dass der verdammte Eunuch eine Fistelstimme hat, welche die Hunde im Ortskern jaulen und Fledermäuse gegen Wände klatschen lässt und jeden normalen Menschen einfach in den Wahnsinn treibt.

... es steht mir im Weg, fistelt es weiter.
Und warum sagst du dies nicht einfach?
Ich will erst sehen, wie die Abläufe hier so sind. Vielleicht habt ihr dies ja immer dort…

Es war der Moment, an welchem ich einfach beginnen wollte zu weinen. Aus Verzweiflung und Mitleid mit mir selber. Ich achte unseren lieben Herrgott, aber ehrlich; Welchen Plan verfolgt der Allmächtige, wenn er solche Menschen auf die Erde lässt? Die sind einfach nur da um andere Lebewesen zu nerven. Stechmücken haben immerhin noch eine Funktion in der Nahrungskette, aber solcherlei Tagediebe unter uns zu haben entbehrt jedem Sinn. Er gehört zu dieser Spezies Mensch, bei welcher man um Worte in der Trauerkarte ringen muss, weil man doch gerade in diesen Momenten nicht lügen sollte.

Also, ich komme heute Mittag, dann helfe ich umräumen.
Jo… Nei…
Ok, ich erwische mich selber, wie ich dieses typisch schweizerische… Jo… nei… in Sätzen verwende. Aber ich bin ein liebenswerter Mensch, da geht dies in Ordnung. Das Frettchen, welches nicht einen halben Kreditpunkt auf dem Konto hat kann sich dies nicht leisten.

Was jetzt?? Ja oder nein!?!?
Also, ich komme nochmals… und fistelt wieselt aus meinem Büro.
15 Minuten meines Lebens, welche mir niemand mehr zurück gibt. Die sind einfach durch. Diese Zeit von 09:00 bis 09:15 am elften November im Jahre 2020 des Herren sind einfach vorbei. Kommen nie wieder. An meiner Lebensuhr abgezogen. Und ich habe sie mit einem fistelnden Frettchen verbracht. Ist es nicht zum Haare raufen?

09:15
Ich zapfe mir den verdienten Kaffee. Wohl noch keinen Streich getan, aber es sind die Gewohnheiten.

09:20
Weiter mit dem Feedback. Will es absenden.
„Maximal 1500 Zeichen“ sind pro Punkt erlaubt. Ich kann vieles, aber keine Texte kürzen. Jedes Wort ist so wichtig wie das vorangegangene. Vielleicht noch wichtiger. Nein, gleich wichtig. Drei mal redigieren und nach wie vor zu viele Zeichen. Leckt mir den Bürzel passt.
Den Rest packe ich ein Mail und sende es dem Fragebogen nach.

10:00
98 Mails. Raumreservationen, welche auf eine Freigabe warten. Treffen bei meinem Chef ebenfalls ein. Aber bei ihm mit Ton. Ein verstärkter Ton. Welcher durch das gesamte Stockwerk halt. Weil Diskretion nicht sein Ding ist. Alle müssen mithören wenn er telefoniert, alle müssen seine Kommentare zu irgendwelchen Dokumenten hören. Und alle müssen hören, wenn er mit einem „jetzt reicht es für heute“ den Feierabend ankündigt. Es sei denn, er geht um mehr als 30 Minuten vor der unverbindlichen, aber historisch gewachsenen Feierabendzeit. Dann schleicht er raus wie eine Katze.
Achtundneunzig mal Ping. Bei jedem vierten Ping begleitet von einem „Die nerven mit den Reservationen, was soll das…?“
Sagt der, welcher jede Reservation persönlich absegnen will. Darum kommen diese Mails überhaupt. Weil er den Gspänli zutraut, dass sie Räume vierfach belegen.

11:00
Ich resümiere. Warum bin ich heute aufgestanden?

11:15
Bin fertig mit resümieren. Habe jetzt Mitleid mit mir. Beginne mich zu hinterfragen, welcher Teufel mich in solche Jobs reitet.
Konsultiere den Stellenanzeiger. Google den Weg nach Bronschhofen. Wären täglich über 120 Kilometer. Und der Chef dort soll ein etwas komplizierter Mensch sein.
In einem Gruppenchat wird verkündet, die Stelle sei schon vergeben. Eine Alibi-Ausschreibung. Überlege aus reiner Langeweile eine Bewerbung zu tippen. Alleine, weil der Stellenbeschrieb so unsäglich dämlich aufgesetzt ist.
Beschäftigungsgrad 100
Was? Kartoffel?
Was mir gefällt, „Dem/Der Stelleninhaber/in können weitere Aufgaben übertragen werden“ hat ein Gewicht von 0 Kartoffeln. Sprich, vor jeder weiteren Aufgabe kann man sich drücken und den Stellenbeschrieb auf den Tisch knallen.
Ansprechpartner für Leistungsbezüger„. Ebenfalls 0 Kartoffel.
Unter Kompetenzen wiederum „Ausgesprochene Eignung zu dauerndem Kundenkontakt….„.

11:30
Beschliesse einen Blog zu tippen. Überlege worüber.

12:00
Unterbreche meine Überlegungen um ein Mittagsmahl zu mir zu nehmen. Lese alle Meldungen des Tages, welche ich bereits digital konsumiert habe noch in analoger Form.

13:00
Formuliere im Geist meine Kündigung. Also innerlich habe ich um 07:35 bereits gekündigt, aber irgendwie sollte man diese noch zu Papier bringen.
Beginne zu bloggen.

13:45
Gehe in das Lager des Frettchens. Räume etwas Papier um. Ignoriere sämtliche Fragen und blocke alle gefistelten Kommunikationsversuche ab.

14:00
Mein Chef kommt.
Beginnt mit dem Frettchen zu streiten.
„Mis Gstell – Dis Gstell“ und ich mitten drin.
Sind wohl die Methoden deiner alten Firma… nennt sie beim Namen… aber hier bei uns geht das nicht so.
Aber ich muss doch irgendwo.
Aber nicht hier.
Dort hinten ist mir das Papier im Weg!
Und hier vorne ist es mir im Weg!

Hin und her wie im Sandkasten. Grinse vor mich hin. Kriegt niemand mit, weil ich eine Maske trage. Und meine Augen sind irgendwie so leer. Tot. Wurde mir gesagt. Ich mag die Maske. Könnten wir noch Sonnenbrillen tragen wäre ich vollends befriedigt.

14:30
Sie haben sich irgendwie geeinigt.
Eine Lose-Lose-Situation.
Das Papier haben sie auf ihre jeweiligen Regale verteilt. Und beide sind unglücklich weil sie nicht gewonnen haben. Freue mich darüber.

15:00
Mache mir erneut einen Kaffee.

Resümiere. Mein Tagwerk für heute:
1 Lieferschein verbucht.
1 Mail weitergeleitet.
1 Mail geschrieben.
3 Kaffee getrunken.

Nur noch 2.5 Stunden. Dann darf ich gehen und mich auf morgen freuen. Diese Tage, an welchen man nur sich selbst hassen kann, weil man irgendwie keinen anderen Schuldigen findet.

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Corona-Nachtrag

Ich konnte es nicht lassen und habe doch einen Blick nach Schweden geworfen.

Schweden startete eher verhalten, während die Schweiz gut von der Startlinie weg kam. Sofort katapultierte man sich auf rund 1’700 Fallzahlen, während Schweden nicht in die Gänge kam. So drehten die Skandinavier kontinuierlich ihre Runden um die 800, bis Ende Mai.

Die Schweiz hingegen beschloss, die Wirtschaft an die Wand zu fahren, liess die Menschen zuhause, bodigte das öffentliche Leben und reduzierte die Fallzahlen beeindruckend.

Schweden, mal hü mal hopp, erreichte dann dennoch dieselben Spitzenwerte wie die Schweiz, bis sich im Juli alles wieder normalisierte.

Nun sind die Kurven beinahe deckungsgleich, die Schweiz legt aber wieder kräftiger zu.
Erwähnen sollte man vielleicht noch, dass Schweden etwa 2 Millionen mehr Einwohner hat, diese sich aber auf einer Fläche von der zehnfachen Grösse der Schweiz verteilen. Klingt traumhaft, nicht?

Was sagt uns dies? Keine Ahnung. Bin weder Gesundheits- noch Wirtschaftsminister. In Schweden seien mehr Tote zu beklagen. Nun ja, wo gehobelt wird, fallen Späne und irgendwie ist dies ja der Sinn eines solchen Virus. Wo kämen wir hin, würde der Wald dann und wann nicht etwas ausgeholzt.
Und die Wirtschaft sei am Boden, berichtet die Presse. Kann ich nicht beurteilen, da wären tiefer gehende Recherchen erforderlich.

Aber gucken wir auf die nackten Fallzahlen, steht der Norden nicht übler da als wir. Hat sich jedoch in keiner Weise so ins Bockshorn jagen lassen wie die Schweiz. Und, hier spekuliere ich, im unmittelbaren Kostenvergleich brauchen wir wohl kaum nach Skandinavien zu gifteln und unserem BIP als alleinige wahre Grösse von Wohlstand, Glück und Zufriedenheit zu huldigen.

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